Pflegeassistenzsystem VIVAIcare (Foto: SR)

Senioren sollen länger zuhause leben können - dank neuem Assistenzsystem

mit Informationen von Maximilian Friedrich   27.02.2024 | 19:42 Uhr

Im Alter sind viele Menschen auf Hilfe angewiesen. Technische Hilfsmittel ermöglichen, dass Betroffene dennoch möglichst lange selbstständig leben können. Ein neues Assistenzsystem wird nun auch von den Pflegekassen übernommen.

Möglichst lange eigenständig zuhause leben können: Viele Menschen wünschen sich das fürs Alter. Technische Hilfsmittel wie etwa der Hausnotruf sind dabei bereits häufiger im Einsatz - 2022 waren etwa 12.852 Menschen im Saarland über ein solches Gerät an die Integrierte Leitstelle angeschlossen.

Video [aktueller bericht, 27.02.2024, Länge: 2:39 Min.]
Assistenzsysteme sollen Senioren unterstützen

Darüber hinaus gibt es zahlreiche weitere digitale Helfer, die Seniorinnen und Senioren den Alltag erleichtern können. Dazu gehören etwa ein Tablettenspender mit Erinnerungsfunktion oder Abschaltautomatiken für Herde und andere Elektrogeräte. Einen Überblick finden Interessierte auf der Website der Verbraucherzentrale.

Ein neues, digitales Assistenzsystem ist auch "VIVAIcare". Die Pflegekassen übernehmen dafür die Kosten ab Pflegestufe eins.

Assistenzsystem sammelt Daten mit Geräten und Sensoren

Die Steuerzentrale des Assistenzsystems, "Vivi" genannt, ähnelt optisch einem Tablet. Die Zentrale ist mit verschiedenen Geräten und Sensoren in der Wohnung verknüpft: Hier laufen alle Daten zusammen.

So kann das System etwa durch Bewegungsmelder erkennen, wenn die betroffene Person in der Wohnung gestürzt ist und nachfragen, ob Hilfe gerufen werden soll. Dabei können die Kunden laut der Produktwebsite selbst festlegen, welche Kontaktpersonen oder Dienste im Ernstfall benachrichtigt werden sollen.

Hier sieht Janine Poth-Schwindling, Geschäftsführerin des Pflegestützpunkts des Regionalverbands, noch eine kleine Schwachstelle: "Was bei dem System noch nicht ausgereift ist, ist dass keine Rettungsleitstelle angerufen wird. Das heißt, ich bin darauf angewiesen, dass ich pflegende Angehörige habe, die erreichbar sind."

Hier seien die bereits etablierten Notfallknöpfe im Vorteil. Diese können direkt die Rettungsleitstelle alarmieren, wenn sie keinen Angehörigen telefonisch erreicht haben.

Ersatz für Pflegeheim?

Ziel des neuen Pflegesysstems sei es, dass die Menschen autonom alt werden können, sagt der Vorstandsvorsitzende von VIVAIcare, Thomas Horster-Möller. "Dass sie nicht in ein Pflegeheim müssen, wo sie nur noch versorgt werden, sondern dass sie zu Hause die Sicherheit haben, die sie möglicherweise in einem Pflegeheim hätten", so Horster-Möller.

Das Assistenzsystem kann auch Informationen über das Gewicht und den Blutdruck des Verbrauchers sammeln. Diese Daten können dann direkt an den Hausarzt oder Verwandte weiteregegeben werden. Geplant ist außerdem, dass Vivi als Ernährungsberater oder Therapeut da ist.

Auch wenn sie selbst noch keine persönlichen Erfahrungen mit dem System gemacht hat, weist Expertin Janine Poth-Schwindling auf mögliche Einschränkungen hin. „So ein System kann sehr sinnvoll sein und Sicherheit geben. Allerdings ist es wichtig, dass Betroffene damit klarkommen“, so die Geschäftsführerin des Pflegestützpunkts des Regionalverbands. Die Person müsse mit dem Sprachassistenten klarkommen, das könne bei einer Sprach- oder Hörbehinderung gegebenenfalls eine Barriere darstellen.

Interessierte können System in Saarbrücken testen

Intelligente Systeme wie Vivi sollen künftig den kompletten Pflegesektor entlasten. Das Netzwerk für Alltagsunterstützende Assistenzsysteme (AAL) Saar sieht darin große Chancen.

Dadurch könnten viele Kosten für die gesamte Volkswirtschaft gespart werden, so Karl-Rainer Lassek vom AAL-Netzwerk Saar e.V. "Denn der Aufenthalt in Heimen, ist ja sehr sehr aufwendig und kostet die Kommunen, Landkreise und auch die Pflegekassen einen enormen Batzen Geld", sagt Lassek.

Auch für die Pflegebedürftigen selbst fallen im Pflegeheim hohe Kosten an. Zum Stichtag 1. Januar 2024 lag der durchschnittliche Eigenanteil für das erste Jahr bei 2981 Euro pro Monat. Dabei handelt es sich um Durchschnittswerte für Menschen mit einem Pflegegrad von 2 bis 5.

Interessierte können Vivi in der Musterwohnung des AAL-Netzwerks in Saarbrücken ausprobieren. Ein Termin dazu kann telefonisch oder online vereinbart werden.

Über dieses Thema hat auch der aktuelle bericht am 27.02.2024 im SR Fernsehen berichtet.


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