Wie man von Comics leben kann
Allgemeines zu Comics in Frankreich
Das mit den Comics, das ist in Frankreich was ganz Eigenes. „La Bande Dessinée“ ist da so wichtig, dass sie sogar als Neunte Kunst bezeichnet wird, als „Neuvième Art“. Nicht zu vergleichen mit Deutschland.
Wir hätten nie gedacht, dass das so ein Erfolg werden würde.
Sagte Albert Uderzo, der Vater von Asterix, bei seinem Besuch vor ein paar Jahren im Weltkulturerbe Völklinger Hütte zum Riesenerfolg des kleinen Galliers, der sich inzwischen mit jedem neuen Abenteuer millionenfach verkauft – insbesondere in Deutschland. Nach dem zweiten Weltkrieg war eine ganze Generation von Comicautoren und Comiczeichnern herangewachsen in Frankreich und Belgien – begeistert von dem, was die Amerikaner vormachten, und, wenn auch oft noch kindgerecht, doch fasziniert von Storys, Gags und schrägen Personen.
Ein Comicreporter wie Mathieu Sapin ist davon der direkte Erbe. Wie den Altvorderen wird es ihm langweilig, wenn er nur eine Sache machen muss, deswegen arbeitet er gleichzeitig an Kindercomics, an Reportagen, an Sketchserien, aber auch an Filmen.
Ein typischer französischer Comicarbeiter, dieser Sapin. Überhaupt: Jede größere Stadt hat mindestens einen Comicladen, in den Buchhandlungen und Supermärkten haben die „bandes dessinées“ große Abteilungen. Mehr als 5000 Bände erscheinen jedes Jahr – und das nimmt seit Jahren kontinuierlich zu. Comics sind Thema in den Medien, über 70 Comicmagazine gibt es am Kiosk zu kaufen, mehr als 40 Internetseiten informieren regelmäßig über Neuerscheinungen, Autoren und Entwicklungen.
Comics zeichnen – oder die Szenarios dazu schreiben (oft arbeitet man im Duo zusammen) – es ist also ein echter Beruf.
Penelope Bagieu hält die Tradition der witzigen Comics über das Leben der Frau wach – wie früher Claire Brétecher oder in Deutschland Marie Marcks. Bei der Frankfurter Buchmesse 2018 erzählte sie, wie es bei ihr anfing: indem sie nämlich JEDE Woche der Wochenzeitung Le Monde eine sechsseitige Story liefern musste: Kärrnerarbeit.
1500 Autoren und Autorinnen können von ihren Comics leben
Comicautoren wie Mathieu Sapin oder Penelope Bagieu können tatsächlich von ihrer Arbeit leben – wie fast 1500 andere in Frankreich, Belgien und der Schweiz auch, wenn man den Zahlen Glauben schenken kann. Dazu muss man ungefähr drei Bände auf dem Markt haben – und pro Jahr sollte mindestens ein weiteres veröffentlicht werden. Auch das ist, so erfährt man auch jährlich beim großen Comicfestival in Angoulême im Januar, ein Grund, warum gerade in Frankreich Comics weiterhin so beliebt sind.
Zugrunde liegt dem Ganzen aber vor allem: Die Kinder der 50er Jahre sind heute Eltern oder Großeltern. Sie haben früh gelernt, Comics zu lesen – lesen und kaufen sie heute noch. Was die Bilder angeht, so gibt es zwischen großer Malkunst und minimalistischem Gekritzel etwas für jeden Geschmack – was man auch auf den Kunsthochschulen lernen kann. Und gerade im Kulturland Frankreich haben abenteuerliche und abwechslungsreiche Stories mehr und mehr auch die Erwachsenen unterhalten und gefesselt. Denn wie sagt es schon Comiclegende Albert Uderzo über den anderen Asterixvater, René Goscinny: primitive Gags und Schenkelklopper waren vorgestern, dank Goscinny sind wir weg von der Sahnetorte ins Gesicht.
Die bisherigen Artikel von sr.de/bd
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Die wichtigsten Comicmessen in der Großregion: Festival de la BD (Colmar), Le Livre à Metz (Metz - 13.-15.4.), Villers BD (bei Nancy, 12./13.5.), Imaginales (Epinal, 24.-27.5.), Strasbulles (Strasbourg, Juni), BD et Illustration (Haut-Koenigsbourg, 7.-15.7.), Festival International de la Bande dessinée (Contern/Luxemburg, 21./22.Juli, zum 25. Mal).