Trinkgeldtaste in der Gastronomie: bequem oder manipulativ?
Um das Thema Trinkgeld bei Kartenzahlung zu vereinfachen, nutzen einige Lokale im Saarland schon die Funktion der "Trinkgeldtaste". Dem Kunden wird auf dem Lesegerät ein automatischer Vorschlag zur Höhe gemacht. Die Gewerkschaft NGG und der Dehoga stehen dem skeptisch gegenüber. Kunden könnten sich unter Druck gesetzt fühlen.
Man sitzt gemütlich im Restaurant und es geht ans Bezahlen. Schon stellt sich die Frage nach dem Trinkgeld. Wenn der Service gut war, geben die meisten Gäste gerne Trinkgeld. Wer bar zahlt, rundet meist auf. Doch weil immer mehr Gäste mit Karte zahlen, ist das Thema Trinkgeld komplizierter geworden.
Elektronisches Trinkgeld "intransparenter"
"Zunächst einmal können sich Gäste bei elektronischer Zahlung nicht sicher sein, ob das Geld auch wirklich bei der Servicekraft, die sie bedient hat, ankommt", sagt Tobias Wolfanger, Geschäftsführer der Gewerkschaft Nahrung Genuss Gaststätten (NGG) Saar im Gespräch mit dem SR.
"Uns sind auch aus dem Saarland Fälle bekannt, in denen der Chef das Geld, das per Kartenzahlung gegeben wird, einkassiert", so Wolfanger. In manchen Betrieben sei es auch Praxis, dass das gesamte Trinkgeld in einen gemeinsamen Topf geht, aus dem dann alle Mitarbeiter ihren Anteil erhalten.
Für den Kunden sei es aber "erstmal völlig intransparent". Er rät deshalb dazu, aktiv die Servicekraft zu fragen, ob das Trinkgeld auch direkt bei ihr ankommt.
Trinkgeldtaste macht Vorschläge zur Höhe
Inzwischen stoßen Kunden in Deutschland auch immer häufiger bei der Kartenzahlung auf Terminals mit einer "Trinkgeldtaste". Auf dem Kartenlesegerät erscheinen Vorschläge zu einer möglichen Trinkgeldhöhe, etwa fünf, sieben oder zehn Prozent.
Der Kunde kann auswählen, wie viel er geben möchte. Alternativ kann er die Option "kein Trinkgeld" wählen. Auch im Saarland werden diese Geräte schon in Betrieben eingesetzt.
Skepsis bei Dehoga und NGG
Sowohl die Gewerkschaft NGG als auch der Hotel- und Gaststättenverband Dehoga stehen dieser Praxis skeptisch gegenüber.
Dehoga-Geschäftsführer Frank Hohrath sagte dem SR: "Das ist schon ein bisschen sensibel, wenn da bestimmte Vorschläge voreingestellt sind, etwa sieben Prozent oder zehn Prozent. Da stellt sich schon die Frage: Dränge ich jetzt den Gast zu sehr?"
Tobias Wolfanger von der Gewerkschaft NGG vermutet sogar, die Gäste könnten sich dadurch eher zurückhalten: "Die Terminals mit Trinkgeldvorschlag halte ich persönlich für kontraproduktiv. Man fühlt sich gezwungen und gibt dadurch vielleicht insgesamt weniger Geld, als wenn es freiwillig ist."
Bargeld ist am einfachsten
"Trinkgeld bleibt eine freiwillige Leistung", stellt Hohrath klar. "Es kommt für die Beschäftigten on top. Man kann das nicht mit den USA vergleichen, dort ist das Trinkgeld Teil der Entlohnung." In den USA sind die Terminals mit Trinkgeldtaste weit verbreitet.
Aus steuerlichen Gründen sei es für deutsche Betriebe wichtig, dass das Trinkgeld eins zu eins an die Beschäftigten weitergegeben werde. Das sei bei elektronischen Zahlungen organisatorisch etwas komplizierter als bei Bargeld.
Auch Tobias Wolfanger findet: "Am sichersten für die Beschäftigten ist es tatsächlich, man gibt das Trinkgeld in bar, selbst wenn ich mit der Karte bezahle."