Kritik an Abriss des alten Finanzamts wird immer lauter

Denkmalschutz: Abriss des Saarbrücker Finanzamts "schlichter Wahnsinn"

  16.07.2024 | 16:33 Uhr

Die Deutsche Stiftung Denkmalschutz übt erneut scharfe Kritik am geplanten Abriss des Saarbrücker Finanzamtes. Das Vorhaben sei Ausdruck einer "Wegwerfgesellschaft" und nicht zu vereinbaren mit den Klimaschutzzielen.

Die Deutsche Stiftung Denkmalschutz fordert die Landesregierung auf, den geplanten Abriss des Saarbrücker Finanzamtes zu stoppen. Stiftungsvorstand Steffen Skudelny schreibt in einem Offenen Brief, der Abriss zugunsten eines Neubaus mit Büros sei vor dem Hintergrund von Ressourcenknappheit und Klimawandel "schlichter Wahnsinn".

Stattdessen könne das Saarland mit einem klugen Konzept für den Erhalt des denkmalgeschützten Gebäudes ein Vorbild für den Wandel in der Baukultur sein – "anstatt sich rückwärtsgewandt an überholten Konzepten einer Wegwerfgesellschaft zu orientieren".

Video [aktueller bericht, 16.07.2024, Länge: 2:20 Min.]
Scharfe Kritik an geplantem Abriss des denkmalgeschützten Finanzamts

Den Offenen Brief haben Verbände und Vereine der Architektur, der Stadtplanung, der Denkmalpflege, der Bürgerschaft und des Klimaschutzes unterzeichnet, darunter unter anderem der Bund Deutscher Architektinnen und Architekten im Saarland, die Schule für Architektur an der HTW des Saarlandes und der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) in Saarbrücken.

Deutsche Stiftung Denkmalschutz fordert Abrissstopp
Audio [SR 3, Barbara Grech, 16.07.2024, Länge: 02:52 Min.]
Deutsche Stiftung Denkmalschutz fordert Abrissstopp

Landesdenkmalamt und -rat umgangen?

Auch Ursula Schirmer, ebenfalls von der Stiftung Deutscher Denkmalschutz, hat das Vorhaben im SR-Interview am Dienstag scharf kritisiert. Die normalen Abläufe, in die das Landesdenkmalamt und der Landesdenkmalrat eingebunden seien, seien umgangen worden. Sie erzürnt, dass das Landesdenkmalamt von der Landesregierung einfach mal so ausgehebelt wurde, um den Abriss des Saarbrücker Finanzamtes durchzusetzen.

Theoretisch geht das, beispielsweise wenn vom Denkmalamt keine Stellungnahme kommt. Aber in diesem Fall, so Schirmer, habe es ja keine Unterlagen und Gutachten seitens des Finanzministeriums gegeben. Tatsächlich behaupte das saarländische Finanzministerium, das den Bau gerne so schnell wie möglich abreißen und das Grundstück meistbietend verhökern wolle, dass das Gutachten bestätigen würden, eine Restaurierung sei nicht machbar.

Auch das Argument, das die Restaurierung des heruntergekommenen Gebäudes am Saarbrücker Stadtgraben viel zu teuer wäre, greife nicht. Es sei aber nicht so, dass ein Neubau günstiger sei als die Instandsetzung.

"Eine offensichtliche Umgehung der normalen Abläufe"
Audio [SR 2, (c) SR, 16.07.2024, Länge: 06:12 Min.]
"Eine offensichtliche Umgehung der normalen Abläufe"

Abriss vergangene Woche beschlossen

Das Kulturministerium hatte dem Abriss in der vergangenen Woche zugestimmt. Das Ministerium hatte die Entscheidung dem eigentlich zuständigen Landesdenkmalamt entzogen und bei sich angesiedelt. Der Landesdenkmalrat kritisierte, dass das zwar gesetzlich zulässig sei, aber einen Präzedenzfall für den Umgang mit denkmalgeschützten Gebäuden schaffe.

Die Landesregierung hatte bei ihrer Entscheidung für einen Abriss auf die Unwirtschaftlichkeit einer Sanierung hingewiesen. Die Stiftung Denkmalschutz zweifelt offenbar an diesem Argument und fordert die Landesregierung in dem Offenen Brief mit Nachdruck auf, die Gutachten vorzulegen, die zu der Entscheidung geführt hätten. Sollte es keine Gutachten geben, müssten diese jetzt dringend erstellt werden.

Bezahlbarer Wohnraum gewünscht

Statt eines neuen Bürogebäudes würden sich SR info-Nutzerinnen und -Nutzer vielmehr bezahlbaren Wohnraum dort wünschen. Das hatte eine Facebook-Umfrage unter ihnen ergeben. Alternative Vorschläge waren: eine weitere Obdachlosenunterkunft, Sozialwohnungen, ein Studierendenwohnheim, ein Mehrgenerationenhaus, eine Senioreneinrichtung oder ein Ärztehaus.

Über dieses Thema haben auch die SR info-Nachrichten im Radio am 15.07.2024 berichtet.


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