Berater der Arbeitskammer sprechen mit Arbeitern beim Glasfaserausbau (Foto: SR)

Arbeitskammer will mit Aktion Ausbeutung im Saarland verhindern

Daniel Novickij   13.06.2024 | 08:30 Uhr

Die "Beratungsstelle "Wanderarbeit und mobile Beschäftigte" der Arbeitskammer des Saarlandes ist derzeit auf Tour, um ausländische Arbeiter auf Glasfaser-Baustellen im Saarland über ihre Rechte zu informieren. Dort kommt es offenbar immer wieder zur Ausbeutung, wie eine SR-Recherche kürzlich zeigte.

Mitarbeiter der Beratungsstelle "Wanderarbeit und mobile Beschäftigte" von der Arbeitskammer des Saarlandes sind aktuell in einem schwarzen Kleinbus quer durchs Saarland unterwegs. Es ist eine Aktion, um Ausbeutung zu bekämpfen.

Sie fahren Baustellen an, an denen Glasfaserkabel verlegt werden. Dort sprechen sie in neongelben oder orangenen Jacken mit dem Aufdruck "Arbeitskammer des Saarlandes" gekleidet ausländische Bauarbeiter an, um sie mit Flyern über ihre Rechte in Deutschland zu informieren.

Denn es scheint im Glasfaserausbau immer wieder Fälle von Ausbeutung zu geben. Eine SR-Recherche zeigte, dass offenbar mehrere Bauarbeiter, unter anderem im Saarland, offenbar wiederholt von Subunternehmen nicht bezahlt wurden.

Fremdsprachige Beratungsangebote für die Arbeiter

"Wir wollen die Bauarbeiter über ihre Arbeitsrechte, über Arbeitssicherheit und Arbeitszeiten informieren", sagt Egbert Ulrich, Leiter der Beratungsstelle "Wanderarbeit und mobile Beschäftigte" bei der saarländischen Arbeitskammer. Zudem werden den Bauarbeitern Beratungen angeboten, falls sie Probleme mit ihrem Arbeitgeber haben sollten.

Oft sprechen die Bauarbeiter kein Deutsch. Daher seien Mitarbeiter dabei, die etwa Bulgarisch, Rumänisch, Russisch, Serbokroatisch oder Arabisch sprechen, so Ulrich. Sie können die Bauarbeiter jeweils in ihrer Muttersprache arbeitsrechtlich beraten.

Ulrich: Bauarbeiter kennen oft ihre Arbeitgeber nicht

"Die meisten der ausländischen Bauarbeiter im Glasfaserausbau wissen nicht, für wen sie arbeiten", betont Ulrich. Sie wissen auch nicht, an welcher Stelle ihr Arbeitgeber in der Subunternehmerkette steht. Zudem sei ihnen oft nicht bekannt, welche Rechte sie in Deutschland haben. "Das Problem ist, wenn man über seine Rechte nicht Bescheid weiß, dann ist man der Ausbeutung ausgeliefert", sagt Ulrich. Die beschuldigten Firmen seien anschließend auch kaum zur Verantwortung zu ziehen.

 (Foto: SR)
Bauarbeiter im Glasfaserausbau lesen einen Flyer der Arbeitskammer des Saarlandes, in dem sie über ihre Rechte informiert werden.

"Wir haben bereits Arbeitnehmer vertreten, die im Glasfaserausbau gearbeitet haben, deren Arbeitgeber von einem Tag auf den anderen plötzlich weg waren", so Ulrich. Dabei standen etwa noch Lohnzahlungen aus. Die Arbeiter wollten dann gegen die Chefs dieser Firmen klagen, wüssten aber oft nicht, wohin sie ihre Klage schicken sollen.

Ulrich habe die Erfahrung gemacht, dass wenn Unternehmen in einer Kette von mehreren Firmen organisiert sind, dass es dann zu mutmaßlichen Fällen von Ausbeutung kommen kann. Die Organisation sei komplex und für die Arbeiter meist nicht nachzuvollziehen. "Die Menschen kommen aus anderen Ländern und sprechen unsere Sprache nicht, wie sollen sie dann herausfinden, wer ihr tatsächlicher Arbeitgeber ist?", so Ulrich.

