Informationen zur Krankheit Endometriose

Starke Schmerzen, wenig Forschung: Viele Frauen leiden an Endometriose

Sarah Sassou / Onlinefassung: Martina Kind   12.05.2024 | 16:18 Uhr

Bei Endometriose wuchert gebärmutterähnliches Gewebe im Unterleib. Die bislang unheilbare Krankheit tritt in vielen Ausprägungen und mit unterschiedlichsten Symptomen auf. Obwohl allein in Deutschland jede zehnte Frau betroffen ist, ist Endometriose noch wenig erforscht. Eine Betroffene aus dem Saarland berichtet von ihrem Leiden.

In Eva Walles Unterleib wuchert gebärmutterartiges Gewebe, das starke Schmerzen verursacht. Der Name der Erkrankung: Endometriose. "Sie hat schon einen sehr großen Einfluss auf mein Leben. Aber ich versuche, mich nicht ausschließlich von ihr bestimmen zu lassen", erzählt Walle. Das sei nicht immer einfach, denn es gebe Tage, "da geht einfach wirklich gar nichts. Dann stehst du morgens auf und du kommst schon nicht aus dem Bett vor Schmerzen."

Extremes Bauchweh, Verdauungsprobleme, Müdigkeit – erst vor drei Jahren bekam Walle die Diagnose und damit eine Erklärung für die jahrelange Qual.

Endometriose wird oft erst spät diagnostiziert

Mehr als zwei Millionen Frauen in Deutschland sind von der Krankheit betroffen, schätzt die Endometriose-Vereinigung Deutschland. Je früher sie erkannt wird, desto besser können Symptome behandelt werden. Aber oft dauere es bis zur Diagnose Jahre.

Bei Walle waren es mehr als 20. "Ich bin eigentlich mit einer kleinen Zyste in die Klinik gegangen. Es hieß 30 Minuten OP. Ich wurde nach über 4,5 Stunden aus dem OP geschoben und habe dann erstmals den Begriff Endometriose gehört."

Dann sei die Recherchearbeit losgegangen. "Weil mir damals auch in der Klinik niemand gesagt hat, was die Konsequenzen sind oder wo man sich informieren kann. Sondern man wurde damit relativ alleine gelassen, und es hieß, wenden Sie sich doch an Ihren niedergelassenen Gynäkologen, der soll Ihnen das erklären."

Lange Wartezeiten bei Endometriose-Spezialisten

Bei Endometriose treten Zysten und Entzündungen im Bauchraum auf, vor allem in Gebärmutter und Eierstöcken. Es können aber auch andere Organe befallen sein, zum Beispiel der Darm oder die Blase. Walles Gynäkologin hat sie in die Endometriose-Sprechstunde an die Uniklinik in Homburg geschickt. Hier konnte sie mit Spezialistinnen und Spezialisten über den Stand ihrer chronischen Erkrankung sprechen.

Die Nachfrage nach dem besonderen Angebot ist groß. Auf einen Termin müssen Patientinnen drei Monate warten. "Die erste Anlaufstelle ist idealerweise der Frauenarzt", sagt die Gynäkologin Askin Kaya von der Uniklinik. Wichtig sei, dass die Patientin zunächst bei ihrem niedergelassenen Frauenarzt vorstellig wird und dann nach Homburg in die Endometriose-Sprechstunde überwiesen wird.

Endometriose kann sich auf Fruchtbarkeit auswirken

An der Uniklinik in Homburg geht es aber nicht nur um die Endometriose-Therapie, sondern auch um die Forschung. Wie genau entsteht die Erkrankung, wieso tritt sie mit so vielfältigen Symptomen auf? Fragen, auf die das Team um die Professorin Julia Radosa Antworten finden will. Vor allem, weil Endometriose sich auch auf die Fruchtbarkeit auswirken kann.

Viele Frauen leiden an Endometriose
Audio [SR 3, Sarah Sassou, 11.11.2024, Länge: 06:16 Min.]
Viele Frauen leiden an Endometriose

"50 Prozent der Frauen, die aufgrund von einer Unfruchtbarkeit in der Kinderwunschbehandlung sind, leiden an Endometriose. Aber nicht alle Frauen, die Endometriose haben, haben auch Probleme, schwanger zu werden", erklärt Radosa. "Es ist schon ein hoher Anteil, aber Endometriose heißt nicht automatisch, dass man quasi keine Kinder bekommen kann."

Endometriose von Forschung bisher eher vernachlässigt

Für Eva Walle schon. Ihr Herzenswunsch nach einem Kind bleibt unerfüllt. Jetzt engagiert sie sich in der Endometriose-Vereinigung, einer bundesweiten Organisation, die über die chronische Krankheit aufklären will – denn sie ist in der Forschung bisher eher stiefmütterlich behandelt worden.

Gerade medizinische Forschung sei immer noch eher auf Männer ausgelegt, beklagt Walle. Das sei für die Betroffenen schwierig. "Und dass einfach sehr, sehr viel Unwissenheit und Unverständnis auch in Politik und Gesellschaft über die Erkrankung herrscht."

Endometriose – für Walle und Millionen andere Frauen heißt das: Sie müssen ihren eigenen Weg finden, um mit der Krankheit leben zu können.

Über dieses Thema berichtet auch die Sendung "Wir im Saarland – Service" am 07.05.2024 im SR Fernsehen.


Mehr aus dem Bereich Gesundheit

Essen für die Gesundheit
"Ernährung kann nicht nur Krankheiten vorbeugen, sondern auch heilen"
Dass gesunde Ernährung dabei hilft, Krankheiten vorzubeugen, ist allgemein bekannt. Doch was, wenn man bereits an einer schweren Krankheit leidet? Das richtige Essen kann bei vielen Erkrankungen entscheidend zur Heilung beitragen, sagt Ernährungsmedizinerin Verena Keller von der Uniklinik Homburg.
Schutz vor Krebs
Saarländisches Gesundheitsministerium ruft zu HPV-Impfung auf
Der "Welt-HPV-Tag" rückt die Impfung gegen Humane Papillomviren (HPV) in den Fokus der Öffentlichkeit. Auch das saarländische Gesundheitsministerium hat aus diesem Anlass am Montag erneut dazu aufgerufen, Kinder gegen HPV impfen zu lassen. Derzeit ist die Impfquote eher gering.
Umfrage der Uniklinik
Wie verbreitet ist die Asiatische Tigermücke im Saarland?
Stellt die Asiatische Tigermücke bereits eine Gefahr für das Saarland dar? Und falls ja: Wie können sich Menschen gegen eine Infektionskrankheit durch einen Stich schützen? Das will das Universitätsklinikum in Homburg herausfinden. Dazu ist die Hilfe der Bürgerinnen und Bürger gefragt.

Artikel mit anderen teilen


Push-Nachrichten von SR.de
Benachrichtungen können jederzeit in den Browser Einstellungen deaktiviert werden.

Datenschutz Nein Ja