So holen Immobilienfonds die höchste Rendite heraus
Große Investoren haben vor allem ein Ziel: Rendite für ihre Fondsanleger zu erzielen. Auf dem Immobilienmarkt nutzen sie dafür verschiedenste Mittel, um ihre Gewinne zu maximieren.
Kredite mit hohen Zinsen innerhalb des Firmennetzwerks
Oftmals sind scheinbar kleine Immobilienunternehmen Teil eines großen Firmennetzwerkes, wie der Fall der „Residential Value West 1“ in Ottweiler zeigt: Mieteinnahmen sind aus Deutschland über Luxemburg bis auf die Britischen Jungferninseln geflossen. Der eigentliche Eigentümer, ein Investmentfonds, konnte die Gewinne dort fast steuerfrei einstreichen. Hinter dem Investmentfonds steht unter anderem eine schottische Adelsfamilie, der Gordon-Clan. Aus Sicht des deutschen Steuerzahlers ist dieses Vorgehen ungerecht, aber steuerrechtlich ist es legal.
So funktioniert der Steuertrick: Die einzelnen Unternehmen des Netzwerks geben sich untereinander Kredite. Die Zinsen für diese Kredite werden sehr hoch angesetzt – in unserem Fall mehr als acht Prozent. Die Residential Value West 1 zahlt dadurch eine sehr hohe Kreditrate an ihr Luxemburger Mutterunternehmen. So viel, dass sie in Deutschland keine Gewinne mehr macht, die sie versteuern muss.
In Luxemburg setzt sich dieses Spielchen fort: Die Einnahmen durch die Kreditzahlungen werden nur zu einem Bruchteil versteuert. Denn schließlich zahlt ja das Luxemburger Unternehmen der nächsthöheren Firma im Netzwerk selbst eine hohe Kreditrate. Das wird so lange fortgeführt, bis der Gewinn auf den Britischen Jungferninseln landet. Dort werden dann gar keine Steuern auf Gewinne oder Einkommen erhoben.
Letztendlich zahlte das Firmennetzwerk für die Mietgewinne also fast keine Steuern – mehr Rendite geht nicht. Für „reguläre“ Vermieter ist das äußerst unfair, denn wer solche Tricks nicht nutzt, muss in Deutschland im Schnitt rund 30 Prozent Steuern auf seine Mietgewinne zahlen.
Die Bundesregierung könnte diese Ungerechtigkeit selbst beheben. Einige EU-Nachbarländer machen es vor, wie etwa Frankreich: Dort dürfen die Zinsen bei Krediten das Marktniveau (derzeit 1,27 Prozent) um höchstens 0,5 Prozent überschreiten. Zinssätze, die darüber liegen, müssen von der Firma begründet werden – sonst dürfen sie nicht von den Mietgewinnen abgezogen werden.
„Dänemark macht es ähnlich“, sagt Christoph Trautvetter vom „Netzwerk Steuergerechtigkeit“: „Die verlangen eine Quellensteuer auf alle Mieteinnahmen, die aus Dänemark herausfließen. Deutschland könnte also selbst einseitig sagen: Bevor diese Mieteinnahmen, bevor diese Zinszahlungen Deutschland verlassen, kümmern wir uns darum, dass sie in Deutschland ordentlich besteuert werden.“
In Dänemark sind das aktuell zehn Prozent der gezahlten Kreditrate im Firmennetzwerk. Im Fall der Residential Value West 1 würde das eine recht hohe Summe bedeuten – vermutlich deutlich mehr, als regulär an Steuern auf Mieteinnahmen fällig wären. Eine solche Quellensteuer würde das Verschieben von Gewinnen in Steuerparadiese also unattraktiv oder sogar unmöglich machen.
Share Deals – Grunderwerbsteuer umgehen
Bei Share Deals handelt es sich um eine Form des Unternehmenskaufs, die Investoren oft als Steuerschlupfloch nutzen, um die Grunderwerbsteuer zu sparen. Dabei werden Immobilien nicht direkt gekauft, sondern Anteile an der Firma, die im Besitz der Immobilien ist.
Da dieser Verkauf aber nicht als Immobilientransaktion gilt, wird unter bestimmten Umständen keine Grunderwerbsteuer fällig. Genaue Zahlen zu Share Deals gibt es nicht. Vorsichtigen Schätzungen zufolge gehen der Staatskasse durch diese Konstrukte jährlich circa eine Milliarde Euro verloren.
