Homburger Erfolg: Elektronische Nase kann immer mehr Krankheiten erkennen
Bereits seit Jahren wird an der Homburger Kinderklinik daran geforscht, Krankheiten am Geruch zu erkennen. Nach ersten Erfolgen beim Coronavirus trainieren die Forscher ihre "Elektronische Nase" inzwischen auf zahlreiche weitere Krankheiten. Vor allem die jüngsten Klinikpatienten sollen davon profitieren.
Ist ein Mensch krank, riecht er anders. Ob Coronavirus, Diabetes Mellitus oder Krebs - der Körper bildet bei Krankheiten Geruchsstoffe. Diese Geruchsveränderungen kann zum Beispiel eine Hundenase wahrnehmen. Deshalb werden schon seit längerem bei Krankheiten, wie Diabetes, Hunde als Frühwarner eingesetzt.
Elektronische Nase kann Krankheiten erkennen
Auch an der Universität des Saarlandes forscht man schon seit längerem an krankheitstypischen Gerüchen. Eine Arbeitsgruppe an der Klinik für Allgemeine Pädiatrie und Neonatologie hat 2018 damit begonnen, ein Messgerät zu entwickeln, das verschiedene Krankheiten an ihrem Geruchsprofil erkennen kann.
"Das Muster, das Krankheiten und Infektionen auf Gasmessgeräten hinterlassen, ist vergleichbar einem Fingerabdruck. Diese Muster sind auch bei anderen Menschen mit der gleichen Krankheit wiedererkennbar. Wir sprechen dabei auch von einem Geruchs-Abdruck, auf Englisch Smellprint", erläutert Sybelle Goedicke-Fritz, die zusammen mit Prof. Michael Zemlin das Projekt verantwortet. Mit ihrem Team nehmen die Forscher bei bestimmten Krankheiten solche Fingerabdrücke, um sie leichter und schneller zu entlarven.
Coronavirus half der Forschung auf die Sprünge
Mit ihrer "Elektronischen Nase" haben die Homburger Forscher inzwischen schon zahlreiche Erfolge verzeichnet, berichtet Goedicke-Fritz. "Am Anfang stand die Idee, dass man Sepsis bei Frühgeborenen anhand des Geruchsprofils erkennen kann." Doch dann kam die Corona-Pandemie.
"Unsere Forschung hat durch Corona einen enormen Schub bekommen", sagt Goedicke-Fitz. Neue Fördergelder flossen und man trainierte die Elektronische Nase gezielt darauf, Corona in der Atemluft zu erkennen. Und das überhaus erfolgreich: Die Elektronische Nase erkenne Corona inzwischen annähernd so gut wie herkömmliche Schnelltests, sagt die Forscherin.
Mit den Jahren wurde das Forschungsfeld ausgeweitet. Zahlreiche andere Krankheiten kamen hinzu. "Auch bei RSV und Influenza haben wir gute Erfolge erzielt. Und was besonders schön ist: Wir können anhand des Geruchs einen Virusinfekt von einem bakteriellen Infekt unterscheiden." Das Ziel sei vor allem unnötige Antibiotika-Gaben zu vermeiden.
300 kleine Patienten auf Virusinfekt untersucht
In der Homburger Kinderklinik haben viele kleine Patienten schon Bekanntschaft mit der "Elektronischen Nase" gemacht. So habe man beispielsweise 300 Patienten gezielt auf Atemwegsinfekte und die Unterscheidung zwischen einem Virus oder einem bakteriellen Infekt untersucht. Die Ergebnisse sollen jetzt mithilfe von Künstlicher Intelligenz noch genauer ausgewertet werden.
Auch bei kleinen Patienten mit Mukoviszidose wurde die Elektronische Nase erprobt: Schon 100 wurden damit getestet, weitere 100 sollen folgen. "Bei Mukoviszidose müssen die kleinen Patienten normalerweise regelmäßig viele, teils unangenehme, Tests über sich ergehen lassen", berichtet Goedicke-Fitz.
Das Sammeln der Atemluftprobe für die Elektronische Nase sei für die Kinder hingegen stressfrei. "Sie müssen dafür nur in einen Plastikbeutel pusten. Das ist wie das Aufblasen eines Luftballons und macht den Kindern oft sogar Spaß", erzählt die Forscherin.
Luft von Frühgeborenen im Inkubator untersucht
Besonders im Fokus der Forschung stehen auch Frühgeborene. "Beispielsweise untersuchen wir die Atmosphäre innerhalb des Inkubators." Dabei könne man schon feststellen, ob das Kind eine volle Windel habe, was im Alltag auf der Station sehr hilfreich sei.
Aber auch die Entstehung einer gefährlichen Sepsis erkennt die Nase und sie kann anzeigen, ob mögliche Krankenhauskeime im Inkubator vorhanden sind.
Das Einsatzfeld ihrer Elektronischen Nase ist breit. Die Forscher hoffen, künftig vielen kleinen Patienten unangenehme Untersuchungen ersparen zu können.