"Vanitas" von Michel Medinger – Ausstellung in der Villa Vauban
Anfang Januar ist der luxemburgische Fotokünstler Michel Medinger mit 83 Jahren verstorben. Er galt als einer der bedeutendsten Fotografen des Landes. Noch im letzten Jahr wurden seine Werke beim renommierten Fotofestival „Rencontres“ in Arles gezeigt. Jetzt ist ein Ausschnitt in der Villa Vauban zu sehen.
Das sind nicht einfach nur Fotografien – es ist ein Universum, in das uns Michel Medinger mit seinen Bildern da entführt. Ein Universum, das wir aus dem goldenen Zeitalter der holländischen Malerei kennen. Vanitas-Bilder. Also Stillleben mit Totenschädeln, verwelkten Blumen, verfaultem Obst. Aufwändig angerichtet.
Mehr als nur Vergänglichkeit
Vanitas-Gemälde sollen uns an die Vergänglichkeit des Lebens erinnern. Uns bescheiden und besonnen machen – angesichts der Endlichkeit unseres Daseins. Bei Michel Medingers arrangierten Fotografien aber geht es eigentlich um etwas anderes. Obwohl auch ein Totenkopf und vertrocknete Hortensien im Spiel sind, so Boris Fuge von der Villa Vauban.
Michel Medingers Stillleben
Es sind wunderschöne Stillleben und wirklich wahr, man muss schmunzeln, wenn man sich diese kunstvollen Fotografien in einem Saal der Villa Vauban ansieht. In seinem Atelier in Contern hortete Medinger ein Leben lang Dinge, die bei anderen Menschen wohl in den Müll gewandert wären.
Ob ausgediente Ölkannen, tote ausgestopfte Tiere, allerlei Gefäße und altes Werkzeug und sonstigen Nippes. Daraus komponierte er Stillleben, oftmals in Rahmen, die er dann abfotografierte – mit höchster technischer Präzision.
Einfluss der Vanitas-Tradition
Obwohl Medinger ein Autodidakt war – er reiste für den Staat als Geograf durch das Land und nahm in seiner Jugend als Leichtathlet an den Olympischen Spielen teil – war er ein profunder Kenner der Kunstgeschichte und spielte virtuos damit, und immer mit diesem sanften, manchmal hinterlistigen Humor.
Damit auch der Besucher in der Villa Vauban gleich weiß, worauf sich die Fotokunstwerke von Medinger beziehen, haben die Kuratoren diesen grandiosen Fotografien ein Vanitas-Ölgemälde sozusagen zur Seite gestellt.
Ausstellung in Arles und der Villa Vauban
Die gibt’s in Medingers Fotografien ebenfalls in großer Vielzahl – aber eben immer mit einem Augenzwinkern arrangiert. Späte Ehre bekam der Fotokünstler im vergangenen Jahr in Arles beim Fotofestival „Rencontres“. Eine ganze Barockkapelle wurde Spielstätte für seine Stillleben – sowohl im Original als auch in den Fotografien.
Wer nicht da war, hat wahrscheinlich was verpasst. Nun kann man sich mit einem Ausschnitt der Ausstellung in der Villa Vauban trösten, die im Rahmen des Monats der Fotografie gezeigt wird.
Michel Medingers fotografische Kunst
Die Ausstellung zeigt jene kleinformatigen fotografischen Kompositionen, die Michel Medinger seit den späten 1980er-Jahren geschaffen hatte: allegorische Darstellungen und zeitgenössische Versionen holländischer und flämischer „Vanitas“-Bilder des 17. Jahrhunderts. Als memento mori rufen sie uns mit sanfter Ironie die Fragilität und Flüchtigkeit des menschlichen Daseins in Erinnerung.
Michel Medinger zählt zu den bedeutendsten luxemburgischen Fotografen. Er begeisterte sich zunächst für die Malerei, ehe er sich ab den 1960er-Jahren der Fotografie zuwandte. Seine künstlerische Praxis festigte sich in den 1980er-Jahren mit der Schaffung eines umfangreichen Werkkorpus.
Zwischen Barock und Surrealismus
Das Werk von Michel Medinger zeichnet sich durch eine ästhetische und plastische Qualität aus, die gleichermaßen anregend und humorvoll wirkt.
So werden ungewöhnliche oder banale Gegenstände aus ihrem gewohnten Kontext herausgerissen: Ausgeschnittene Blumen sprechen mit Vogelschädeln oder ausgestopften Tieren, während der Künstler in seinem Lieblingsgenre, dem Stillleben, Kompositionen zum Leben erweckt, die zwischen Barock und Surrealismus oszillieren.
Durch die Neuanordnung der Objekte verleiht der Künstler ihnen einen hybriden Aspekt und schafft gleichzeitig Szenen, die direkt einem Traum oder einer metaphysischen Reflexion zu entstammen scheinen.
Hommage an einen Meister der Fotografie
2024 fand die dem Preisträger des Luxembourg Photography Award gewidmete Ausstellung „Michel Medinger – L’ordre des choses“ im Rahmen der 55. Rencontres d’Arles statt. Anlässlich des European Month of Photography (EMOP) 2025 zeigt die Villa Vauban, als Hommage an den kürzlich verstorbenen Künstler, eine Reminiszenz an die Schau in Arles.
Auf einen Blick
Vernissage "Vanitas" von Michel Medinger
29. März bis 15. Juni
Villa Vauban - Kunstmuseum der Stadt Luxemburg
Ein Thema in der Sendung "Der Nachmittag" am 10.04.2025 auf SR kultur.