Auch das Land fordert mehr Transparenz im Glasfaserausbau

Die fehlende Transparenz im Glasfaserausbau ist auch der saarländischen Landesregierung ein Dorn im Auge. Saar-Arbeitsminister Magnus Jung (SPD) hat bereits angekündigt, demnächst mit dem auftraggebenden Unternehmen "Deutsche Glasfaser" darüber zu sprechen.

Demnach fordert er von der Deutschen Glasfaser, dass künftig im Glasfaserausbau mehr Transparenz geschaffen wird und Subunternehmerketten leichter nachzuvollziehen sind. Zudem wollen die Bundesländer laut Jung mit der Bundesregierung beraten, wie solche Missstände künftig im Glasfaserausbau verhindert werden können.

Über dieses Thema haben auch die SR-Hörfunknachrichten am 13.06.2024 berichtet.


Mehr zum Glasfaserausbau im Saarland

SR deckt gravierende Missstände auf
Glasfaserausbau: Arbeiter-Ausbeutung mit System?
Mehrere ausländische Bauarbeiter, die Glasfaser verlegt haben, haben offenbar wiederholt keinen Lohn erhalten. Eine SR-Recherche hat Fälle aus dem Saarland, Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg dokumentiert. Die beschuldigten Firmen müssen sich zurzeit mehrfach vor Gericht verantworten.

Mutmaßliche Ausbeutung im Glasfaserausbau
Jung will Deutsche Glasfaser stärker in die Pflicht nehmen
Der saarländische Arbeitsminister Jung fordert mehr Transparenz und bessere Nachverfolgbarkeit im Glasfaserausbau im Saarland. Er bezeichnete es als "Skandal", dass Menschen im Glasfaserausbau offenbar ausgebeutet wurden. Eine SR-Recherche deckte solche Missstände auf. Jung will mit dem Unternehmen "Deutsche Glasfaser" das Gespräch suchen.

Zugeschanzte Aufträge
Erste personelle Konsequenzen nach Korruptionsvorwürfen in Namborn?
Die mutmaßliche Korruptionsaffäre im Bauamt des Namborner Rathaus führt voraussichtlich zu ersten personellen Konsequenzen. In Fragen des Dienstrechts lässt sich die Gemeinde dabei vom Kommunalen Arbeitgeberverband beraten. Im Zentrum stehen offenbar Unregelmäßigkeiten beim Glasfaserausbau.
Einige Fragen bleiben ungeklärt
Viele Bauschäden wegen Glasfaserausbau in der Gemeinde Namborn
Schlaglöcher, lose Pflastersteine und orangene Leerrohre, die aus der Erde ragen – so sieht es vielerorts in der Gemeinde Namborn aus. Dort sind nicht nur Straßen kaputt, sondern auch nur vereinzelt Haushalte an das Glasfasernetz angeschlossen. Das sorgt für Unmut.
Verbraucherzentrale gibt Tipps
Glasfaserausbau im Saarland: Die Menschen sind verunsichert
Der Glasfaserausbau im Saarland schreitet voran, macht aber ebenso viele Probleme. Das bemerkt auch die Verbraucherzentrale im Saarland. Viele Menschen seien inzwischen verunsichert und wollten aus ihren Verträgen raus.
Nach SR-Recherchen
Glaserfaserausbau: Wurden Menschen im Saarland ausgebeutet?
Dumpinglöhne, lange Arbeitszeiten und fehlende Ausrüstung: Nach SR-Recherchen sollen ausländische Bauarbeiter beim Glasfaserausbau im Saarland ausgebeutet worden sein. Am Beispiel Namborn werden die Missstände deutlich.

Artikel mit anderen teilen


Push-Nachrichten von SR.de
Benachrichtungen können jederzeit in den Browser Einstellungen deaktiviert werden.

Datenschutz Nein Ja