Finanzministerium will mit Beamten-Regelbuch Skandale im Saarland verhindern
Wie umgehe ich als Superreicher Steuern? Das zeigte eine hohe Beamtin des Bundesfinanzministeriums nebenberuflich. Um solche Nebentätigkeiten bei Beamten im Saarland zu verhindern, will das saarländische Finanzministerium einen Verhaltenskodex für seine Mitarbeiter herausgeben.
Das saarländische Finanzministerium plant einen Verhaltenskodex für die Ausübung von Nebentätigkeiten durch Bedienstete der Finanzverwaltung. Anlass dafür ist der Fall einer hohen Beamtin aus dem Bundesfinanzministerium. Die Ministerialrätin hatte auf einer Veranstaltung Steuervermeidungstipps für Superreiche gegeben und ihnen Unterstützung zugesagt. Darüber hatte im Dezember das ZDF berichtet.
Vergleichbare Fälle hat es nach Auskunft des Finanzministeriums und der Steuerberaterkammer im Saarland nicht gegeben. Zwar würden auch im Saarland Beamte des gehobenen und höheren Dienstes gelegentlich Vorträge etwa zur "Steuerverwaltung im Saarland" halten. Diese hätten aber keinen steuerberatenden Charakter.
Neues Regelbuch für Finanzbeamte im Saarland
Mit dem im Entwurf vorliegenden Kodex sollen die Beschäftigen laut Ministerium für die Thematik von Nebentätigkeiten und ihrer Vereinbarkeit mit dienstlichen Belangen weiter sensibilisiert werden.
Ein Vertreter der Steuerberaterkammer erklärte, die gesetzlichen Regelungen etwa des saarländischen Beamtengesetzes reichten eigentlich aus. Der geplante Verhaltenskodex sei eher als politisches Signal zu verstehen.
Bund der Steuerzahler fordert mehr Transparenz
Der Bund der Steuerzahler zeigte sich demgegenüber überrascht, dass das Ministerium erst jetzt einen solchen Verhaltenskodex plane. Der Landesvorsitzende Christoph Walter sagte dem SR, beim Thema Nebentätigkeit brauche es ein Höchstmaß an Transparenz.
So sollten beispielsweise Redemanuskripte von Vorträgen und Seminarunterlagen kontrolliert werden. Zwar seien auch ihm keine vergleichbaren Fälle wie der im Bundesfinanzministerium bekannt, aber auch im Saarland komme es immer wieder vor, dass Bedienstete der Finanzverwaltung gegen Bezahlung nebenher Steuererklärungen verfassten.
14 Fälle von mutmaßlicher Steuerhinterziehung bei Finanzbeamten
Dies sei nicht nur "unerlaubte Hilfeleistung in Steuerangelegenheiten", sondern in der Regel auch Steuerhinterziehung, da die erzielten Nebeneinnahmen von den Bediensteten nicht deklariert und versteuert würden. Das Finanzministerium bestätigte solche Vergehen.
Derzeit seien 14 solcher Fälle aktenkundig. Die Strafverfolgungsbehörden hätten in vier Fällen Sanktionen verhängt, vier Verfahren seien eingestellt worden, in den restlichen sechs Verfahren seien die Ermittlungen noch nicht abgeschlossen. Auf welchen Zeitraum sich die 14 Fälle beziehen, konnte das Ministerium zunächst nicht mitteilen.
Jeder achte Finanzbeamte hat einen Nebenjob
Von den knapp 1900 Bediensteten der Finanzverwaltung (Ministerium, Finanzämter, Landesamt für Zentrale Dienste) hat aktuell fast jeder achte (220) eine Nebentätigkeit angezeigt. Dabei darf es nicht zu einer Interessenkollision mit der eigentlichen dienstlichen Tätigkeit kommen.
Die gemeldeten Nebentätigkeiten der Bediensteten hätten sich unter anderem auf Serviceleistungen in der Gastronomie und in der Reisebranche oder auf Übungsleitertätigkeiten im Sport bezogen. Laut Beamtengesetz darf die jeweilige Nebentätigkeit ein Fünftel der regulären Wochenarbeitszeit nicht übersteigen.
Verstöße gegen diese 20-Prozent-Regelung hat es laut Ministerium im zuletzt geprüften Jahr 2022 nicht gegeben. Gegen die Referatsleiterin aus dem Bundesfinanzministerium läuft wegen ihrer Steuertipps für Superreiche unterdessen ein Disziplinarverfahren.
Über dieses Thema berichten auch die SR-Hörfunknachrichten am 16.01.2024.