Ein Junge hält sein Schulzeugnis in der Hand (Foto: picture alliance / Frank May | Frank May)

Kritik an Belohnungsaktion des 1. FC Saarbrücken für Zeugnisnoten

Sandra Schick   11.07.2024 | 14:21 Uhr

Autogrammkarten, Tickets oder ein Fußballtraining als Belohnung für Einser auf dem Zeugnis – das verspricht der 1. FC Saarbrücken seinen jungen Fans pünktlich zur Zeugnisausgabe am Freitag. Lehrerinnen und Lehrer im Saarland halten von solchen Aktionen eher wenig.

Der 1. FC Saarbrücken wirbt derzeit in den Sozialen Netzwerken mit einer besonderen Aktion für Schülerinnen und Schüler. Einser auf dem Zeugnis werden mit Geschenken belohnt: Für eine Eins gibt es ein Autogramm des Lieblingsspielers. Für drei Einsen bekommt man einen Fanschal, ab vier Einsen gibt es Eintrittskarten und wer nur Einser auf dem Zeugnis hat, kann eine Trainingseinheit mit einem FCS-Profi mitmachen. Voraussetzung ist allerdings, dass das Kind Vereinsmitglied ist.

Zeugnisnoten als Marketingmasche

Nicht nur der 1. FC Saarbrücken, sondern auch viele andere haben die Zeugnisse als Marketinginstrument entdeckt: Die Bahnunternehmen in Bayern werben beispielsweise aktuell damit, das Einser-Schülerinnen und -Schüler am ersten Ferientag kostenlos durch ganz Bayern reisen dürfen. Elektronikmärkte locken außerdem mit Gutscheinen für Einser, Buchläden belohnen gezielt Einser im Fach Deutsch und Freizeitparks versprechen Rabatte ab einer gewissen Zahl von Einsern.

„Leistung darf belohnt werden, aber…“  

Auch in vielen Familien ist Belohnung für ein gutes Zeugnis üblich: Fünf Euro von der Oma für jede Eins, zwei Euro für eine Zwei und von den Eltern gibt es einen Extra-Kinobesuch. Leistung soll belohnt werden. Schließlich leben wir ja in einer Leistungsgesellschaft. So zumindest die Idee hinter diesen Maßnahmen. Doch ist das wirklich sinnvoll?

Max Hewer, Landesvorsitzender der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft, ist zwiegespalten. "Grundsätzlich: Ja, Leistung darf belohnt werden und es ist auch wichtig, Leistung zu belohnen", meint er im Gespräch mit dem SR. "Aber das sollte nicht nur pauschal an einer Eins festgemacht werden. Wenn sich jemand von einer Fünf auf eine Drei verbessert hat, ist das hoch anzusehen. Eine solche Leistung sollte Anerkennung bekommen."

Die persönliche Entwicklung des Einzelnen müsse im Fokus stehen. Also: "Man sollte auf die Verbesserung der individuellen Leistung schauen." Diesen Rat gibt er auch Eltern und Großeltern, die Kinder mit Geld oder anderen Geschenken belohnen möchten. "Auch eine Zwei oder Drei darf belohnt werden, wenn ein Kind vorher Schwierigkeiten in einem Fach hatte. Man muss immer das Ausgangsniveau mitberücksichtigen."

Lehrerverband: „Absolut unmögliche Aktion“

Die Vorsitzende des Lehrerinnen- und Lehrerverbandes, Lisa Brausch, zeigte sich im Gespräch mit dem SR empört über die Aktion des FCS: "Ich finde das absolut unmöglich." Sie ist sicher: "Das führt zu Frustration bei vielen Kindern, die eine Eins einfach nicht erreichen können. Für manche Kinder ist eine Drei schon eine super Leistung. Zudem sind diese Fußballer doch Idole bei den Kindern."

Man müsse viel individueller auf Stärken und Schwächen der Kinder schauen. "Bei solchen Marketingaktionen geht es nicht um die Kinder, das ist nur Werbung für den Verein. Das macht mich traurig."

Nicht nur Zustimmung von den Fans

Auch unter den Fans des 1. FC Saarbrücken gibt es nicht nur Zuspruch. Auf Facebook loben zwar viele die Aktion, aber auch kritische Stimmen finden sich darunter. Dort heißt es etwa: "Leistungsdruck wird groß geschrieben. Braucht man um Fußball zu spielen nur Einser?" Oder: "Finde es irgendwie doof den Kids gegenüber, die vielleicht motiviert sind, denen das Lernen aber schwer fällt und deren Noten nun eben nicht nur aus 1ern bestehen."

Manch einer sieht es auch mit Humor: "Was is de Trostpreis für keine 1? Oder gibts dann zur Strafe e Lautern-Trikot?"


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