Fertig produzierte Autos auf dem Gelände des Ford-Werks in Saarlouis (Archivbild vom 22.06.2022) (Foto: IMAGO / BeckerBredel)

Kfz-Verband sieht Saarland weiter als Autoland

Mit Informationen von Stephan Deppen   22.06.2024 | 14:48 Uhr

Auf dem Ford-Gelände in Saarlouis sollen bald Pharma-Produkte hergestellt werden. Für den Chef des Saarländischen Kfz-Verbandes bleibt das Saarland trotzdem ein Autoland. Die wirtschaftlichen Entwicklungen der vergangenen Jahre sieht er teils positiv, teils skeptisch – und spart nicht mit Kritik an Landespolitik und IG Metall.

Der Saarländische Kfz-Verband vertritt Händler und Werkstätten, er ist wichtiger Partner für die Aus- und Weiterbildung in der Branche. Und für den Geschäftsführer des Verbandes, Niklas Burmester, ist eine Sache klar: Das Saarland bleibt Autoland – zumindest in einer Hinsicht.

Burmester: „Wir sind hier nicht in Berlin-Mitte“

„Das Saarland ist Autoland schon deswegen, weil die Menschen ihr Auto brauchen“, sagt Burmester. „Wir sind hier nicht in Berlin-Mitte. Hier ist das Auto Teil des Lebens und wird auch Teil des Lebens bleiben.“

Probleme nennt Niklas Burmester Herausforderungen. Vor denen stehe auch seine Branche. Doch der Werkstatt- und Servicebereich sei stabil. Autoverkäufe liefen derzeit mal wieder vor allem über den Preis. Mit den vorgehaltenen und auch nachgefragten Weiterbildungsangeboten sei die Branche aber gut aufgestellt.

Wirtschaftsstruktur im Saarland muss funktionieren

Was die Industriekultur angehe, so Burmester, werde es Veränderungen geben. „Da bleibt die Entwicklung spannend.“ Allerdings hofft er, dass die große wirtschaftliche Bedeutung der Automobilbranche für das Land auch in Zukunft besteht.

Die geplante Neuansiedlung des Pharma-Unternehmens Vetter auf dem Ford-Gelände in Saarlouis sieht Burmester positiv. „Wichtig ist ja, dass die Wirtschaftsstruktur im Saarland funktioniert. Und da ist es möglicherweise nicht ganz so entscheidend, ob es eine Autoindustrie oder Pharmaindustrie ist.“

Burmester: IG Metall verkennt Interessen von Investoren

Sehr viel kritischer sieht der Chef des Kfz-Verbands den Weg hin zu dieser Ford-Nachfolge. „Da habe ich Phänomene hier gesehen, die ich eher nicht als einen Standortvorteil begriffen habe.“

Konkret meint Burmester damit die Rolle der IG Metall. „An vorderste Stelle zu stellen, dass das Niveau, das Entgeltniveau, das sonstige Niveau von Ford, zwingend beibehalten werden muss und man ansonsten als Arbeitnehmerschaft eine Ansiedlung nicht positiv begleiten werde, ist, glaube ich, eine Verkennung von Interessen von Investoren.“ Es gehe bei der Diskussion nicht um weniger Wohlstand.

„An SVolt glauben nicht mehr alle“

Und was ist mit den angekündigten und derzeit sich schleppend entwickelnden Neuansiedlungen von SVolt in Überherrn und Wolfspeed in Ensdorf? „Das ist ein Blick in eine mehr oder minder trübe Glaskugel“, meint Burmester. „Ich würde mal in meiner Wahrnehmung, die aber überhaupt für gar nichts zwingend ist, sagen: Bei Wolfspeed bin ich ganz zuversichtlich, dass es kommt. An SVolt glauben nicht mehr alle.“

Kritik an vorheriger Landesregierung

Mit Blick auf den Batteriehersteller macht Burmester nachträglich der vorherigen Landesregierung von CDU und SPD schwere Vorwürfe. „Wir haben eigentlich ja das Ansiedlungsversprechen gehabt von SVolt. Und im Nachgang dieses Ansiedlungsversprechens ploppte ja ein ungeklärtes Thema nach dem anderen auf.“

Die Landesregierung unter dem damaligen Ministerpräsidenten Tobias Hans (CDU) sei nach der Ankündigung öffentlich nicht mehr wahrnehmbar gewesen. Sie habe die weiteren Entscheidungen an die Kommunalpolitiker delegiert, so Burmester. „Das fand ich schon echt schwierig, denn die haben sich ja einem Druck in ihren Kommunalparlamenten ausgesetzt gefühlt, die jede Lust an Kommunalpolitik fallen lässt.“

Mehr Geschwindigkeit und Verlässlichkeit

Neuansiedlungen sind das eine – die Pflege bestehender Unternehmen das andere. Hier muss nach Ansicht von Verbandschef Burmester mehr passieren: Bürokratieabbau, Geschwindigkeit und Verlässlichkeit von Verwaltungshandeln. „Das Saarland hat viele strukturelle Probleme, die gelöst werden auf einer persönlichen Ebene. Aber es kann nicht derjenige gewinnen, der den besten Kontakt zu einzelnen Politikern hat, sondern wir müssen unsere strukturellen Probleme lösen. Und das verschieben wir jetzt inzwischen seit Jahrzehnten. Das ist kein Standortvorteil.“

Über dieses Thema hat auch die SR 3 Region am Mittag vom 22.06.2024 berichtet.


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