Die Probleme in den Familien werden mehr und vielfältiger

Die Probleme in den Familien werden mehr und vielfältiger

Reporterin: Lisa Krauser/Onlinefassung: Dagmar Scherer   10.02.2025 | 12:55 Uhr

Die Jugendämter sind vielerorts am Limit des Machbaren – auch bei uns im Saarland. Immer mehr Familien brauchen Unterstützung und immer mehr Kinder müssen am Ende sogar aus den Familien geholt werden. Mit welchen Problemen kämpfen die Familien, und wo kommt das Jugendamt nicht weiter? Ein Blick auf die Herausforderungen für das Jugendamt Neunkirchen.

Elisa Klauck und Stefan Will machen ihren Beruf gerne. Will leitet das Neunkircher Jugendamt. "Es ist eine Arbeit, die bei aller Anstrengung, auch sehr, sehr erfüllend sein kann", so Will. Trotzdem: Im Jugendamt zu arbeiten, ist in allererster Linie eine tägliche emotionale Kraftanstrengung.

Elisa Klauck ist Sozialarbeiterin im Allgemeinen Sozialen Dienst und für Kinder, Jugendliche, Mütter und Väter zuständig, die Unterstützung vom Jugendamt brauchen. Und Unterstützung braucht es immer mehr. Immer mehr Familien haben Probleme – und diese werden auch immer vielschichtiger.

Die Probleme bei psychische Erkrankungen

Neben Sucht und Gewalt spielen psychische Erkrankungen eine immer größere Rolle in den Familien. Ein Riesenproblem, denn es gibt nicht genug Therapieplätze. Das heißt, dass Kinder beispielsweise monatelang mit einem psychisch kranken Elternteil leben, das keinerlei professionelle Hilfe bekommt.

Die Probleme würden sich über einen längeren Zeitraum verstärken, was dazu führe, dass man, um einen "Normalzustand" wiederherzustellen, auch deutlich längere Zeit brauche, sagt Will. "Bei Kindern und Jugendlichen, die nur einen begrenzten Zeitraum für ihre Entwicklung haben, wird das zu einem Spiel auf Zeit."

Das erhöhe den Druck auf das Jugendamt, schnell zu handeln. Aber das Jugendamt könne dies nur bedingt, wenn andere Hilfesysteme überlastet seien, es zu wenig Therapieplätze oder Plätze in Wohngruppen gebe.

Ein großes Problem: Fehlende Kinderärzte vor Ort

Und es gibt auch ganz grundlegende Probleme. In Neunkirchen gibt es immer weniger Kinderarztpraxen. Das führe dazu, dass viele Eltern überhaupt keine Möglichkeit für die kinderärztliche Untersuchung hätten, es sei denn, sie haben die Möglichkeit, nach Homburg, St. Wendel oder Saarbrücken zu fahren, so Will. "Und allein das ist für unsere Familien schon eine organisatorische Mammutaufgabe."

Jugendämter müssen breiter unterstützen

Für das Jugendamt heißt das: Es muss die Familien viel breiter unterstützen als früher. Elisa Klauck begleitet Familien heute zum Arzt, morgen ist sie am Familiengericht, am nächsten Tag unterstützt sie eine Familie ganz einfach dabei, ihren Haushalt zu organisieren – als Hilfe zur Selbsthilfe.

Und dann geht es auch noch um Gewalt

Und dann sind da natürlich noch die ganz schweren Fälle. "Es gibt viele Situationen, darauf kann einen ein Studium gar nicht vorbereiten", sagt Klauck. Wenn es um Gewalt geht, um sexuellen Missbrauch – oder um emotionalen Missbrauch.

Wenn Kinder beispielsweise erniedrigt werden, oder wenn sie Geheimnisse, wie etwa finanzielle Sorgen oder häusliche Gewalt zwischen den Eltern, für sich behalten müssen. Ein Bereich, der Elisa Klauck besonders nahe geht und wo es oft schwer ist, zu helfen, denn es sei nicht greifbar, sagt sie. Körperliche Gewalt könne man oftmals sehen, emotionale Gewalt nicht.


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