"Es wird Zeit, dass sich die saarländische Politik von X verabschiedet"
Ministerien und Politiker sollen die Social-Media-Plattform X verlassen. So die Forderung von Ferda Ataman, Unabhängige Bundesbeauftragte für Antidiskriminierung. Die Plattform befördere Rechtsextremismus. Ein Appell auch an die Saar-Politik, findet Florian Mayer in seinem Kommentar.
Es ist nicht der erste Versuch der Antidiskriminierungsbeauftragen des Bundes, Ferda Ataman, die Bundesregierung und ihre Ministerien davon zu überzeugen X, ehemals Twitter, endlich den Rücken zu kehren. Ich hoffe inständig, dass es nicht ihr letzter bleibt.
Selbst wenn Regierungssprecher Hebestreit ihre Mahnung mit einem so dünnen wie naiven Statement abgetan hat: Man werde bleiben. Der Schaden zu gehen, wäre größer, als zu bleiben. Man müsse dort sein, wo die Menschen nach Informationen suchen.
Eine Aussage, die nur einmal mehr zeigt, dass der Spruch von Ex-Kanzlerin Merkel aus 2013 – das Internet ist für uns alle Neuland – nun vollends zu einem schlechten Witz geworden ist. Zwölf Jahre später ist es nicht besser geworden.
Appell an die saarländische Politik
Umso wichtiger daher, dass die Kritik und der Appell Atamans nicht im Berliner Regierungsviertel endet. Auch die saarländische Politik, alle Amts- und Würdenträger täten gut daran, ihre X-Accounts zu löschen und sich an der Plattform nicht mehr zu beteiligen.
X ist kein soziales Netzwerk. Schon diese deutsche Übersetzung des Begriffs Social Network ist Unsinn und vermittelt ein falsches Bild. Das Argument, man dürfe die Plattform nicht verlassen, so wie man öffentliche Diskurse in der Gesellschaft nicht den wirren Schreihälsen und rechten Menschenfeinden überlassen darf, gilt hier nicht.
"Twitter ist tot und X eine brennende Müllkippe"
X ist spätestens seit dem Kauf der Plattform durch Elon Musk kein öffentlicher Marktplatz der Ideen und des Meinungsaustausches mehr, für dessen demokratisches Fundament wir alle gemeinsam Sorge zu tragen hätten. X ist eine abgeranzte Kneipe im hässlich braunen Hinterhof des Internets. Geführt von einem egomanischen, empathielosen Betreiber, der sich mit viel Geld – und das ist mindestens genauso schlimm – immer wieder viel Macht erkauft.
Twitter ist tot und X eine brennende Müllkippe, weil Elon Musk das so will. Wer glaubt, durch seine Anwesenheit oder gar Beteiligung an diesem Netzwerk die Fahne der Meinungsfreiheit und des Diskurses hochzuhalten, der oder die irrt gewaltig.
Keine weitere Aufwertung der Plattform
Ferda Ataman hat recht, wenn sie sagt, dass jeder anständige Politiker, jede aufrechte Demokratin, jedes Ministerium und jeder Verband diese Plattform in einer Weise aufwertet, wie sie und besonders ihr alleiniger Besitzer es in keinster Weise verdienen.
Es wird Zeit, dass sich die saarländische Politik von X verabschiedet und alle anderen Social-Media-Plattformen, in deren Geschäftsbedingungen sie sich mit wenigen Klicks hineinbegibt, genau beobachtet.
Auch Journalisten gefordert
Und, das gehört ebenfalls dazu: Diese Haltung sehe ich genauso erforderlich für unseren Berufsstand. Für uns als Journalistinnen und Journalisten im Einzelnen, wie für meinen Arbeitgeber, die ARD und andere Medienhäuser im Großen. Was nicht heißt, dass nicht weiter über den Zustand und den Einfluss von X und Musk berichtet werden soll – es muss darüber diskutiert und berichtet werden, jetzt noch viel mehr als zuvor.
Um aber Antidemokraten meinungsstark die Stirn zu bieten, muss ich nicht ein unterstützender Teil der von ihnen kontrollierten Inszenierung sein. Öffentlichkeit und gesellschaftlicher Diskurs existierten erfolgreich lange vor Twitter und bevor Elon Musk in seiner Hybris meinte, sich auch das erkaufen zu können.
Ein Thema in der Sendung "Region am Mittag" am 08.01.2025 auf SR 3 Saarlandwelle.