Einen Monat vom Bürgergeld leben
Wie fühlt es sich an?
Vier Wochen lang von 563 Euro leben. Zu dieser Fastenaktion der besonderen Art hatte die Caritas im Saarland aufgerufen: Rund 20 Teilnehmer waren dem Aufruf gefolgt und haben uns von ihren Fastenerfahrungen berichtet.
Die einen verzichten auf Süßigkeiten, Fleisch oder Alkohol, andere lassen das Auto stehen oder beschränken die Nutzung ihres Smartphones. Fastenformen gibt es viele. Gemeinsam ist ihnen, dass man sich bewusst machen will, dass es auch anders geht.
In diesem Jahr hatten die Caritas, die Katholische Erwachsenenbildung und die Kirche im Center in Neunkirchen zu einer ganz besonderen Fastenform aufgerufen: Vier Wochen lang mit dem Bürgergeldsatz auskommen, also mit gerade mal 563 Euro. Rund 20 Freiwillige hatten sich gemeldet - zwei von ihnen sind Hans und Lydia.
Warum Lydia und Hans mitmachen
Lydia ist Sozialarbeiterin bei der Caritas, Hans ist Rentner. Und beide haben sich auf das Experiment eingelassen, den Alltag vier Wochen lang mit 563 Euro zu bestreiten.
Neben der Fastenidee, also sich Gedanken über den eigenen Konsum zu machen, gehe es ihr auch darum, ein Gefühl dafür zu bekommen, was es heißt, dauerhaft mit so wenig Geld leben zu müssen, sagt Lydia. Bei Hans spielte auch die Neugierde mit. Er wolle einfach wissen, ob man mit den 563 Euro zurecht kommen könne.
Hans kennt das Sparen - aber nicht in diesem Ausmaß
Hans lebt alleine. Seine Frau ist vor anderthalb Jahren gestorben. Das Paar hatte zusammen ein gutes Auskommen. Ein Auto, eine geräumige Mietwohnung in einer Seniorenwohnanlage, Hobbies und Interessen. Das alles kostet natürlich. Für ihn allein ist es zu viel. Der 79-Jährige ist deshalb sowieso auf Sparkurs.
Mit dem Bürgergeld-Experiment setzte er jedoch noch einen drauf. Nach zwei Wochen war ihm klar: Als Bürgergeldempfänger müsste er einen noch viel strikteren Sparkurs fahren. Problematisch seien beispielsweise die ganzen Versicherungen, sagt er.
Die Lebensmittel waren nicht das Problem
Mit den Lebensmitteln konnte der gelernte Koch ganz gut haushalten. Auch Lydia empfand den Einkauf von Nahrungsmitteln nicht als großes Problem.
Viel problematischer sei für sie die politische und vor allem die soziale Teilhabe gewesen, sagt Lydia. Einfach mal ins Café gehen oder ein Bier trinken. Mit dem Auto unterwegs sein. Das war schwierig.
Das Konto war schon nach der Hälfte der Zeit leer
Sowohl Lydia als auch Hans hatten ihr „Konto“ schnell überzogen. Plötzlich waren nur noch sechs Cents übrig, erzählte Lydia. "Fiktiv haben wir dann unser zweites Auto abgemeldet. Damit hätten wir wir 70 Euro an Versicherung gespart."
Fazit
Es war eine aufregende und fordernde Zeit für alle Teilnehmer. Nicht immer einfach, aber aufschlussreich. Man sei sich jetzt mehr bewusst, was man zum Leben brauche und wie gut es einem eigentlich gehe. Lydia habe sich nach Beendigung des Experiments erstmal was gönnen wollen. Ein bißchen frisches Obst: "Da habe ich mich erschrocken, wie teuer so eine Mango eigentlich ist. Das war mir gar nicht klar".
Ein Thema in der "Region am Mittag" am 09.04.2025 auf SR 3 Saarlandwelle.