Dass diese unbesteuerten Immobiliengeschäfte hochgradig ungerecht sind, ist auch der Politik nicht entgangen. Seit 2016 sind Share Deals deswegen auf der Tagesordnung der Bundesregierung. Ein entsprechendes Gesetzesverfahren, das diese Steuervermeidungstaktik zumindest schwieriger gestalten soll, wurde auch bereits in die Wege geleitet.
Allerdings herrscht seit eineinhalb Jahren Stillstand – da die Union den Abschluss an ein weiteres Gesetzesverfahren koppelt, schreibt der CDU-Bundestagsabgeordnete Olav Gutting auf Anfrage von SR und Correctiv. Das Problem: Auch dort geht es nicht voran. Wann das Gesetz also wirklich kommt, bleibt nach wie vor unklar.
Schwere Erreichbarkeit für die Mieter
Immobilienfonds besitzen meistens viele Immobilien über Deutschland verteilt. Die Bewirtschaftung ihrer Mietshäuser übertragen sie daher einer oder mehreren Hausverwaltungen. Oft wird von der Hausverwaltung auch noch ein Hausmeisterservice eingesetzt, an den sich die Mieter bei Problemen zuerst wenden sollen.
Das führt dazu, dass ein Kontakt mit dem eigentlichen Vermieter so gut wie nie zustande kommt und die Kontaktaufnahme massiv erschwert wird. Das haben uns viele Mieter im Rahmen der Bürgerrecherche „Wem gehört das Saarland?“ berichtet. Hinzu kommt, dass der Hausmeisterservice und oftmals auch die Hausverwaltung nur in geringem Umfang selbst entscheiden dürfen, welche Instandsetzungsarbeiten durchgeführt werden können. Reparaturen ziehen sich deswegen hin oder werden überhaupt nicht vorgenommen.
Viele Mieter beheben daher Schäden, für die eigentlich der Vermieter aufkommen müsste, lieber selbst. De facto sparen die Fonds dadurch auch hier.
Wenige Investitionen in die Häuser
Insbesondere Mieter der Residential Value West 1 in Ottweiler berichten uns davon, dass allgemein wenig in die Häuser und Wohnungen investiert wird. Ein Geschäftsmodell, das vor allem in Großstädten wie etwa Berlin weit verbreitet ist, wie der Wirtschaftswissenschaftler Christoph Trautvetter bei einer Analyse des Berliner Wohnungsmarktes herausgefunden hat.
Dennoch steigen die Mieten für Wohnungen, insbesondere für die neu vermieteten, kontinuierlich an. Neue Mieter zahlen deutlich mehr als Bestandsmieter, obwohl an den Wohnungen wenig bis gar nichts passiert ist. Hier machen sich die Fonds die Knappheit auf dem Wohnungsmarkt zunutze. Gleichzeitig setzen sie auf Wertsteigerungen der Immobilien, um diese dann mit Gewinn weiterzuverkaufen.
Preissteigerungen durch Bodenerträge
Wenn Immobilienfonds ihre Objekte weiterverkaufen, dann meistens im Paket und mit viel Gewinn. Recherchen im Rahmen der Aktion „Wem gehört das Saarland“ von SR und Correctiv haben ergeben, dass bei einem Paketverkauf von rund 220 Wohnungen in Saarbrücken innerhalb von nur zwei Jahren der Preis um gut 40 Prozent gestiegen ist.
Voraussetzung für diese Preissteigerungen sind auch öffentliche Leistungen und Infrastruktur, die von Bund, Ländern und Kommunen bereitgestellt werden, wie etwa Straßen oder Leitungen. Sie verleihen dem Boden seinen Wert – und werden aus Steuergeldern finanziert.
„Wenn dieses Investment der öffentlichen Hand erfolgreich war, dann steigen die Bodenpreise und dann steigen die Mieten“, erklärt Dirk Löhr, Professor für Steuerlehre und Ökologische Ökonomik an der Hochschule Trier. „Dann zahlt man zweimal, und der lachende Dritte ist der Grundeigentümer. Der kann sich schlafen legen und wenn er wieder aufwacht, ist er wieder reicher geworden.“
Wenn Sie Fragen haben oder uns Informationen zukommen lassen möchten, schreiben Sie uns an: wemgehoert@sr.de
„Wem gehört das Saarland?“ ist eine Kooperation von SR und Correctiv und Teil einer Recherche-Serie für mehr Transparenz auf dem Wohnungsmarkt.