"Planlose Kulturpolitik"
"Kultur interessiert in der Politik kaum jemanden"
Man könnte ja meinen, im vergangenen Jahr war die Hölle los in der Kulturszene des Saarlandes: Unter anderem die Breitz-Affäre, der Rücktritt der Museums-Direktorin Andrea Jahn, die Ankündigung, dass Staatstheater-Chef Bodo Busse geht und eine neue Leitung für Perspectives. Turbulenzen, die ein Ausdruck der planlosen Kulturpolitik dieses Landes sind, sagt SR-Reporterin Barbara Grech.
Es war das Jahr der offenen Baustellen für die zuständige Kulturministerin Christine Streichert-Clivot. Überall musste sie Löcher stopfen und das Personalkarussell in den kulturellen Einrichtungen dieses Landes drehte sich unaufhörlich.
Hält das Personal, was es verspricht?
Nachdem das Kulturministerium die Sache erstmal in Zeitlupe angegangen hat, bei der ersten Personalbesetzung des Festivals "perspectives", kam dann mal Zug in die ganze Sache. Die Ministerin stand unter Druck nach der Breitz/Jahn-Affäre. Die Nachbesetzungen auf den ersten Blick solide. Mal sehen, ob sie das halten, was sie versprechen und ob das künftige Spitzenpersonal in den kulturellen Einrichtungen genügend "Mumm", Innovation und Durchsetzungsvermögen hat, seine Ideen und Pläne hier im Saarland umzusetzen.
Kultur interessiert niemanden in der Politik!
Denn: Kultur interessiert hier im Land keinen in der Politik. Das gilt nicht nur für die Landesregierung. Es gibt in keiner Partei nennenswerte, kompetente Kulturpolitiker. Entsprechend borniert wird hier mit den Kulturschaffenden und dem kulturellen Erbe umgegangen.
Verwahrlosung des kulturellen Erbes
Man denke nur an das Saarbrücker Finanzamt, das aus monetären Gründe schlicht abgerissen wird, obwohl Kreative und Architekten durchaus lohnenswerte Vorschläge zur Umgestaltung des Gebäudes mit deutsch-französischer Geschichte gemacht haben.
Ähnlich verhält es sich mit dem Sendergebäude Europe 1 in Überherrn. Seit Jahren dümpelt der spektakuläre Bau vor sich hin und zerbröselt. Mal sehen, ob es wie angekündigt dann doch noch mit der Renovierung des Pingusson-Gebäudes klappt. In St. Ingbert ist zwar der gordische Knoten im Fall der Baumwollspinnerei und dem dort geplanten Museum zerschlagen. Doch es entsteht dort wohl nur ein Verwaltungsgebäude mit ein bisschen Kunst innen drin und das, obwohl die Stadt über die respektable Weisgerber-Gemälde-Sammlung verfügt. Ist das Kunst, oder kann das weg? Nachhaltigkeit sieht anders aus!
Mangelhafte Förderung
Das zeigt sich auch in der Kultur- und Förderpolitik des Landes. Nehmen wir beispielsweise die kulturellen Leuchttürme, die bezeichnenderweise nicht etwa vom Kulturministerium, sondern vom Wirtschaftsministerium gefördert werden. Weil das Ganze unter Tourismusförderung läuft.
Mal abgesehen davon, dass das Bundesfestival für den jungen Film oder das K8 Institut für strategische Ästhetik wohl eher weniger für Tourismus-Ströme ins Land sorgen dürften, sind diese doch üppigen Finanzspritzen eher flüchtig für die Entwicklung der Kulturszene im Land.
Mal bekommen die Musikfestspiele 400 000 Euro, mal die Zauberflöte auf dem Saarpolygon. Doch nach dem warmen Goldregen müssen diese Kulturprojekte wieder sehen, wie sie zurecht kommen.
Ein Wandel ist fällig!
Jedes Jahr werden 1,2 Millionen Euro vom Land in die Luft geblasen für ein kleines kulturelles Feuerwerk, dass dann, wenn es im kommenden Jahr ohne Förderung planen muss, wieder zu erlöschen droht. Eine nachhaltige Kulturpolitik, die in eine dauerhafte kulturelle Infrastruktur des Landes investiert, sieht anders aus.
Nur dafür wäre Kompetenz nötig im Kulturministerium. Die ist nicht vorhanden und so werden wohl auch im nächsten Jahr, die Löcher gestopft, von der Hand in den Mund gelebt und sich die Kultur im Land schön geredet.
Es wird Zeit für einen Wandel!
Ein Thema in der "Region am Mittag" am 18.12.2024 auf SR 3 Saarlandwelle