Projekt „Stargate“: Saarbrücker DFKI-Chef kritisiert Trumps KI-Offensive

Projekt „Stargate“: Saarbrücker DFKI-Chef kritisiert Trumps KI-Offensive

Axel Wagner   28.01.2025 | 05:58 Uhr

Wie soll Europa, wie soll das Saarland reagieren auf die Kampfansage in Sachen Künstlicher Intelligenz aus den USA? Der Chef des Saarbrücker DFKI Krüger hat eine klare Vorstellung: Aufbauend auf deutsch-französischer Kooperation soll ein europaweites Alternativangebot entstehen. Dem Saarland könnte dabei eine Schlüsselrolle zukommen.

Einen Tag nach seiner Amtseinführung hatte US-Präsident Donald Trump ein 500 Milliarden US-Dollar schweres Projekt für Künstliche Intelligenz angekündigt. „Project Stargate“ soll als Kampfansage der USA an China verstanden werden – und als Signal an Europa.

Weckruf an Europa

Das sieht man auch beim Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI) in Saarbrücken so. „‚Stargate‘ erzeugt einen Weckruf, auf den Europa nicht mit Untätigkeit reagieren kann“, sagte CEO Antonio Krüger dem SR. „Aber im Gegensatz zu den USA dürfen wir auf gar keinen Fall in Europa Klimaziele und KI-Infrastrukturziele gegeneinander ausspielen, sondern weiter KI für den Menschen ins Zentrum setzen.

Damit spielt Krüger auf die Regulierung von Künstlicher Intelligenz an, die in Europa im AI Act festgelegt ist. In den USA hat Trump jede Regulierung von KI per Dekret gekippt. „Auf den Investitionswettbewerb können wir uns einlassen, auf den Deregulierungswettbewerb nicht“, sagte Krüger. „Die EU hat mit dem AI Act ein gesetzgeberisches Fundament erarbeitet, um Erfolg, Verantwortung und Innovationsdynamik in technologisch disruptiven Zeiten zu verbinden.

EU soll an Regeln festhalten

An diesen Regeln sollte nach Ansicht Krügers nicht gerüttelt werden. „Der AI Act ist ein solider Kandidat für den weltweiten Goldstandard für gesellschaftsfördernde und sozialpartnerschaftliche KI-Regulierung. Wir sollten das begründete Selbstbewusstsein nicht verlieren, dass Europa im parlamentarischen Prozess und bei der Zustimmung bewiesen hat.“

Für europäische Nutzer von US-Diensten wie Facebook, X (ehemals Twitter), Amazon oder ChatGPT sei die Rücknahme der KI-Regulierung in den USA keine gute Nachricht, so Krüger. Andererseits könnte daraus aber auch hier eine neue Nachfrage entstehen. „‚Stargate‘ könnte den Anstoß geben und die Chance eröffnen für ein innovatives europäisches Alternativangebot.


Was ist das „Project Stargate“?

Hinter „Stargate“ verbirgt sich eine in Texas entstehende KI-Infrastruktur, sprich: ein Rechenzentrum. Über 100.000 Jobs sollen dort entstehen. Die 500 Milliarden US-Dollar dafür kommen ausschließlich von privaten Geldgebern. Dazu gehören unter anderem der amerikanische Hard- und Softwarehersteller Oracle, der japanische Telekommunikationskonzern SoftBank, Grafikkartenfabrikant Nvidia und der Investmentfonds MGX aus den Vereinigten Arabischen Emiraten.
„Stargate“ soll die Finanzwelt, das Gesundheitswesen, Bildung und Militär dramatisch verändern. Medienberichten zufolge soll die KI allerdings ausschließlich von OpenAI genutzt werden können, die ebenfalls zu den Investoren gehören. Das Softwareunternehmen ist auf KI spezialisiert und hat unter anderem ChatGPT entwickelt, auf dem auch Microsofts KI-Assistent Copilot aufbaut.


Ganz Europa einbinden

Krüger sieht „Stargate“ als riesige Herausforderung in den Bereichen Glasfaser, Rechenzentren und Daten, auf die es eine europäische Antwort brauche. „Es müssen jetzt Arbeiten für einen Europäischen New Deal für KI beginnen, und die Gruppe der Länder, die eingeladen werden, sollte nicht auf die Europäische Union begrenzt sein, sondern auch die Schweiz und Großbritannien mit einbeziehen.“

Man stehe dabei nicht am Anfang, so der DFKI-CEO. „Die deutsch-französische KI-Kooperation ist in den vergangenen fünf Jahren deutlich intensiviert worden. Jetzt muss es auch darum gehen, dass das reiche Europa die übergroßen Vermögen aktiviert. Denn es geht eben nicht nur um staatliche Investition, sondern auch um privates Kapital.“

