Rehlinger: Wolfspeed-Ansiedlung auf unbestimmte Zeit verschoben
Zum drohenden Aus für die Chipfabrik von Wolfspeed in Ensdorf hat sich am Mittwoch Ministerpräsidentin Rehlinger geäußert. Wolfspeed habe das Projekt auf einen nicht näher genannten Zeitpunkt verschoben. Rehlinger forderte für die Elektromobilität mehr Unterstützung vom Bund, etwa durch eine Kaufprämie. Inzwischen hat sich auch Bundeswirtschaftsminister Habeck zu Wort gemeldet.
Kommt Wolfspeed nach Ensdorf oder nicht – und wenn ja: Wann? Schon seit Tagen wird darüber spekuliert. Zuletzt hatte es Medienberichte gegeben, wonach sich ZF aus dem Projekt der gemeinsamen Chipfabrik zurückziehen könnte. Am Mittwoch hatte sich Ministerpräsidentin Anke Rehlinger (SPD) in einer eigens einberaumten Pressekonferenz dazu geäußert.
Zeitpunkt für Wolfspeed bleibt weiter offen
Man müsse feststellen, dass die Unsicherheiten um die Wolfspeed-Ansiedlung ein Rückschlag für das Saarland seien, sagte Rehlinger. "Das Unternehmen hat uns gegenüber klargestellt, dass sie zum Standort in Ensdorf weiterhin stehen. Wolfspeed verschiebt aber angesichts der Marktlage das Invest auf einen nicht näher bestimmten Zeitpunkt."
Wolfspeed: Schwache Nachfrage nach E-Autos
Das US-Unternehmen Wolfspeed begründete die bisherigen Verzögerungen am Standort in Ensdorf selbst mit der schwachen Nachfrage nach E-Autos, für die die Chips gedacht seien. "Wir glauben, dass wir für die absehbare Zukunft die Kapazitäten haben, die wir brauchen, um den geplanten Hochlauf bei unseren Kunden zu bedienen", so eine Unternehmenssprecherin.
Da im Moment kein weiterer Bedarf da sei, seien die Pläne in Ensdorf derzeit auf Eis gelegt. Wenn die Nachfrage deutlich anziehe und zusätzliche Kapazitäten gebraucht würden, bleibt laut Wolfspeed Europa dafür die erste Wahl und das Gelände eines ehemaligen Kohlekraftwerks in Ensdorf der bevorzugte Standort.
Mehr Unterstützung vom Bund?
Von der Bundesregierung forderte Rehlinger erneut mehr Unterstützung. Es brauche ein schnell wirksames Maßnahmenpaket zur Stabilisierung und Unterstützung der Industrie. Besonders beim Thema Energiepreise müsse etwas passieren, so Rehlinger. Sonst drohe ein noch schwereres Fahrwasser als bisher.
Darüber wolle sie auch am Donnerstag und Freitag bei der Ministerpräsidentenkonferenz noch einmal sprechen. "Die Industrie bleibt weiterhin wesentlich für die Entwicklung in Deutschland und im Saarland", so Rehlinger. Die Landespolitik verfolge auch weiterhin eine entsprechende Politik. Daran ändere auch die Ankündigung vom Montag nichts.
Mögliche Lösungen sieht Rehlinger in einer Neuauflage der E-Auto-Prämie und in niedrigeren Energiepreisen.
Rehlinger: "Wir werden weiter kämpfen müssen"
Rehlinger brachte für die Industrieförderungen auch Kooperationen mit der Forschung im Land, etwa mit dem Cispa, ins Gespräch.
Es brauche eine Diversifizierung innerhalb der Industriebranchen, aber das Feld müsse im Saarland auch verbreitert werden, sagte Rehlinger. Ziel bleibe es, Arbeitsplätze im Land zu erhalten und neue zu schaffen. Das werde aber nicht von alleine kommen. "Wir werden weiter kämpfen müssen."
Infrastruktur wird vorangetrieben
Auch im Mittelstand müssten Jobs erhalten werden. Rehlinger verwies auf den Transformationsfonds, in dem auch 200 Millionen für den Umbau des Mittelstandes vorgesehen sind, zusätzlich zur Mittelstandsförderung und den anderen Mitteln aus anderen Bereichen des Fonds.
