Unterricht in einer Förderschule (Foto: dpa/Fredrik von Erichsen)

Hohe Nachfrage nach Förderschulen im Saarland

Julia Berdin: Onlinefassung David Differdange   02.07.2024 | 20:06 Uhr

Im Saarland steigt die Nachfrage nach Plätzen an Förderschulen. Sowohl der Regionalverband Saarbrücken, als auch der Landkreis Saarlouis wollen deshalb zwei neue Schulen gründen. Vor allem Plätze an Förderschulen für geistige Entwicklung sind nachgefragt.

Vor zehn Jahren hatte der Landtag die Inklusion gesetzlich im Saarland verankert. Durch das gemeinsame Lernen von Kindern mit und ohne Behinderung in der Regelschule, sollte die Nachfrage nach Förderschulen sinken.

Das ist nach SR-Recherchen nicht eingetreten. Im Gegenteil: Nicht nur der Regionalverband Saarbrücken plant zwei neue Förderschulen, auch der Landkreis Saarlouis will mindestens zwei neue Schulen gründen.

Video [aktueller bericht, 02.07.2024, Länge: 4:09 Min.]
Trotz Inklusionsgesetz: Bedarf an Förderschulen im Saarland steigt

Pro Klasse unterrichten zwei pädagogische Fachkräfte

Förderschulen für geistige Entwicklung sind gefragt wie nie, das merkt man etwa an der Waldschule in Saarwellingen. Aktuell werden hier knapp 120 Kinder und Jugendliche im Alter von sechs bis 18 Jahren unterrichtet. Die Schülerinnen und Schüler haben alle einen gutachterlich festgestellten Förderbedarf "geistige Entwicklung", also eine oder mehrere geistige Beeinträchtigungen.

Manche können nicht sprechen, manche benötigen medizinische Pflege. In einer Klasse unterrichten jeweils zwei pädagogische Fachkräfte, hinzu kommen mehrere Integrationshelferinnen- und helfer.

Waldschule Saarwellingen erwartet 30 neue Schülerinnen und Schüler

Die Schwere und Ausprägung der Einschränkungen habe in den letzten Jahren zugenommen, so Jens Annawald, Schulleiter der Waldschule Saarwellingen. "Wir beobachten, dass zum Beispiel Autismus-Spektrumsstörungen zunehmen und wir da sehr viele Schülerinnen und Schüler haben".

Die Gesamtzahl an Schülerinnen und Schülern steigt kontinuierlich. Wegen Platzmangels musste eine Klasse zu Schuljahresbeginn bereits auf einen Container ausweichen. Künftig wird es noch enger: Die Schulleitung erwartet nach den Sommerferien 30 weitere Schüler.

Um die unterrichten zu können, zieht der integrative Kindergarten, der unter dem Dach der Waldschule untergebracht ist, aus. Dadurch wird Platz für vier neue Klassen frei. Dennoch werde man sich was Schul- und Pausenzeiten angeht, neu organisieren müssen, erklärte Jens Annawald.

Planungen für neue Förderschule schreiten voran

Es werde zusätzliches Personal benötigt, mindestens acht pädagogische Fachkräfte, die auf dem Arbeitsmarkt ohnehin knapp sind. Hinzu kommt, dass der Landkreis wegen des gestiegenen Bedarfs mindestens zwei komplett neue Förderschulen für geistige Entwicklung gründen will. Die Planungen für die erste sind bereits recht konkret.

Man sei mit einer Kommune in Gesprächen bezüglich eines Grundstücks, so Landrat Patrick Lauer (SPD). Die Schule könnte in modularer Bauweise errichtet werden, um Zeit zu sparen. "Das würde uns nochmal ein halbes Jahr Gewinn bringen. Deswegen hoffen wir, dass wir Anfang 2026 so weit wären."

Lehrerverband verweist auf Fachkräftemangel

Eine zweite Förderschule könnte ein Jahr später an den Start gehen. Der saarländische Lehrerinnen- und Lehrerverband befürchtet jedoch, dass es schwierig wird, die neuen Stellen zu besetzen.

Wegen des Fachkräftemangels würden Stellen für Förderschullehrkräfte schon jetzt zunehmend fachfremd besetzt. Eine SR-Anfrage, wie die Personalisierung der geplanten neuen Förderschulen gestemmt werden soll, ließ das Bildungsministerium bisher unbeantwortet.

Über dieses Thema hat auch der aktuelle bericht im SR-Fernsehen am 02.07.2024 berichtet.


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