Wie Saar-Kommunen um Baufläche ringen
Der Landesentwicklungsplan gibt vor, wo und wie im Saarland gebaut werden darf. Eine geplante Neuauflage soll vor allem den Flächenverbrauch eindämmen. Was das für saarländische Kommunen bedeutet, zeigt das Beispiel Merzig.
Blumen schmücken die Innenstadt. Restaurants und Bars laden zum Verweilen ein. Gleichzeitig ist Merzig für viele aus einem ganz anderen Grund attraktiv: die Nähe zu Luxemburg. Wegen der hohen Zahl an Grenzpendlern sind in der Gemeinde Baugrundstücke begehrt. Die Nachfrage übersteigt das Angebot.
Die Stadt würde gerne mehr Wohnraum anbieten können, erklärt Marcus Hoffeld (CDU), der Oberbürgermeister von Merzig. Dazu arbeite man mit dem Bestehenden: "Zum Einen wollen wir eine innerörtliche Verdichtung hinbekommen. Wir wollen also Baulücken schließen, das ist unser primäres Ziel."
Doch bei der hohen Nachfrage könnte es sein, dass das nicht ausreicht. Deswegen sei es für die Stadt wichtig, auch neue Baugebiete ausweisen zu können, sagt der Oberbürgermeister.
Aufwendiges Verfahren
Wo das möglich ist, das regelt der Landesentwicklungsplan. Der ist allerdings in die Jahre gekommen und trägt den Herausforderungen der Zeit keine Rechnung mehr. Darum sollte er schon lange überarbeitet werden, die Reform ließ aber auf sich warten.
Mitte August legte Innen- und Bauminister Reinhold Jost (SPD) schließlich einen Entwurf vor. Im Oktober soll eine externe Anhörung von Kammern und Verbänden stattfinden, Ende des Jahres soll der überarbeitete Entwicklungsplan stehen.
Neuerschließungen von Baugebieten, wie sie Merzig wünscht, waren unter dem alten Plan kaum noch möglich. Einfach wird es jedoch auch in Zukunft nicht, sollte der vorgelegte Entwurf beschlossen werden:
"Es gibt dort ein sehr aufwendiges Verfahren, so scheint es auf den ersten Blick, wie man dann zu den Entscheidungen kommen kann", sagt Stefan Spaniol, Geschäftsführer des Saarländischen Städte- und Gemeindetags (SSGT). "Es ist notwendig, dass die Gemeinden Bedarfsanalysen anstellen, Konzeptionen anstellen müssen und neue Gutachten erarbeiten müssen, auch Konzeptionen zum Beispiel zur Frage, wo kann noch Wohnraum entstehen."
Der Entwurf sieht vor, so wenig wie möglich neue Flächen zu erschließen. Falls doch irgendwo neu gebaut werden muss, soll an anderer Stelle entsiegelt werden.
Auch klassische Einfamilienhäuser sollen künftig seltener gebaut werden. Der Trend geht hin zu kleineren Wohnungen, unter anderem in sanierten Bestandsbauten. Schwerpunktmäßig sollen sich die Wohnungen an zentralen Orten befinden, idealerweise umgeben von bereits bestehender Infrastruktur.
Probleme auch im gewerblichen Bereich
Aber auch mit bereits vorhandener Infrastruktur gab es unter dem alten Landesentwicklungsplan (LEP) Probleme, vor allem im gewerblichen Bereich, wie das Beispiel Merzig zeigt. Dort steht am Stadtrand, auf einem riesigen zubetonierten Platz, ein marodes Gebäude. In dem war früher mal ein Kaufland untergebracht. Wenn jetzt ein Investor den Supermarkt wiederbeleben wollte, wäre das nicht möglich.
Denn der alte Landesentwicklungsplan hat an dieser Stelle keinen Einzelhandel zugelassen, sondern nur eine gewerbliche oder industrielle Nutzung. Und das entgegen der realen Verhältnisse, ärgert sich Bürgermeister Hoffeld: "Faktisch, und so war es in der Vergangenheit, wurde dies immer als Einzelhandelsgebiet gewertet und auch genutzt. Von daher ist es für uns auch jetzt wichtig, dass zukünftig im LEP dieser Bereich als Einzelhandelsbereich uns auch gegeben wird, sodass wir dann darüber hinaus alles weitere planen können.
Kommunen wollen kritisch prüfen
In den nächsten Wochen und Monaten will die Stadt Merzig den mehr als 150 seitigen Entwurf des Landesentwicklungsplans genau unter die Lupe nehmen. Ebenso wie die anderen saarländischen Städte und Gemeinden. Denn laut SSGT-Geschäftsführer Spaniol sind noch viele Fragen offen. Ob die Landesregierung die Reform wie geplant bis Ende des Jahres abschließen kann, wird auch davon abhängen, wie viel die Kommunen an dem Entwurf zu beanstanden haben.
Über dieses Thema haben auch die SR-Hörfunknachrichten am 25.08.2023 berichtet.
Zum Projekt Kommune 66
Eins eint alle Kommunen im Saarland: Die Postleitzahl beginnt mit 66. Aber auch darüber hinaus gibt es viele Gemeinsamkeiten. Egal ob Kirkel, Oberthal oder Dillingen, Kommunen und Kreise müssen umsetzen, was in Brüssel, Berlin oder der Landeshauptstadt Saarbrücken entschieden wird. Bestellt wird oben, bezahlt werden muss oft unten – trotz klammer kommunaler Kassen.
In einer monatlichen Serie werden Reporterinnen und Reporter des SR in diesem Jahr noch genauer hinschauen, wo die Kommunen politisch der Schuh drückt.