KI als Konkurrenz für Nachhilfe?

Nachhilfe-Apps und Lernen mit KI – eine Alternative zu teurer Nachhilfe?

  05.04.2025 | 08:49 Uhr

Für viele Schulkinder ist Nachhilfe ganz normaler Alltag. Inzwischen gibt es auch in dem Bereich KI-Programme und Apps, die den Nachhilfelehrer oder die Nachhilfelehrerin ersetzen sollen. Aber wie gut sind diese Apps? Christian Büttner vom Forschungsinstitut Bildung Digital an der Uni des Saarlandes sieht darin Chancen, betont aber auch, wie wichtig die soziale Komponente beim Lernen ist.

In vielen Schulen ist längst die Diskussion über den Einsatz von Künstlicher Intelligenz eingezogen. Neben den Risiken soll es vermehrt aber auch darum gehen, wie KI beim Lernen helfen kann. So gibt es bereits verschiedene Nachhilfe-Apps, die auf KI setzen und eine Alternative zur mitunter kostspieligen Nachhilfestunde sein sollen. Bekannte Beispiele sind etwa "Astra AI". Aber sind solche Programme wirklich ein guter Ersatz für den Nachhilfelehrer oder die Nachhilfelehrerin?

Jeder Mensch lernt anders

Christian Büttner ist Geschäftsführer des Forschungsinstituts Bildung Digital an der Uni des Saarlandes. Er betont, dass jeder Schüler und jede Schülerin individuell lernt. "Und das ist die Herausforderung, dass Schule dem gerecht werden sollte oder muss aber vielleicht eben auch gar nicht kann. Natürlich kann da eine KI, eine Nachhilfe-App unterstützen." Dabei müsse aber ebenso individuell geschaut werden, was die lernende Person braucht und wie sie mit der KI umgehen kann.

Sprachen oder Naturwissenschaften können manche KIs ganz gut vermitteln, sagt Büttner. "Die Schüler müssen natürlich auch eine Motivation haben, zu lernen, das ist auch ein ganz wichtiger Faktor. Und wenn das mit einer KI-App besser funktioniert, dann kann das durchaus erfolgreich sein."

Manche Kinder lernen besser mit anderen Personen, andere eher allein

Beim Lernen mit einer KI geht auf der anderen Seite das Zwischenmenschliche verloren. Auch hier ließe sich nicht pauschal sagen, ob die KI besser geeignet ist, als die Person, die es dem Kind erklärt. "Es ist immer die Frage, wer macht die Nachhilfe. Ist es das Nachbarskind von gegenüber, sind das die Eltern oder vielleicht sind das Schüler aus höheren Klassen", so Büttner.

Es könne durchaus sein, dass Schülerinnen und Schüler mit anderen Partnern zusammen besser lernen. "Manchmal ist es aber auch so, dass Kinder das für sich alleine machen müssen, vielleicht auch alleine machen wollen, vielleicht auch nicht abgelenkt werden wollen. Und da kann KI natürlich helfen."

Er schließt auch nicht aus, dass gemeinsames Lernen zwischen Eltern und Kind funktionieren kann. Allerdings gibt er zu bedenken: "In der Regel ist es ja so, dass man eine gewisse Erwartungshaltung als Eltern – aber auch eine gewisse Erwartungshaltung als Schüler hat. Und wenn die aufeinandertreffen, kann es auch sein, dass es nicht funktioniert."

"Faktor Mensch nicht unterschätzen"

Aber nicht nur für die Nachhilfe zuhause, sondern auch in der Schule selbst gibt es immer mehr Möglichkeiten, KI einzusetzen, sagt Büttner. "Schule, wie wir sie vielleicht noch aus unserer Schulzeit kennen, ist ein Prozess, in dem Lehrer mit einem Tafelbild arbeiten." KI könne dabei heutzutage helfen, noch viel stärker zu individualisieren und zu differenzieren, schon gleich bei der Unterrichtsvorbereitung – zum Beispiel auch für Schülerinnen und Schüler, deren Muttersprache nicht deutsch ist.

"So können Lehrkräfte den Lernprozess ganz anders steuern und den Unterrichtsinhalt ganz anders vermitteln. Das gab es früher nicht, mit KI ist das jetzt möglich. Dementsprechend kann man im Unterricht anders unterstützen und vielleicht braucht es dann tatsächlich auch weniger Nachhilfe", vermutet Büttner. Außerdem sieht er Chancen darin, Hausaufgaben schon so zu stellen, dass sie mit KI gelöst werden sollen.

"Eines ist allerdings wichtig, das haben wir schon in Corona-Zeiten gelernt: Schule ist eigentlich ein sozialer Ort. Man geht in die Schule, weil man seine Mitschüler trifft, weil man die Lehrer trifft. Und ich glaube, man darf den Faktor Mensch bei der Lehrkraft nicht unterschätzen", sagt Büttner.

Die KI könne dabei aber eine sinnvolle Unterstützung sein – einerseits für die Lehrkraft, um mit KI-Tools Unterrichtsmaterial qualitativ hochwertig aufzubereiten, und auf der anderen Seite, damit Schülerinnen und Schüler beim Lernen gegebenenfalls eine bessere und individuellere Rückmeldung von der KI bekommen.

Über dieses Thema hat auch die SR kultur-Sendung "Der Morgen" am 02.03.2025 berichtet.


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