Auch der Aus- und Umbau der Infrastruktur wird nach den Worten der Ministerpräsidentin weiter vorangetrieben. Gerade in dieser Woche sei entschieden worden, dass das Saarland Teil des Wasserstoff-Kernnetzes wird. Der Ausbau der Stromnetze und die Digitalisierung, der Glasfaserausbau, kämen hinzu.
Keine neuen Informationen zu SVolt
Wie lange die Landesregierung Wolfspeed für Ensdorf Zeit lassen will, darauf will sich Rehlinger nicht festlegen. Sie hofft auf Verbesserungen bei der Produktionssituation in New York und bei der Lage beim Thema Elektromobilität insgesamt. Ob und wie ZF weiter bei der Wolfspeed-Fabrik engagiert bleibt, dazu verwies die Ministerpräsidentin auf die beiden Unternehmen.
Zur Zukunft von SVolt sagte Rehlinger, die Landesregierung habe keine neuen Informationen. Allerdings gebe es Probleme bei der Kommunikation mit dem Unternehmen.
Habeck über Wolfspeed-Stopp enttäuscht
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) bedauerte am Donnerstag am Rande einer Reise nach Indien die Entscheidung von Wolfspeed, die Pläne für die Chipfabrik in Ensdorf vorerst auf Eis zu legen. "Es waren große Hoffnungen damit im Saarland verbunden", so Habeck. Die Region sei stark im Wandel und brauche solche technologischen Schwergewichte.
Sollte die Entscheidung des Wolfspeed-Managements stehen, würden mehr als zwei Milliarden Euro an staatliche Hilfen nicht ausbezahlt werden. Das sei eine schlechte Nachricht. Deutschland müsse seine gefährliche Abhängigkeit bei Halbleitern vom asiatischen Raum überwinden. Daher sei die Entscheidung des Unternehmens doppelt bedauerlich.
CDU-Fraktionschef Toscani fordert mehr Perspektive
"Im Interesse unseres Landes zähle ich darauf, dass das keine Beruhigungspille ist, sondern dass das Wort von Frau Rehlinger belastbar ist und die Wolfspeed-Ansiedlung weiterhin realistisch bleibt", sagte der Chef der CDU-Fraktion im saarländischen Landtag, Stephan Toscani. Zwar wolle die CDU auch, dass der Strukturwandel im Saarland gelingt, allerdings habe er immer größere Sorgen, dass er scheitert.
Die Wirtschaftskrise treffe das Saarland besonders hart, da es überdurchschnittlich von der Automobil- und Zuliefererindustrie abhängig sei. Daher fordere er "einen echten Plan", der Wirtschaft, Mittelstand und Industrie eine neue Perspektive gebe.
Beispielsweise müsse stärker auf Cybersicherheit oder Pharmazie gesetzt werden. Man müsse von einer "einseitigen Ausrichtung auf die traditionelle Großindustrie" wegkommen, so Toscani.
Arbeitgeber: Bessere Rahmenbedingungen notwendig
"Wir befinden uns in einer echten Strukturkrise", sagte Martin Schlechter, Hauptgeschäftsführer der Vereinigung der Saarländischen Unternehmensverbände (VSU), im SR-Interview. Das betreffe nicht nur das Saarland, sondern Deutschland insgesamt. Die Aufträge brechen weg und die Produktion habe sich seit der Corona-Pandemie kaum erholt. Auch die Umsätze seien weniger geworden.
Man müsse sich weiter darum bemühen, dass sich Großunternehmen im Saarland ansiedeln. Diese waren laut Schlechter am wirtschaftlichen Erfolg in den vergangenen Jahren maßgeblich beteiligt und haben Tausende Arbeitsplätze gesichert. Man dürfe aber die kleinen und mittelständischen Unternehmen nicht vergessen und auch für sie Lösungen finden.
In Deutschland müssten aber die Rahmenbedingungen besser werden. "Wir haben verschiedene Dinge, die die Unternehmen derzeit belasten, vor allem die hohen Kosten", sagt Schlechter. Als Beispiel nannte er etwa die hohen Energiekosten. Zudem müsse in Deutschland Bürokratie abgebaut werden, um so die Firmen zu entlasten.
Über dieses Thema berichten auch die SR info Nachrichten im Radio vom 23.10.2024.