Leere Sitze auf der Regierungsbank und dem Platz der Bundestagspräsidentin im Bundestag. (Foto: IMAGO / Achille Abboud)

Wieder kein Saarländer im Bundeskabinett?

Christian Leistenschneider   10.04.2025 | 19:29 Uhr

Nach der Einigung von Union und SPD auf einen Koalitionsvertrag im Bund werden auch Personalfragen akut. Anders als zu früheren Zeiten war das Saarland in der vergangenen Legislaturperiode in Regierungskreisen nur spärlich vertreten. Könnte sich das beim neuen Kabinett wieder ändern?

Wenn es um Verteilungsfragen von Bund und Ländern geht, kommt häufig der Königsteiner Schlüssel zum Einsatz. Er wird etwa bei Finanzierungsthemen oder bei der Verteilung von Asylsuchenden angewendet.

Würden Ministerämter im Bund nach dem Königsteiner Schlüssel verteilt, hätte das Saarland nur in jeder fünften Legislaturperiode das Anrecht auf eine Ressortspitze.

Um so ungewöhnlicher war es, dass das kleine Bundesland zum Ende der letzten schwarz-roten Koalition gleich drei Bundesministerien gleichzeitig besetzte. In der darauffolgenden Ampelkoalition sah das schon ganz anders aus. In der ersten Reihe fand sich kein einziger Saarländer, nur Oliver Luksic als Parlamentarischer Staatssekretär agierte im direkten Umkreis der Regierung.

Saar-Parteien zurückhaltend

Bringt die Neuauflage von Schwarz-Rot im Bund auch ein Wiedererstarken des saarländischen Anteils? Die Saar-Parteien geben sich zurückhaltend. Auf die Frage, ob sie bei der Regierungsbildung auf eine stärkere Repräsentation des Saarlandes drängen würden, antworten CDU und SPD im Saarland unisono: An erster Stelle stehen Inhalte, Personelles sei nachgeordnet.

Das mag legitim sein, zur Wahrheit gehört aber auch: Personell ist das Saarland für mögliche Führungsrollen im Bund schlecht aufgestellt.

Das bringt der Koalitionsvertrag dem Saarland
Audio [SR 3, Moderation: Simin Sadeghi / im Gespräch: Aaron Klein, SR-Landespolitikredaktion, 10.04.2025, Länge: 04:04 Min.]
Das bringt der Koalitionsvertrag dem Saarland

Rehlinger will nicht nach Berlin, Toscani will in die Staatskanzlei

Die stärkste Position hätte sicherlich Ministerpräsidentin und SPD-Landeschefin Anke Rehlinger. Als Anführerin einer Alleinregierung hat sie einen starken Stand in der Partei, sie gehörte der kleinen Spitzenrunde an, die den Koalitionsvertrag final aushandelte. Rehlinger hat indes nach ihrem Nein zur Bewerbung um den Bundesvorsitz der SPD auch einem Wechsel ins Kabinett bereits eine Absage erteilt.

Ihr CDU-Pendant Stephan Toscani war zwar bei den Koalitionsverhandlungen Teil der Arbeitsgruppe zur Wirtschaftspolitik. Bundespolitisch hat er aber kaum Gewicht und sich zudem bereits als Herausforderer für den Kampf um den saarländischen Ministerpräsidentenposten in Stellung gebracht.

Wer hätte Potenzial?

Eine vielversprechende Kandidatin wäre hingegen die zweite Vertreterin der Saar-CDU in den Arbeitsgruppen, Nadine Schön. Als ehemalige stellvertretende Vorsitzende ihrer Fraktion und Digitalexpertin hätte sie gute Voraussetzungen, etwa im Digitalministerium, das die CDU besetzen soll, eine Führungsrolle zu übernehmen. Schön hatte allerdings auf eine erneute Kandidatur für den Bundestag verzichtet.

Einen Namen auf Bundesebene hat sich auch Esra Limbacher gemacht. Und anders als Schön ist er auch Mitglied des neuen Bundestags. Allerdings fällt das Ressort für sein Spezialgebiet, Wirtschaft, in die Hände der CDU. Möglich wäre, dass der Volljurist eine hervorgehobene Position im von der SPD geführten Justizressort übernimmt.

Ähnlich jung und trotzdem ähnlich etabliert wie Limbacher ist seine Parteikollegin Josephine Ortleb. Die Wahlkreissiegerin aus Saarbrücken ist allerdings bereits als Bundestagsvizepräsidentin gesetzt.

Die beiden neuen saarländischen CDU-Bundestagsabgeordneten Roland Theis und Philip Hoffmann dürften hingegen bundespolitisch zu unerfahren sein, um in Regierungskreisen eine Rolle zu spielen.

Was macht von Weizsäcker?

Neben all diesen gibt es noch einen Mann aus dem Saarland, dem man in Berlin wohl den roten Teppich ausrollen würde: Jakob von Weizsäcker (SPD). Der saarländische Finanzminister, bei den Verhandlungen Teil der Arbeitsgruppe Finanzen, war bereits unter Olaf Scholz in dessen Zeit als Finanzminister Leiter der Grundsatzabteilung im Bundesfinanzministerium, inoffizieller Titel: „Chefökonom“. Außerdem gilt er als einer der Architekten des riesigen Finanz- und Schuldenpakets, das eine entscheidende Grundlage für die Zusammenarbeit der neuen Koalition bilden soll.

Einzelne Medien hatten bereits das Szenario entworfen, dass der SPD-Bundesvorsitzende Lars Klingbeil das Finanzministerium aus strategischen Gründen übernimmt, und sich von Weizsäcker als fachliche Unterstützung zur Seite stellt.

Auf entsprechende Spekulationen hingewiesen, ließ von Weizäcker ausrichten, dass er sich nicht an Personalspekulation beteilige, er sich aber „im Saarland sehr wohlfühlt“. Explizit ausgeschlossen hat er einen Wechsel nach Berlin auf die entsprechende Frage allerdings nicht.

Über dieses Thema hat auch die SR 3-Sendung "Region am Mittag" am 10.04.2025 berichtet.


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