Wie Saar-Kommunen bei der Digitalisierung aufholen wollen
Das Saarland will digitales Vorreiterland sein. Doch viele Saar-Kommunen hinken beim digitalen Angebot hinterher. Gemeinden wie Bexbach müssen darum Geld und Personal mobilisieren. Wadgassen zeigt, wie es gehen könnte.
Im Bexbacher Rathaus hat Robin Klier einen Termin mit Bürgermeister Christian Prech (CDU). Der Mitarbeiter im EDV-Service bringt aber keine guten Nachrichten: Das Wlan ist ausgefallen. Ein Sinnbild für den Zustand der Digitalisierung in Bexbach.
Lange wurde das Thema stiefmütterlich behandelt, jetzt muss und will die Stadt aufholen. Dazu braucht sie vor allem zwei Dinge, die aber beide knapp sind: Geld und Personal.
"Jede Kommune versucht, Fördergelder beim Bund und beim Land abzugreifen", erklärt Bürgermeister Prech. "Allerdings ist es immer so, dass wir einen gewissen Eigenanteil zur Verfügung stellen müssen aus dem städtischen Haushalt, und das ist auch nicht immer so einfach." Auch das nötige Personal zu bekommen sei schwierig.
Der Wille ist da, der Rückstand aber auch
2022 nahm die Stadt bereits als eine von vier saarländischen Kommunen am Modellprojekt Digitale Kommunen teil. Es winkten Geld und Know-How für die IT. Doch kurz nach dem Startschuss wechselte die Landesregierung, danach wollte laut Prech niemand mehr etwas von dem Projekt wissen.
Der Wille der Gemeinde ist also da, der technische Rückstand aber auch. Wenn Prech googeln will, muss er sein Tablet nutzen. Beim PC fehlt es an der nötigen Sicherheit, nur wenige Seiten können überhaupt geöffnet werden.
Papier statt Online-Zugang
Nicht nur die Mitarbeiter im Rathaus, auch die Bürger spüren, dass Bexbach hinterherhinkt. Manuela Feld braucht einen neuen Führerschein – und dafür muss sie persönlich vorbeikommen. Denn in Bexbach liegt noch keine Verwaltungsdienstleistung online vor, stattdessen ist das Papier noch allgegenwärtig. Dabei sollten diese Leistungen eigentlich längst digitalisiert sein.
Laut Onlinezugangsgesetz OZG müssen die Kommunen 575 Dienstleistungen online zur Verfügung stellen. Spitzenreiter Bayern kommt inzwischen auf 245. Im Saarland sind es 155 – das ist der vorletzte Platz.
Was das Land tut
Für die Digitalisierung im Land ist das Wirtschafts- und Digitalministerium zuständig. Die Geschicke leitet Staatssekretärin Elena Yorgova-Ramanauskas. Im Saarland verfolge man einen ganzheitlichen Ansatz, um alle Kommunen gleichzeitig mitzunehmen. Die nötigen Strukturen habe man nun aufgebaut, sagt sie: "Es geht darum, diese zu implementieren. Das heißt, wir beschäftigen uns dann nicht mehr nur mit Strukturen, sondern der Umsetzung von konkreten Projekten."
Auf einen festen Zeitpunkt, bis wann das abgeschlossen sein soll, will sie sich allerdings nicht festlegen. "Das kann auch übrigens kein Land sagen. Auch, wenn man den Eindruck hat, dass bei einigen Bundesländern der Fortschritt ein anderer ist als bei uns im Saarland."
Im Sommer hat das Land einen Rahmenvertrag mit der Beratungsfirma Pricewaterhouse Coopers abgeschlossen, bei der die Staatssekretärin jahrelang selbst arbeitete. Von der Expertise sollen Kommunen profitieren. Allerdings müssten sich die Gemeinden auf diese Beratung bewerben, sagt der Zweckverband ego Saar, der auf kommunaler Ebene zuständig ist. Er fordert landeseigene Digitallotsen für die Gemeinden – wie es sie in anderen Bundesländern schon gibt.
Positiv-Beispiel "Smartgassen"
Auch ohne Digitallotsen steht man in Wadgassen besser da als in anderen Kommunen. Viele Dienstleistungen können über Whatsapp angefragt und abgewickelt werden, etwa die Ausstellung einer Geburtsurkunde. Die Mitarbeiterin im Haupt- und Personalamt, Annemarie Kaas, kümmert sich um die Anfragen und verschickt Links, über die die Urkunden beantragt werden können.
Dass es in Wadgassen voran geht, daran hat hat Bürgermeister Sebastian Greiber (SPD) großen Anteil. Als er 2014 sein Amt antrat, gab es keinen Computer in seinem Büro. Heute erfassen sie in der Gemeinde digital Bevölkerungsentwicklungen und gelten als Vorreiter in der Digitalisierung.
"Man muss vor allen Dingen auch die Mitarbeitenden im Haus darauf vorbereiten, sie mitnehmen, sie schulen. Gerade, wenn sie schon Jahrzehnte in der Verwaltung sind", erläutert Greiber sein Erfolgsrezept. Dabei müssten viele Arbeitsprozesse verändert werden. "Das ist natürlich ein Riesenprojekt. Das haben wir mit unserem Change-Projekt, was wir über drei Jahre jetzt schon am Laufen haben, intensiv gemacht."
Die Digitalisierungsstrategie, hier Smartgassen, genannt, geht aber noch weiter. In Zukunft sollen Co-Living-Spaces entstehen. Also Büroflächen in der Nähe zu Bildungseinrichtungen, um Beruf und Familie besser miteinander zu vereinen.
Über dieses Thema hat auch die SR 3-Sendung "Region am Nachmittag" am 28.11.2023 berichtet.
Zum Projekt Kommune 66
Eins eint alle Kommunen im Saarland: Die Postleitzahl beginnt mit 66. Aber auch darüber hinaus gibt es viele Gemeinsamkeiten. Egal ob Kirkel, Oberthal oder Dillingen, Kommunen und Kreise müssen umsetzen, was in Brüssel, Berlin oder der Landeshauptstadt Saarbrücken entschieden wird. Bestellt wird oben, bezahlt werden muss oft unten – trotz klammer kommunaler Kassen.
In einer monatlichen Serie werden Reporterinnen und Reporter des SR in diesem Jahr noch genauer hinschauen, wo die Kommunen politisch der Schuh drückt.