Dehoga Saar gegen Scholz‘ Mindestlohn-Pläne

Dehoga Saar gegen Scholz’ Mindestlohn-Pläne

  14.05.2024 | 18:52 Uhr

Geht es nach dem Willen von Bundeskanzler Scholz, soll der Mindestlohn von der Politik in zwei Schritten von derzeit 12,41 Euro auf 15 Euro angehoben werden. Der Hotel- und Gaststättenverband im Saarland erteilt dem eine klare Absage und warnt vor einem weiteren Betriebssterben.

Bundeskanzler Olaf Scholz hat sich für eine deutliche Erhöhung des Mindestlohns ausgesprochen. „Ich bin klar dafür, den Mindestlohn erst auf 14 Euro, dann im nächsten Schritt auf 15 Euro anzuheben“, sagte er dem Magazin „Stern“. Gleichzeitig kritisierte er die Mindestlohnkommission, die sich nur auf eine Erhöhung von 12,41 auf 12,82 Euro geeinigt hatte – nach Arbeitgeberwillen. Die Gewerkschaftsvertreter hatten 13,50 Euro gefordert.

Gastgewerbe schon jetzt unter enormem Druck

Frank Hohrath, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes (Dehoga) im Saarland, hält von den Plänen des Bundeskanzlers „wenig bis gar nichts“. Es habe seinerzeit bei der Erhöhung auf zwölf Euro durch den Gesetzgeber schon einmal einen Tabubruch gegeben, sagte Horath im SR-Interview.

Es sei die Frage, so Hohrath weiter, ob sich Hotel- und Restaurantbesucher eine solche Erhöhung noch leisten könnten. „Wir sehen ja jetzt schon das Gastgewerbe, vor allem die Gastronomie durch die Rückkehr zu 19 Prozent Mehrwertsteuer unter enormem Kostendruck steht. Dabei ist der Spagat, den man zwischen dem eigenen Kostendruck als Unternehmer, als Betrieb hat und der Leistungsfähigkeit der Gäste im Moment enorm.“

Weniger Restaurant- und Hotelbesuche

Das Verhalten der Gäste ändere sich derzeit, so der Landeschef des Branchenverbandes. „Es wird weniger ausgegangen, es wird weniger ausgegeben beim Restaurantbesuch.“ Eine solche Mindestlohn-Erhöhung würde im Gastgewerbe, wo die Personalkosten einen sehr hohen Anteil haben, wieder zu deutlichen Preissteigerungen für die Gäste führen.

Nach den Pandemie-Jahren drohe damit dem Gastgewerbe ein weiteres Betriebssterben. „Wir haben zwischen 2019 und 2021 über 800 Betriebe verloren, das ist ein Viertel des saarländischen Gastgewerbes“, so Hohrath im SR-Interview. „In der Tat ist es im Moment brandgefährlich, hier weitere Preissteigerungen außerhalb der Tarifverhandlungen zu führen.“

Die Tarifparteien, so Hohrath, fänden in der Regel eine Lösung, die beide Interessen berücksichtigt. „Bei einer politischen Lösung, unabhängig von der Betrachtung der Branche, würde ich im Moment sagen, dass das Gastgewerbe hier weitere Opfer bringen muss.“

Hohrath: Höherer Mindestlohn kein Anreiz

Dass ein auf 15 Euro erhöhter Mindestlohn den akuten Personalmangel in Hotels und Gaststätten beheben würde, glaubt Hohrath „nicht oder nur bedingt“. Man wisse, dass die Lohnhöhe nicht der einzige Faktor für den Personalmangel ist. „Außerdem reden wir von Fachkräften. Da sind wir sowieso jenseits des Mindestlohns.“

Das Gastgewerbe habe in puncto Fachkräftemangel mit vielen Problemen zu kämpfen, die nicht hauptsächlich auf Löhne zurückzuführen seien. Im Gastgewerbe gehe es auch um die Frage nach Arbeitszeitgestaltung und Attraktivität des Jobs. Außerdem könne ein Unternehmer auch jetzt schon freiwillig höhere Löhne zahlen.

Bubel sieht Überbietungswettbewerb der Politik

Auch von der Vereinigung der Saarländischen Unternehmensverbände (VSU) kommt heftige Kritik. Der Mindestlohn dürfe nicht zum Spielball der Politik werden. „Die außerordentliche Anhebung auf zwölf Euro nach der letzten Bundestagswahl an der Mindestlohn-Kommission vorbei war ein Bruch der gegebenen Zusagen“, teilte VSU-Präsident Oswald Bubel mit.

Dass Scholz nun moniere, die Kommission habe mit der Tradition gebrochen, einstimmig zu entscheiden, sei hanebüchen, so Bubel. „Ein Mindestlohn, der zu einem Überbietungswettbewerb der Politik verkommt, ist die ökonomisch schlechteste Lösung für unser Land.“ Es gehe dann nicht mehr darum, eine Lohnuntergrenze zu finden, die den Beschäftigten einen Lebensunterhalt garantiere. „Der Mindestlohn mutiert dann zum Wahlkampfschlager, der bei jeder Wahl neu aufgerufen wird.“

Unterstützung von der Saar-SPD

Unterstützung erhält Scholz' Vorschlag hingegen von seinen SPD-Parteikollegen aus dem Saarland. Ministerpräsidentin Anke Rehlinger sagte, dass die Mindestlohnkommission zuletzt nicht mehr funktioniert habe, da die Arbeitgeberseite "nur eine Mini-Erhöhung durchgedrückt" habe. "Mindestens 14 Euro im nächsten Schritt wie vom Bundeskanzler vorgeschlagen wären richtig und sind von der Saar-SPD auf ihrem Landesparteitag bereits im November beschlossen worden", sagte Rehlinger.

Der SPD-Fraktionsvorsitzende im Landtag, Ulrich Commerçon, verwies darauf, dass uch bei gestiegenen Lebenshaltungskosten und einer Energiekrise alle Menschen in der Lage sein müssten, ihre grundlegenden Bedürfnisse mit ihrem Einkommen decken zu können.

Über dieses Thema hat auch die SR 3 Region am Mittag vom 14.05.2024 berichtet


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