Beschließt die nächste Kommune den Austritt aus eGo Saar?
Der für die Digitalisierung der Saar-Kommunen zuständige Zweckverband eGo Saar gerät weiter unter Druck. Mittlerweile haben vier Städte und Gemeinden den Austritt aus dem Bündnis beschlossen. Eine fünfte Kommune könnte am Mittwoch folgen. Der eGo will das Gespräch suchen.
Tritt die Gemeinde Weiskirchen aus dem Zweckverband eGo Saar aus? Mit dieser Frage befasst sich am Mittwochabend der Gemeinderat von Weiskirchen. Der Hauptausschuss hat sich vergangenen Donnerstag auf Antrag der Verwaltung schon für einen Austritt ausgesprochen.
Der neue Bürgermeister Stephan Barth (parteilos) betont, er selbst habe zwar noch wenige Erfahrungen mit dem eGo. Im Rathaus gebe es aber schon länger Unmut mit den Leistungen des Verbands. Die Botschaft: Der eGo „sollte die Leistungen, die er anbieten kann, auch tatsächlich bei den Kommunen vor Ort betreuen“, so Barth.
„Digitalisierung light“ in Rathäusern
Das Kernproblem: Eigentlich sollten alle Behörden-Angelegenheiten in Deutschland schon längst online funktionieren. Doch für einen neuen Führerschein, Personalausweis oder einen Antrag auf Wohngeld muss man vielerorts doch noch ins Rathaus.
Es ist eher eine „Digitalisierung light“. Bürgerinnen und Bürger können Formulare zwar teils auf der Gemeinde-Homepage herunterladen, müssen diese dann aber oft noch mit dem Stift ausfüllen und dann wieder hochladen oder sogar per Post verschicken.
Und die saarländischen Kommunen stehen bei der Digitalisierung besonders schlecht da. Laut Bundesinnenministerium sind sie bei der Umsetzung der digitalen Bürgerdienste bundesweites Schlusslicht.
Kleine Kommunen überfordert
Kleine Gemeinden wie Weiskirchen schaffen es nicht, die Bürgerdienste selbst zu organisieren, das betont auch Bürgermeister Barth. Genau deswegen soll der Zweckverband eGo Saar eigentlich dabei helfen. Und das nicht umsonst: Weiskirchen zahlt derzeit rund 24.000 Euro Umlage pro Jahr an den Verband.
Bisher sind noch alle 64 Kommunen, Kreise und kommunalen Verbände im Saarland Mitglied in dem Zweckverband. Doch es gibt seit Jahren Kritik, nicht nur von Weiskirchen. Der eGo arbeite zu träge und unterstütze die Kommunen nicht genug, gerade bei komplizierten Themen wie digitalen Aktensystemen, Datenschutzangelegenheiten oder eben der Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes, also der digitalen Bürgerdienste.
Zahl der Aussteiger wächst
Mittlerweile haben daher vier Städte und Gemeinden den Austritt aus dem Zweckverband beschlossen. Den Anfang machte im Juni Heusweiler, im Oktober folgte Eppelborn, zuletzt Wadern und Losheim. Weiskirchen könnte die nächste Gemeinde sein, die die Kündigung beschließt.
Alle Kommunen sehen den Austritt als „Gelbe Karte“ für den Verband, damit er auf die Kritik auch reagiere. Denn wirksam würde die Kündigung erst zum Ende des Jahres 2026. Und wenn sich bis dahin die Situation verbessere, so hört man aus den Rathäusern, könnten die Kündigungen auch wieder zurückgenommen werden.
Kritik an Austritten
Die Austritte sind in der Runde der Bürgermeisterinnen und Bürgermeister im Saarland umstritten. Der Wallerfanger Rathausschef Horst Trenz (SPD) betont, die Kritik am eGo sei zwar berechtigt. Gerade die Öffentlichkeitsarbeit sei oft schlecht gewesen.
Man müsse aber trotzdem bei der Digitalisierung weiter zusammenarbeiten. Austritte wären „ein jeder kocht sein eigenes Süppchen. Und das verzögert das Ganze“, so Trenz. Teurer würde es so am Ende auch, davon ist er überzeugt.
"Das Tempo des Fortschritts nimmt rasant zu"
Auch der saarländische Städte- und Gemeindetag (SSGT) hat sich hinter den Zweckverband gestellt. SSGT-Geschäftsführer Frank Matheis teilte dem SR mit, das Tempo des Fortschritts nehme rasant zu.
Die Kommunen könnten ihre komplexe IT selbst oder durch Dienstleister nicht günstiger managen als über den eGo Saar. Die Frage, ob der Verband eine Zukunft habe, stelle sich daher nicht. Er sei neu strukturiert und professionell neu aufgestellt worden. Beim elektronischen Zugang zu Verwaltungsleistungen hake es bundesweit.
Ego will mit Abweichlern reden
Beim eGo selbst zeigt man sich ein Stück weit zerknirscht, aber auch überrascht. Denn nicht alle Gemeinden hätten ihren Austritt mitgeteilt.
Der stellvertretende Verbandsvorsitzende, der Tholeyer Bürgermeister Andreas Maldener (CDU), verweist zudem darauf, dass der eGo vor zwei Jahren eine Umstrukturierung begonnen habe. Seitdem seien die Abläufe schneller geworden, gerade auf Kreisebene sei schon viel umgesetzt vom Onlinezugangsgesetz. „Und jetzt folgt eben der zweite Schritt, nämlich die Übertragung auf die Gemeinden“, so Maldener.
Er kündigte an, dass der Verband mit den Abweichlern reden wolle, „um zu sehen, wo sind Lösungen?". Und: "Um bestenfalls auch die davon zu überzeugen, Verbandsmitglied bei uns zu bleiben.“ Denn es sei nach wie vor sinnvoll, dass die Digitalisierung im Saarland aus einer Hand komme.
Bessere Kommunikation nötig
Damit die Zusammenarbeit in Zukunft besser läuft, dafür müsste auch die Kommunikation zwischen dem Verband und den Kommunen besser werden. Das räumt auch der stellvertretende eGo-Verbandsvorsitzende Maldener ein. Künftig sollten Probleme in den Verbandsversammlungen genauer besprochen werden.
Auf der anderen Seite müssten die „Austrittskommunen“ auch dem eGo noch konkreter mitteilen, was genau sie eigentlich wollen, und wie das erreicht werden könnte.
Über dieses Thema hat auch die SR info Sendung "Region am Mittag" am 03.12.2024 berichtet.