Fasten: Noch Glaube oder schon Lifestyle?

Fasten: Noch Glaube oder schon Lifestyle?

Glosse: Christian Otterbach   07.03.2025 | 12:10 Uhr

Seit Aschermittwoch ist Fastenzeit – traditionell ein Verzicht bis Ostern, etwa auf Schokolade oder Kaffee. Doch Verzicht liegt ohnehin im Trend: Diäten, Detox & Co. boomen. Ist Fasten längst ein Lifestyle? Eine Glosse von Christian Otterbach.

Jesus hat’s getan: Er ging vor seinem öffentlichen Wirken 40 Tage zum Fasten in die Wüste. Mohammed hat gefastet, bevor ihm der Koran offenbart wurde. Moses hat’s auf dem Berg Sinai getan – 40 Tage, bevor er Gottes Wort empfing. Also: Wer hat’s erfunden? Die Religionen!

Spaßbremse auf Zeit

Fasten im ursprünglichen Sinne hat das Ziel, Gott oder allgemein dem Übernatürlichen näherzukommen. Essen und Trinken mal sein zu lassen oder wenigstens zu reduzieren, um den Körper zu reinigen und auf die Begegnung mit Gott vorzubereiten. Sich sozusagen der Welt und ihren Genüssen zu entziehen – eine Art Spaßbremse auf Zeit, um eines höheren Zweckes willen.

Und zumindest bei uns, im christlich geprägten Kontext, war das bislang auch schön geregelt: Von Aschermittwoch bis – streng genommen – Karsamstagmittag. Für Kinder bedeutete das vor allem Verzicht auf Süßigkeiten, für Erwachsene auf Bier oder Wein. Und dann kam Ostern – und mit der Auferstehung die Rückkehr von Schokolade, Guddzjer oder auch dem Gläschen Bier in der Osternacht.

Christian Otterbach (Foto: SR / Pasquale d’Angiolillo)
Christian Otterbach

Verzicht vs. Selbstoptimierung

Die Religionen hatten einst das Monopol aufs Fasten – aber so ist das nun mal in einer bunten, säkularen Gesellschaft: Die Fastenzeit wurde von der Pole Position verdrängt. Vom Dry January, vom Digital Detox, vom Intervallfasten, von der Steinzeitdiät und was es sonst noch gibt. Fasten darf man jetzt sozusagen immer und überall – und bekommt obendrauf noch das Versprechen, dass es einem danach deutlich besser geht. Körperlich jedenfalls. Die Haut wird straff, der Bauch klein, die Haare dafür kräftiger.

Da liegt also der entscheidende Unterschied: Religiöses Fasten zielt auf Gott, säkulares Fasten eher auf Fett – oder etwas charmanter ausgedrückt: auf körperliche Selbstoptimierung.

Nach 40 Tagen ist auch mal gut

Nun ja, dagegen ist erstmal überhaupt nichts zu sagen. Mich beschleicht nur – auch nach vielen Fastenexperimenten an mir selbst – der Verdacht, dass es bei dieser eher egozentrischen Form des Fastens am Ende genauso ausgeht wie beim religiösen: Nach 40 Tagen Wüste ist auch mal gut. Und zack, das war’s – der Körper schwingt zurück in die alte Form.

Nun, da trösten wieder die Erfinder des Fastens: Schließlich haben ja auch Jesus, Moses und Mohammed mal aufgehört zu fasten.

Also: Kopf hoch, Bauch rein – die ersten zwei Tage sind schon geschafft!

Ein Thema in der Sendung "Der Morgen" am 07.03.2025 auf SR kultur.


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