Ein Schüler meldet sich im Unterricht (Foto: picture alliance / dpa | Daniel Bockwoldt)

"Der Staat kann nicht alles leisten"

Landrat Lauer plädiert für mehr Eigenverantwortung

Interview: Dorothee Scharner/Onlinefassung: Dagmar Scherer   18.07.2023 | 12:15 Uhr

Der Saarlouiser Landrat Patrik Lauer hat am Rande des Landkreistages am 17. Juli eine grundsätzliche Debatte angestoßen: Die Bürger sollten wieder mehr Eigenverantwortung übernehmen und nicht immer mehr Aufgaben beim Staat sehen. Die öffentliche Hand könne das nämlich gar nicht leisten - weder finanziell noch personell.

Der Saarlouiser Landrat Patrik Lauer beklagt, dass bei Bürgerinnen und Bürgern immer mehr ein Anspruchs- und Forderungsdenken herrsche. Und das sei ein generelles Problem in unserer Gesellschaft, sagt er. Viele würden inzwischen glauben, dass der Staat alles für sie regeln kann und soll.

Erziehung beispielsweise sei aber nicht die Aufgabe von Schule oder Kita, sondern die der Eltern, und "es ist oftmals sehr schwer, die Eltern auf ihre Verantwortung für die Entwicklung ihres Kindes hinzuweisen", so Lauer. Da gebe es mancherorts sehr kontroverse Diskussionen mit den Eltern.

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Landrat Lauer: "Der Staat kann nicht alles leisten"
Audio [SR 3, Moderation: Dorothee Scharner, 18.07.2023, Länge: 04:42 Min.]
Landrat Lauer: "Der Staat kann nicht alles leisten"

Es geht nur mit Prioritätensetzung

Es gehe nicht darum, dass die öffentliche Hand sich nicht ihren Aufgaben stellen wolle. Es sei schlicht und einfach nicht alles leistbar - weder finanziell noch von Personalseite her. Und dabei gehe es auch um die Frage, ob letztendlich alles kostenlos sein müsse, oder ob man auch eine Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger an den Kosten erwarten dürfe.

Beispiel Tablets an den Schulen. "Die Geräte müssen refinanziert werden, denn diese Tablets werden in vier bis fünf Jahren nicht mehr up to date sein, und dann muss die nächste Generation für viele Millionen Euro angeschafft werden", sagt Lauer. Für ihn sei wichtig, dass zumindest eine Diskussion darüber möglich sein sollte, ob Eltern sich dann im moderaten Umfang an den Kosten für die digitale Bildung ihrer Kinder beteiligen.

Es müsse eine Prioritätensetzung geben, also was die öffentliche Hand leisten müsse und was nicht, und die sollte dann auch offen kommuniziert werde. "Wenn wir allen alles geben wollen, dann wird es nicht funktionieren."

Im Bezug auf die Unterstützung von Kindern und Entlastung von Familien wäre es für ihn eine Alternative, auf die monitäre Kindergrundsicherung zu verzichten "und dafür alles für Kinder frei zu machen." So könnte seiner Auffassung nach eine echte Bildungsgerechtigkeit entstehen.

"Die kriegen alles, wir kriegen nix"

Zu dem Versorgungsdenken gehören für Lauer auch Resentiments gegenüber Geflüchteten - "Die kriegen alles, wir kriegen nix." Die Menschen wüssten oftmals aber gar nicht, wie die konkrete Situation der Geflüchteten sei. Wie sie gefördert würden, aber auch, was der Staat von ihnen fordere.

Lauer plädiert dafür, dass auch darüber mehr in der Öffentlickeit gesprochen werden sollte. So könnte man zumindest dem "Stammtischgespräch" ein wenig entgegen wirken. Seiner Auffassung sind es in aller Regel nämlich "Menschen, die aus großer Not geflohen sind, und mit deren Situation man nicht unbedingt tauschen möchte", sagt er.

Ein Thema in der "Region am Mittag" am 18.07.2023 auf SR 3 Saarlandwelle


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