Charles Aznavour (Foto: dpa)

Er verkörperte ganz allein das Chanson: Charles Aznavour zum 100. Geburtstag

Seine Hits, Liveaufnahmen, ein Minifeature und.... und... und...

mit Gerd Heger  

Ein Weltstar, der auch in den dunkelsten Momenten immer an sich geglaubt hat, der mit den Großen und den Mächtigen der Welt verkehrte - und ein unter eiserner Disziplin immer warmherziger, aber auch gerne wütender Mensch war. Niemandem verdankt das Chanson so viel wie Charles Aznavour.

Termin: 21.05.2024 20:04 bis 21:30

Zum 90. auf der Bühne in Berlin (Foto: dpa / picture alliance / EFE / Luca Piergiovanni)
Zum 90. auf der Bühne in Berlin

Man nannte ihn Aznovoice, die kleine Goldnuschel. Und er fand, das sei ein gutes Wortspiel. Zumindest, als er längst auf der Umlaufbahn war als Weltstar, von der ihn kein Kritikerwortmehr herunterholen konnte. Am letzten Donnerstag im Dezember 1933 stand er zum ersten Mal auf einer großen Bühne, im Palais Chaillot in Paris – der neunjährige Charles, Kind einer armenischen Auswanderer-familie. Man lebte in einer Wohnung von nicht einmal 30 Quadratmetern. Dennoch hatte der alte Herr, wie er in einem Interview im Saarländischen Rundfunk offenbarte, eine wunderbare Kindheit in Erinnerung: „Liebe, Lachen, Singen, Theater, Kinoauch. Es gab russische und armenische Schauspieler […], die Auftritte organisierten meine Eltern.“

Ein Gigant. Eine Legende. Einer der größten Entertainer des 20. Jahrhunderts (und darüber hinaus). Letzter großer Chansonkünstler der klassischen Zeit. Über 60 Filme. Mehr als 1000 Chansons in vielen Sprachen, mehr als 100 Millionen verkaufte Alben, unzählige Konzerte. Superlative für den kleinen Mann mit der einstmals so großen Nase, die er sich kurz nach dem 2. Weltkrieg in Amerika operieren ließ. Auf der Bühne lieferte er sich aus, setzte „[s]ein Herz ein“. Im Leben ging er mit Kraft ans Werk, mit Wut, mit einem Antrieb, der ihn sein Leben lang nicht los ließ. Und auch wenn der Durchbruch über Jahrzehnte nicht kam, er wusste es, wie er in „Je m’voyais déjà“ sang, dass er Talent hatte. Und viel mehr. Edith Piaf hat Charles Aznavour entdeckt – ein Standardsatz aus jeder Biographie. Wahr ist: Er gehörte eine Zeitlang zum Piaf-Hofstaat. Sie sang Lieder von ihm, brachte ihn und seinen damaligen Duopartner Pierre Roche nach Amerika. Sie förderte ihn zunächst mehr als Autor, sah ihn nicht als Sänger, war dann aber doch sehr gerührt, als er endlich Erfolg hatte. Eine amouröse Freundschaft, das verband Aznavour und Piaf. Überhaupt Freundschaft– Aznavour war ein echter Freund. Liza Minelli hat einen Schlaganfall? Aznavour steht am nächsten Tag in Amerika neben ihrem Krankenbett. Sammy Davis Junior in Person war Trauzeuge der über 50 Jahre überstanden habenden Ehe Aznavours. Frankreichs Elvis Johnny Hallyday wird siebzig? Aznavour hält das Mikro mit zitternden Händen, singend mit ihm auf der Bühne. Die Liste ist endlos.

Charles Aznavour in der Saarlandhalle (Foto: Ferdi Hartung/Landesarchiv Saarland)
Charles Aznavour in der Saarlandhalle

Ruhig, sanft – eine zärtliche Landschaft: der Blick aus Aznavours Haus am Genfer See. Dort wohnte der armenische Botschafter – in der Schweiz und bei der UNO. Spätestens seit dem Erdbeben 1988 war Charles Aznavourian (so sein Geburtsname) einer der wichtigsten internationalen Repräsentanten des Heimatlandes seiner Vorfahren. So traf er Präsidenten, Könige und Potentaten – auch in der Türkei. Und kämpfte für die Anerkennung des Völkermords an den Armeniern 1915/1916. Eine Stimme im Konzert der Nationen – in diesem Fall ist das Bild wirklich berechtigt. Und das mit dieser Stimme. Arbeitstier Aznavour. Schreiben, das waren Ferien für ihn. Ausruhen? Ein Fremdwort für ihn. Immer wieder zog es ihn auf die Bühne: Noch Tage vor seinem überraschenden Tod in seinem provenzalischen Zweitwohnsitz in den Alpilles stand er in Japan auf der Bühne.Und so verstand man das Chansonwunder Aznavour nur ganz, wenn man ihn auf der Bühne gesehen hatte.

