"Hubert Ulrich hat mit seinem Austritt der Partei einen großen Gefallen getan"

Der ewige Störenfried zieht selbst Konsequenzen

Michael Thieser   27.08.2024 | 16:10 Uhr

Über viele Jahre war Hubert Ulrich Landesvorsitzender der saarländischen Grünen. Jetzt hat er seinen Austritt zum Jahreswechsel angekündigt. In seiner Zeit führte er die Partei in den Landtag und an den Tiefpunkt ihrer politischen Existenz. Ein Kommentar von SR-Landespolitikchef Michael Thieser.

Der ehemalige grüne Landesvorsitzende geht so wie er einst gekommen ist: Schroff, ungelenk und polternd. So wie ihn das Publikum seit über 20 Jahren in Erinnerung hat.

Loszulassen und einfach so ab- beziehungsweise hinter die Kulissen zu treten ist seine Sache nicht. Normalerweise wäre es kein guter Stil, denen, die sich verabschieden, zum Abschluss noch einmal ihre Charakterschwächen und Fehltritte vorzuhalten.

Konsequenzen eines Störenfrieds

Doch Hubert Ulrich ist eine Ausnahme: Die Erleichterung bei einem großen Teil der Saar-Grünen dürfte groß zu sein. Endlich hat der ewige Störenfried von sich aus die Konsequenzen gezogen. Aus und vorbei!

Dahinter steckt vermutlich eine tiefe Kränkung des 66-Jährigen. Vor der letzten Bundestagswahl wollte es Hubert Ulrich nochmal wissen und ließ sich zum Spitzenkandidaten wählen; gleichzeitig servierte er die amtierende Vorsitzende Tina Schöpfer kaltblütig ab. Was folgte war ein Rechtsstreit, der dazu führte, dass die Grünen zur Wahl nicht zugelassen wurden. Es war der Tiefpunkt einer langen Entwicklung!

Wutausbrüche und Jähzorn

Die Hausmacht von Hubert Ulrich war zuvor stets sein Saarlouiser Ortsverband mit über 700 Mitgliedern. Entweder man war für Hubert Ulrich oder der Weg nach oben war versperrt. Unvergessen sind seine Wutausbrüche und sein Jähzorn.

Inhalte spielten oft nur eine untergeordnete Rolle. Und so ist es auch jetzt.

Vorwurf an die Ausrichtung der Partei

Die Begründung von Hubert Ulrich zu seinem Parteiaustritt klingt einigermaßen absurd. Die Grünen seien aus seiner Sicht zu weit nach links gerückt, lautet der Vorwurf, den Außenstehende nur schwer nachvollziehen können. Eher wird aktuell das Gegenteil behauptet, angesichts eines Anton Hofreiter, der auf Bundesebene zu den lautesten Befürwortern von Waffenlieferungen in die Ukraine gehört.

Hinzu kommt, dass das jetzt von Hubert Ulrich geäußerte Lob für die Agenda-Politik der früheren Schröder-Regierung ebenfalls wenig glaubwürdig ist. Die Grünen standen dieser Reform-Agenda zu früheren Zeiten immer kritisch gegenüber und auch der Ex-Landesvorsitzende an der Saar hat sich dazu entsprechend geäußert. Die Archive vergessen nichts!

Grüne Basis in Saarlouis hat sich abgewandt

Insofern verwundert es, tagesaktuell die vermeintliche Abkehr von der Agenda 2010 zum Hauptgrund für den Parteiaustritt bei den Saar-Grünen zu erklären.

Auschlaggebend dürfte stattdessen gewesen sein, dass sich inzwischen auch seine grüne Basis in Saarlouis immer stärker von ihrem einstigen Leader distanziert und sich abgewendet hat.

Politik-Stil nach eigenen Interessen

Die Zeiten haben sich geändert und die Grünen an der Saar sind dabei, die Vergangenheit endgültig hinter sich zu lassen - mit neuen, jüngeren Köpfen und einer inhaltlichen Neupositionierung, die versucht, den eigentlichen Problemen des Landes gerecht zu werden.

Der Politik-Stil eines Hubert Ulrich war hingegen immer an Machtfragen und den eigenen Interessen orientiert. Er hat die Partei 2009 erstmals in den Landtag und danach wieder in die Bedeutungslosigkeit, sprich in die außerparlamentarische Existenz geführt.

Dort ist sie bis heute und ob es bei der nächsten Landtagswahl gelingt, wieder ins Rampenlicht zurückzukehren, derzeit sieht es – angesichts des bundesweiten Trends – eher nicht danach aus.

Großer Gefallen für die Saar-Grünen

Man soll, wie es das Sprichwort sagt, denen, die die Bühne verlassen, am Schluss nicht noch Steine hinterherwerfen und es ist schade, wenn eine politische Karriere so zu Ende geht.  Deshalb hat auch Hubert Ulrich zum Abschluss eine positive Würdigung verdient. Der Landesvorsitzende Volker Morbe tat dies gestern mit dem allgemeinen Hinweis auf das Engagement des ehemaligen Landesvorsitzenden.

Aus Sicht der meisten seiner Parteifreunde lautet das Fazit jedoch kurz und knapp: Hubert Ulrich hat mit seinem Austritt aus den Saar-Grünen der Partei einen großen Gefallen getan!


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Ein Thema in der "Region am Nachmittag" am 27.08.2024 auf SR 3 Saarlandwelle

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