Ärzte lehnen Praxisgebühr zur Entlastung der Notdienste ab

Ärzte lehnen Praxisgebühr zur Entlastung der Notdienste ab

Steffani Balle / Onlinefassung: Rebecca Wehrmann   21.02.2025 | 18:29 Uhr

Um den ärztlichen Notdienst zu entlasten, der unter hohem Patientenandrang ächzt, haben die Chefs zweier Krankenkassen ein Pfandsystem bei Notarztbesuchen vorgeschlagen. Richtige Notfälle bekämen ihr Geld zurück. Die niedergelassen Ärzte im Saarland lehnen das jedoch ab.

In den saarländischen Bereitschaftsdienstpraxen und Notaufnahmen ist immer viel Betrieb, die Zahl der Patientinnen und Patienten nimmt zu, gleichzeitig herrscht Fachkräftemangel. Viele Bereitschaftsdienstpraxen im Saarland mussten deshalb Anfang dieses Jahres schließen.

Pfandsystem – Geld bei Notfällen zurück

Im einem Interview mit der Saarbrücker Zeitung vor einigen Tagen haben die Krankenkassen-Chefs Jörg Loth von der IKK Südwest und Stefan Groh von der Techniker Krankenkasse die Wiedereinführung einer Art Praxisgebühr für den Notdienst in die Diskussion gebracht.

Gegen den Missbrauch des Notdienstes sollte demnach ein Pfandsystem eingeführt werden. Wer tatsächlich ein Notfall sei, soll sein Pfandgeld zurückbekommen. So wolle man Praxen und Notaufnahmen entlasten.

Bonus für verpflichtenden Hausarzt-Besuch

Für den Sprecher der Hausärzte im Saarland, Michael Kulas, ist eine Praxisgebühr aber keine Lösung – die habe schon einmal nicht gut geklappt. Die Gebühr sei ein Bürokratie-Monster gewesen, das niemand vermisse. Vielmehr könnte er sich einen Bonus vorstellen, wenn sich Patienten auf die hausarztzentrierte Versorgung einlassen.

Das heißt, dass es einen Vertrag gibt, der den Patienten verpflichtet, immer zuerst zu einem Hausarzt zu gehen, bevor er andere Ärzte aufsucht. Dafür könne es einen finanziellen Bonus von der Krankenkasse geben, schlägt Kulas vor.

Ersteinschätzung durch 116 117

Der Vorsitzende der Vertreterversammlung der Kassenärzte im Saarland, Thomas Stolz, hält den Vorschlag einer erneuten Praxisgebühr für zu streng. Sinnvoller wäre nach seiner Ansicht die Steuerung von Patienten über die 116 117, die verpflichtend dann gewählt werden müsse, bevor jemand den Notdienst beanspruche.

Dort werde dann zunächst eine qualifizierte Ersteinschätzung am Telefon gemacht und der Patient entweder direkt ins Krankenhaus, im Laufe des Tages in eine Bereitschaftspraxis oder nach dem Wochenende zum Hausarzt geleitet.

Steuerung von Patienten dringend notwendig

Ein Pfandsystem sei dagegen weniger sinnvoll, so Stolz. Ein Arzt sei schließlich kein Richter, der darüber entscheiden müsse, ob der Patient sein Geld als "echter Notfall" zurückbekommt oder nicht.

Die Saarländische Krankenhausgesellschaft (SKG) sieht die Notwendigkeit der Steuerung von Patienten als zwingend erforderlich. Der beste Weg dahin müsse aber mit einer neuen Bundesregierung erst gefunden werden, so der Geschäftsführer der SKG, Thomas Jakobs, auf SR-Nachfrage.

Über dieses Thema haben auch die SR info-Nachrichten im Radio am 21.02.2025 berichtet.


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