Bund der Steuerzahler kritisiert Tiny-House-Kampagne

Ist das "Tiny House" des Landes Steuergeldverschwendung?

Jimmy Both   25.01.2024 | 19:42 Uhr

Das "Tiny House" der Marketingagentur des Saarlandes, Saaris, sollte eigentlich eine mobile Wohnanlage für Fachkräfte im Saarland werden. Doch seit geraumer Zeit dient das kleine Haus eher als Staubfänger, für den Steuerzahlerbund eine Geldverschwendung.

Zwei Schlafgelegenheiten, ein Fernseher, ein Sessel, ein Bad und eine kleine Küchenecke: Das "Tiny House" der Werbeagentur des Saarlandes, Saaris, dürfte für ein oder zwei Nächte kein schlechter Platz sein. Mit Hilfe dieser Übernachtungsmöglichkeit soll es Firmen besser gelingen, dringend benötigtes Fachpersonal ins Saarland zu holen. Das ist zumindest der Gedanke hinter dem Projekt.

Video [aktueller bericht, 25.01.2024, Länge: 3:01 Min.]
Saarländisches Tiny House-Projekt von Saaris stockt

"Tiny House" bisher kaum genutzt

Doch seit einem halben Jahr wird das "Tiny House" von keinem Unternehmen im Saarland mehr genutzt. Bisher war es nur zum Start der Kampagne im Juni 2023 bei Villeroy und Boch zu Gast in Mettlach. Für die landeseigene Marketingagentur ist es trotzdem ein Erfolg.

"Villeroy und Boch hat dadurch neue Bewerberinnen und Bewerber gefunden. Das wird auch anderen Firmen gelingen", sagt Stephan Schweitzer, Geschäftsführer der Agentur Saaris. Zu einer zweiten Station ist es bisher aber nicht gekommen.

Technische Schwierigkeiten an der Uni

Geplant war, das "Tiny House" schon im Herbst an der Universität des Saarlandes aufzustellen. Technische Probleme mit dem Stellplatz hätten das aber verhindert, meint Schweitzer.

Hinzu komme, dass Übernachtungen bei kälteren Temperaturen schwierig seien. Im März soll ein neuer Anlauf gestartet werden.

Steuerzahlerbund: „Das ist Steuergeldverschwendung“

70.000 Euro hat das "Tiny House" laut Saaris gekostet. Mit der gesamten zugehörigen Kampagne sind es 358.000 Euro. Alles wurde aus Landesmitteln finanziert. Für das chronisch klamme Saarland ist es eine stolze Summe.

Der Bund der Steuerzahler hält nichts von dem Projekt. "Wir haben den Mehrwert noch nicht gesehen", sagt der Vorsitzende im Saarland, Christoph Walter und ergänzt, "die Leute bewerben sich doch auf eine Ausschreibung. Und wenn die Stelle ihnen zusagt und die Bedingungen stimmen, dann sagen sie zu."

Aber ob sie eine Nacht im "Tiny House" oder im Hotel verbringen sei hier unerheblich. "Das ist für uns Steuergeldverschwendung, weil wir den Nutzen nicht erkennen", meint Walter.

Saaris verteidigt "Tiny House"

Die beteiligten Firmen müssten teilweise auch Betriebskosten übernehmen. Wie viel Geld die Unternehmen konkret für die Nutzung des "Tiny House" bezahlen müssten, hat Schweitzer aber nicht verraten wollen. Fest stehe nur, dass die Firmen dafür unterschiedliche Beträge, je nach Gegebenheiten, an Saaris überweisen.

"Wir investieren Steuergeld, um dieses Format und den Arbeitsstandort Saarland für hochqualifiziertes Personal zu bewerben", sagt Stephan Schweitzer von Saaris.

Dem stehe gegenüber, dass sich das Image des Saarlandes durch die Werbung für das "Tiny House" verbessere. Unternehmen könnten dadurch etwas leichter neues Personal finden.

Zweifelhafter Nutzen des "Tiny House"

Doch können sich die Ausgaben des Landes wirklich rechnen? Das "Tiny House" soll im Herbst noch bei einer weiteren Firma Station machen. Das wären zwei Arbeitgeber in einem Jahr. Die Vorbereitung für eine Station dauert recht lange.

Zudem müssen Unternehmen ihre Einstellungsabläufe gegebenenfalls anpassen. Denn Bewerber müssten zügig zu- oder absagen erhalten, sonst verfliege der Effekt meint Saaris. "Wir können den Nutzen nicht erkennen", sagt Christoph Walter vom Bund der Steuerzahler, "die würden sich doch auch so bewerben, ohne dass da ein Tiny House steht."

Über dieses Thema hat auch die SR 3-Sendung "Region am Nachmittag" am 25.01.2024 berichtet.


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