Pflegesachleistungen gibt es nicht grenzüberschreitend
Auf der einen Seite der Grenze leben und auf der anderen Seite arbeiten, das ist im Saarland und in Lothringen gang und gäbe. Das ist Europa. Doch nach wie vor gibt es Probleme wegen seltsamer Verordnungen. So zum Beispiel bei Pflegesachleistungen.
Raymond ist Lothringer und hat 49 Jahre lang bei Michelin in Homburg gearbeitet. Seine Frau Rita war 30 Jahre bei der der Gewerkschaft IGBCE im Saarland tätig. Beide haben immer in die deutsche Kranken- und Pflegekasse eingezahlt und machen das als Rentner auch immer noch.
Alles funktioniert, bis auf....
Rita ist jetzt an einer aggressiven Form von Parkinson erkrankt. Ihr Mann Raymond kümmert sich um alles. Seine Frau ist derzeit an drei Tagen in der Woche in der Tagespflege. Die Pflegekasse übernimmt die Kosten. "Ich bekomme auch Pflegegeld. Das alles funktioniert. Was nicht funktioniert sind diese Sachleistungen. Wenn ich hier im Haus eine Umbaumaßnahme machen möchte, zahlt die Pflegeversicherung normalerweise einen bestimmten Anteil. Und das wird nicht gemacht", erzählt er.
Keine Pflegesachleistungen jenseits der Grenze
Rita und Raymond wohnen nur wenige hundert Meter hinter der Grenze in Großblittersdorf. Bei den Sachleistungen geht es noch nicht einmal um eine größere Sache wie beispielsweise einen Treppenlift. Raymond hat einen Handlauf die Wand entlang angebracht, damit seine Frau einigermaßen sicher laufen kann. Die Kosten dafür werden von der Kasse aber nicht übernommen. Würden sie auf der anderen Seite der Grenze leben, sähe die Sache anders aus.
Ein Fall, stellvertretend für viele
Raymond und seine Frau Rita wollen das nicht hinnehmen. "Ich habe Klage eingereicht gegen die Pflegekasse", so Raymond. Und das im Grunde nicht nur für sich und seine Frau. Es gibt zigtausend Deutsche, die seit den 70er und 80er Jahren jenseits der Grenze wohnen und zigtausend von Lothringern, die im Saarland gearbeitet haben.
Der Grund: eine EU-Verordnung
Darum ging die Nachfrage an den saarländischen Landtag, an Ministerien in Berlin, an Behörden, die Krankenkassen, Gremien hier im Grenzraum, die sich für die Pendler einsetzen. Die Antworten lauten jedoch fast alle gleich: Es gibt eine EU-Richtlinie, nach der Geldleistungen im Ausland gezahlt werden, Sachleistungen nicht.
Eine Ungleichbehandlung, findet Raymond: "Wir wollen nichts geschenkt bekommen. Wir zahlen unsere Sozialbeiträge, und dementsprechend erwarte ich auch, dass wir die Leistungen dafür bekommen."
Dabei gäbe es durchaus Möglichkeiten
Der Saarländer und Parlamentarische Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium, Oliver Luksic (FDP) verweist ebenfalls auf die EU-Verordnung 883/2004.
Andererseits gibt es ja auch den Aachener Vertrag zwischen Deutschland und Frankreich, der in Artikel 13.2. ausdrücklich das Recht vorsieht, an der Grenze zu experimentieren. Könnte da nicht eine Experimentierphase eingeleitet werden, die die Zahlungen von Sachleistungen im Grenzraum möglich macht?
Luksic hat Zweifel, dass das möglich ist, hat aber, so teilte er dem SR mit, trotzdem eine Anfrage an den wissenschaftlichen Dienst im Bundestag gestellt, um die Frage zu klären.
Ein Thema in der "Region am Nachmittag" am 27.09.2024 auf SR 3 Saarlandwelle