Saar-Kommunen dürfen neue Schulden machen

Saar-Kommunen dürfen neue Schulden machen

Janek Böffel, Florian Mayer   29.07.2024 | 15:50 Uhr

Um die saarländischen Kommunen vor der Handlungsunfähigkeit zu bewahren, dürfen sie neue Kassenkredite aufnehmen. Insgesamt geht es um neue Schulden in Höhe von rund einer halben Milliarde Euro.

Es war eines der größten Projekte der großen Koalition aus CDU und SPD. 2019 hatte die den Saarlandpakt beschlossen. Das Ziel: Die Kommunen im Land sollten von einem Teil ihrer Altschulden befreit werden.

Video [aktueller bericht, 29.07.2024, Länge: 5:54 Min.]
Saar-Kommunen dürfen neue Schulden machen

Nach langen Verhandlungen hatten sich alle Seiten darauf geeinigt, dass das Land eine Milliarde Euro und damit rund die Hälfte der kommunalen Kassenkredite übernimmt. Die sind eigentlich als kurzfristiges Instrument in der Haushaltsführung gedacht, wurden aber von fast allen Kommunen im Land aufgrund der angespannten finanziellen Lage in so großem Umfang genutzt, dass sie sich am Ende auf zwei Milliarden Euro summiert hatten.

Kommunen in Not

Im Gegenzug für die Übernahme der Hälfte dieser Summe durch das Land mussten sich die Kommunen nicht nur verpflichten, die übrigen Kredite binnen 45 Jahren zu tilgen, sondern auch ab diesem Jahr keine neuen Kredite mehr aufzunehmen. Doch nun lockert die Landesregierung diese Vorgaben und erlaubt es den Kommunen in den kommenden vier Jahren Kassenkredite in Höhe von insgesamt bis zu 480 Millionen Euro aufzunehmen, aufgeteilt nach Einwohnerzahl.

Es bestehe eine „außergewöhnliche Notsituation“ für alle saarländischen Kommunen, erklärt Innenstaatssekretär Torsten Lang (SPD). Begründet wird diese Notsituation durch die Nachwirkungen von Corona, die Flüchtlingssituation, den Ukraine-Krieg, die Schäden durch das Pfingst-Hochwasser und die gestiegene Kreisumlage.

Durch die Erklärung der Notsituation dürfen die Kommunen nun doch mehr Geld für die laufenden Kosten ausgeben, als eigentlich da ist. Den größten Posten werden dabei vor allem die steigenden Personalkosten ausmachen, hier schätzt die Landesregierung mit rund 55 Millionen Euro Mehrkosten jährlich. Eine ähnliche Summe kommt für die steigende Kreisumlage dazu, mit der die Kommunen die Ausgaben der Landkreise finanzieren.

"Luft zum Atmen geben"

Die Landesregierung sieht in den neuen Schulden, die den Kassenkreditstand auf fast 1,4 Milliarden Euro steigen lassen, aber keine Abkehr vom Saarlandpakt. „Das ist für solche Situationen auch ausdrücklich im Gesetz vorgesehen“, erklärt Innen-Staatssekretär Torsten Lang (SPD) im SR-Interview. „Es geht darum, den Kommunen Luft zum Atmen zu geben.“ Perspektivisch gehe man davon aus, dass sich die Lage der Kommunen bessern werde.

Bis 2027 dürfen die Kommunen im Land also weiter Kassenkredite aufnehmen, obwohl das eigentlich ein Kernpunkt im Saarlandpakt war. Allerdings auch die müssen zurückgezahlt werden. Ab 2028 binnen 20 Jahren – zusätzlich zur Tilgung der bestehenden Kassenkredite. Schuldenfrei sind die Saar-Kommunen dann aber noch lange nicht. Drücken sie und ihre Eigenbetriebe zusätzlich immer noch rund fünf Milliarden Euro langfristige Schulden aus Investitionskrediten.

CDU kritisiert Problemverlagerung auf die Zukunft

Die CDU-Fraktion im Landtag äußerte sich besorgt über die Aufweichung der Regeln. Das sei keine Entlastung, die Probleme würden lediglich auf die Zukunft verschoben, kritisierte die kommunalpolitische Sprecherin Anja Wagner-Scheid. „Die SPD sollte sich darauf konzentrieren, echte Lösungen zu finden, die den Kommunen helfen, finanziell wieder auf die Beine zu kommen, anstatt sie in eine immer größere Schuldenfalle zu treiben“, so Wagner-Scheid.

Sie bemängelte auch, dass die Altschuldenproblematik der hochverschuldeten Kommunen auf Bundesebene nach wie vor nicht ernsthaft angegangen werde.

Über dieses Thema hat auch die SR info Rundschau im Radio am 29.07.2024 berichtet.


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