Working poor: Arm trotz Arbeit

Viele Menschen im Saarland sind trotz Arbeit arm

Reporterin: Lisa Christl / Onlinefassung: Andree Werner   16.04.2024 | 09:20 Uhr

Laut EU-Definition ist man arm, wenn man weniger als 60 Prozent des Durchschnittseinkommens der Bevölkerung hat. Und das kann auch Menschen treffen, die arbeiten gehen. Dabei gibt es im Saarland besonders viele Betroffene.

Im Saarland sind mehr als 25 Prozent der von Armut betroffenen Menschen Arbeitnehmer. Einer von ihnen ist Heizungsbauer Andreas im Haus der Diakonie in Neunkirchen. Es fällt ihm nicht leicht, offen über seine Situation zu sprechen: "Der Beruf gefällt mir eigentlich sehr gut, allerdings ist es so, dass die Entlohnung recht zu wünschen übrig lässt."

Und das ist noch vorsichtig formuliert. Andreas ist alleinerziehender Vater eines sechsjährigen Sohnes und arbeitet in Vollzeit. Mit seinem Gehalt von unter 2000 Euro wird es aber oft eng. Hinzu kommt, dass er nach Stunden bezahlt wird.

Andreas muss aufstocken

Andreas ist arm trotz Arbeit (Foto: SR / Lisa Marie Christl)
Andreas ist arm trotz Arbeit

Andreas sagt, das Geld reiche zum Überleben – aber nicht zum Ansparen, um sich mal irgendwas zu gönnen. Er müsse schon schauen, dass er das Geld irgendwie zusammenhalte. Deshalb ist Andreas inzwischen sogenannter "Aufstocker". Er bezieht zusätzlich zu seinem Gehalt Leistungen wie Wohngeld und Pflegegeld für seinen Sohn.

Dieser Umstand lässt ihn zweifeln: "Es regt zum Nachdenken an, ob der Beruf weiterhin das Richtige ist. Vor allem, wenn man sich mal die Preisexplosionen überall anschaut." Aber das hieße Umschulen und eine neue Arbeit finden – keine leichte Entscheidung. Andreas beißt jedenfalls weiter die Zähne zusammen. Er will nicht, dass es seinem Sohn an etwas fehlt.

Andreas ist im Saarland kein Einzelfall: Eine alleinstehende Person gilt dann als arm, wenn sie maximal 1250 Euro zur Verfügung hat und nicht mehr am gesellschaftlichem Leben teilhaben kann. Bei Familien mit Kindern ist der Betrag höher angesetzt.

Hohe Armutsquote im Saarland

Wenn Arbeit sich nicht lohnt
Audio [SR 3, Studiogespräch: Dorothee Scharner / Lisa Christl, 16.04.2024, Länge: 02:54 Min.]
Wenn Arbeit sich nicht lohnt

Deutschlandweit liegt die Armutsquote aktuell bei 16,8 Prozent. Im Saarland liegt die Armutsquote bei 19 Prozent. Das ist eine der höchsten Quoten, die es in Deutschland gibt. Davon arbeitet gut ein Viertel in Voll- oder Teilzeil – trotzdem sind sie arm. So bliebe den meisten Betroffenen, wie auch Andreas, am Ende nur der Verzicht.


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Ein Thema in den Sendungen "Guten Morgen" und "Region" am 16.04.2024 auf SR 3 Saarlandwelle

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