"Je me voyais déjà" (Foto: dpa/Horst Ossinger)
"Je me voyais déjà"

Einen singenden Schauspieler nannte er sich. Ein ‚cooler‘ alter Herr voller Feuer war er, ganz da, ganz nah und nie unnahbar. Für Rocker, Rapper und Slammer genau wie für die alte Pariser Dame im siebzehnten Rang, die jeden Moment ihres Lebens mit seinen Chansons verbinden konnte. Ein Magier, der mit dieser unglaublichen Stimme und seinen perfekten Liederperlen einem die Tränen in die Augen zauberte. Er verkörper tganz allein das Chanson – diese typische französische Liedform, die so viel Wert auf Poesie und Leben legt. Das Geheimnis des Erfolgs, wie er es sah: Beruf und Publikum lieben, diese paar Leute, mit denen man sich gut versteht. Und mit diesen eine echte Gemeinsamkeit aufbauen, Teil ihres Lebens werden, sie zu Komplizen machen. Charles Aznavour ist es Zeit seines langen Lebens gelungen, unser über alles und unter Tränen geliebter Chansonkomplize zu sein.

"Aznovoice" - von wegen - direkter Zugang zu den Tränendrüsen (Foto: SR)
"Aznovoice" - von wegen - direkter Zugang zu den Tränendrüsen

Zu hören sind:

Charles Aznavour und das Clayton Hamilton Jazz Orchestra, Placido Domingo, Herbert Grönemeyer, Dany Brillant & Carla Bruni, Edith Piaf, Patric Bruel, Patricia Kaas und die Enfoirés.

Zum Nachhören gibt es das RendezVous Chanson in der ARD- Audiothek!

Dienstag keine Zeit gehabt? Pas d' souci! Die Sendungen sind nachhörbar - und zwar in der ARD Audiothek bis jeweils ein Jahr nach der Ausstrahlung. Gerne weitersagen! Und stöbern!

"Ami(e)s de la Bonne Chanson!"

Eine "Mauvaise Reputation" (Brassens), das ist genau das Gegenteil dessen, was dem SR in Sachen „Frankophone Musik“ vorauseilt.

Mehr als 100.000 französischsprachige Titel findet man im Archiv des SR, nirgends in der ARD gibt es so viel frankophone Musik in allen Programmen – Grenzlage verpflichtet.

Dazu mit RendezVous Chanson Deutschlands einzige wöchentliche Sendung mit Interviews, Infos und "Textmusik" aus Frankreich, Québec, Belgien, der Schweiz und Afrika.

En Francais:

Gerd Heger, le Monsieur Chanson de la SR, acceuille ainsi ses auditeurs chaque mardi à 21h dans RendezVous Chanson, la seule émission hebdomadaire à la Radio allemande qui parle de toute la chanson francophone.

Les programmes de la SR, notamment SR kultur, sont LE tremplin radiophonique de la musique francophone en Allemagne. Elles offrent des possibilités interessantes de fidélisation et de mobilisation (disques, concerts, …), ceci dans la zone de diffusion transfrontalière (Sarre, Lorraine, Luxembourg), mais, par internet, partout dans le monde.

Rendezvous Chanson

Dienstags von 20.03 bis 21.00 Uhr
auf SR kultur - auch per Satellit und im Internet

Das klassische und das aktuelle französische (aber auch belgische, kanadische) Chanson, kurzweilig vorgestellt für ein nicht nur frankophones Publikum. Dazu Hinweise auf Chansonkonzerte in der Region und auf alles Wissenswerte aus dem Bereich des Chanson.

Redaktion: Martin Breher
Moderation: Gerd Heger

Kontakt: rendezvouschanson@sr.de

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