„Sehr viel Drehmoment“ aus dem Saarland möglich

Künstliche Intelligenz sei ein Schwerpunkt im Saarland und im Südwesten Deutschlands, so Krüger. „Insofern ist es aus der saarländischen Perspektive sehr vorteilhaft, dass Anke Rehlinger als saarländische Ministerpräsidentin auch Bevollmächtigte für die deutsch-französischen kulturellen Beziehungen und Präsidentin des Bundesrates ist.“

Aus dem Saarland „könnte sehr viel Drehmoment erzeugt werden“, so Krüger. „Und wir sollten Vorschläge ernst nehmen, die bereits vor mehreren Jahren präsentiert wurden. Zum Beispiel ein CERN für KI.“

Für den Chef des DFKI ist die Ankündigung Trumps also kein Grund aufzugeben. „Auch in ruppigen Zeiten kann man robuste Hoffnungen haben.“ Dafür muss allerdings etwas geschehen.

Über dieses Thema haben auch die SR info-Nachrichten im Radio am 28.01.2025 berichtet.


Rund um Künstliche Intelligenz

Projekt "KI macht Schule"
Wie Kinder für das Digitalzeitalter fit gemacht werden sollen
Eine ganze Generation Schülerinnen und Schüler wächst mit KI-Anwendungen auf, wird damit in Zukunft umgehen und arbeiten müssen. Aber wird das in der Schule vermittelt? Auguste Schulz von "KI macht Schule" über einen schwierigen Prozess.
Schaden in Millionen Höhe durch Schockanrufe
Enkeltrickbetrüger setzen auch auf KI
Seit Jahren wird vor Telefonbetrügern gewarnt, die mit dem Enkeltrick oder als falsche Polizisten Bürgerinnen und Bürger um ihr Geld bringen. Mittlerweile gibt es zahllose Präventionskampagnen. Trotzdem gelingt es den Betrügern immer wieder, erfolgreich Beute zu machen. Und der Schaden geht in die Millionen Euro – allein im Saarland. Dabei wird zunehmend Künstliche Intelligenz eingesetzt.
Künstliche Intelligenz
Augenklinik Sulzbach will KI zur Früherkennung von Grauem Star nutzen
Künstliche Intelligenz kann in der Medizin, wo oftmals große Datenmengen anfallen, eine Bereicherung sein. Das sieht auch die Augenklinik in Sulzbach so – sie will KI nutzen, um Risikopatienten von Grauem Star früher zu erkennen und entsprechend handeln zu können.
Literatur und Buchhandel
Kann ein KI-Werkzeug Bucherfolge vorhersagen?
Die Aufregung in der Kulturwelt ist groß. Es gibt ein neues KI-Werkzeug namens “Demandsens”. Damit will das Marktforschungsunternehmen Media Control präzise vorhersagen können, wie erfolgreich ein Buch werden könnte. Welche Auswirkungen kann das haben?
Linguist Prof. Josef van Genabith im Interview
"Die KI ist eine neue Kulturtechnik"
Welchen Einfluss hat Künstliche Intelligenz auf das Erlernen und Übersetzen von Sprachen? Linguist Prof. Josef van Genabith von der Universität des Saarlandes forscht zu diesen Themen. Im Interview auf SR kultur erklärt er, warum KI das Lernen von Sprachen nicht ersetzen wird.
Für über Hundert Millionen Euro
Datenzentren in Luxemburg erhalten Supercomputer
Nach dem Quantencomputer „Meluxina-Q“ hat Luxemburg nun die Anschaffung eines Supercomputers angekündigt. Luxemburg will als Standort für Hochtechnologie attraktiver werden
Ortungsgerät mit künstlicher Intelligenz
Neues Suchgerät für vermisste Schwimmer im Losheimer Stausee
Trübes Badewasser erschwert an Badeseen oft die Sicht, um verunglückte Badegäste schneller zu retten. Während bisher etwa Taucherketten wertvolle Minuten brauchten, um am Einsatz teilzunehmen, soll eine KI am Losheimer Stausee künftig sofort unterstützen.
Nachbesserung bei E-Patientenakte gefordert
Saar-Hausärzte offen für Digitalisierung und Einsatz von KI
Die saarländischen Hausärzte fordern mehr Mitsprache bei der Entwicklung digitaler, medizinischer Systeme. Nachbesserungsbedarf sehen sie etwa bei der elektronischen Patientenakte. Die Hausärzte zeigten sich auch offen für den Einsatz von Künstlicher Intelligenz – etwa bei der Auswertung von Daten.

Artikel mit anderen teilen


Push-Nachrichten von SR.de
Benachrichtungen können jederzeit in den Browser Einstellungen deaktiviert werden.

Datenschutz Nein Ja