Das Jahr, die Meinung: Grenzkontrollen

Grenzkontrollen

Lisa Huth   17.12.2024 | 12:55 Uhr

Den Sommer über gab es wegen der Europa-Meisterschaft Grenzkontrollen. Und dann hat Bundesinnenministerin Nancy Faeser eine weitere Verlängerung angekündigt - bis nächstes Frühjahr. Reißt die Grenzen wieder ein, sagt SR-Reporterin Lisa Huth.

Die Grenzschließung während der Pandemie hat zu vielen unschönen Ereignissen geführt. Autos mit französischen Kennzeichen wurden verkratzt, eingekeilt, mit beleidigenden Zetteln versehen. Von den Staus und den langen Umwegen ganz abgesehen. Viele Lothringer haben sich daraufhin zurückgezogen. Innere Emigration vom Saarland und von Europa.

Es gibt keine nennenswerten unerlaubten Einreisen

Bei den neuen Kontrollen gibt es die meiste Zeit keine Staus. Was sollte also schlimm daran sein? Laut dem Schengen-Abkommen dürfen Länder im äußersten Notfall wieder für eine Zeit lang Grenzkontrollen einführen.

Es gab laut Bundespolizei an den Grenzen zum Saarland, zu Rheinland-Pfalz, Luxemburg und Belgien maximal rund 1200 unerlaubte Einreisen in den ersten sechs Wochen. Also maximal 26 Personen pro Tag. An vier Grenzen. Dafür wird Tag für Tag die Lebenszeit Tausender Pendler verschwendet. Denn wenn sie zur Arbeit fahren, gibt es sehr wohl Staus.

Belastung für Pendler, Polizei und Wirtschaft

Der rheinland-pfälzische Innenminister Ebling sagte richtig: Hier gibt es keine nennenswerten Fluchtbewegungen. Nichts rechtfertigt eine derart umfassende Kontrolle. Die Maßnahmen belasten nur den wirtschaftlichen und kulturellen Austausch. Sprich: Es. Gibt. Keinen. Notfall. Aber andere Länder ziehen nach. Domino-Effekt.

Es gibt Politiker, die das Ende von Schengen fürchten. Luxemburg will daher Einspruch bei der EU-Kommission einreichen. 55.000 Deutsche pendeln jeden Tag dort ein, und jeden Tag gibt es Verzögerungen. Danke Deutschland!

Hunderte gut ausgebildete Bundespolizisten stehen sich nun über viele Stunden hinweg die Beine in den Bauch. Beispiel Goldene Bremm: Ein zugiges Zelt, ansonsten ist es dieser Tage, auf gut Deutsch "arschkalt".

Gibt es in Deutschland keine wichtigeren Einsätze? Nachdem an der Goldenen Bremm die Baracken abgerissen worden sind, ist da ja ein großer freier Platz entstanden. Ein Vorschlag: Baut einen Weihnachtsmarkt dort auf und verteilt an die, die im Schneckentempo vorbeifahren, eine schöne Tasse Glühwein. (Alkoholfrei natürlich.)

Offene Grenzen sind Freiheit

Was aber ist Schengen? Für die, die hier schon in den 50ern die Schlagbäume eingerissen haben war das Freiheit. Dieselbe Freiheit, die die Deutschen mit der Wiedervereinigung spürten, weil sie nun eine Nation waren. Keine Zölle, keine Kontrollen mehr.

Bei den Grenzschließungen 2020 haben wir auch hier erlebt, dass dieser Raum gar nicht mehr zu trennen ist: Familien, Bauern, die ihr Land und ihr Vieh drüben haben, Schüler, Studierende, Paare, Scheidungskinder, die ihren Vater oder Mutter nicht sehen konnten, Pendler, Unternehmen, die ihren Absatzmarkt drüben haben. Hier ist alles so verflochten!

Grenzen schwächen Europa

Im Interesse eines Donald Trump und eines Wladimir Putin ist es, Europa zu schwächen. Am besten tut man das, wenn man die Leute dazu bringt, innere und äußere Grenzen wieder hochzufahren, sich gegenseitig zu misstrauen, sich voneinander zurückzuziehen.

Hier aber brauchen die Menschen einander. Darum: Lasst Euch nicht spalten. Haltet zusammen. Reißt die Grenzen wieder ein. Denn nur so sind wir hier im Dreiländereck stark.

Ein Thema in der "Region am Mittag" am 17.12.2024 auf SR 3 Saarlandwelle


Übersicht: Das Jahr, die Meinung

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Von der Mobilität, über Kultur, Politik bis hin zu Olympia
Unsere SR 3-Reporterinnen und -Reporter schauen nochmal auf ausgewählte Themen, die 2024 im Saarland eine große Rolle gespielt haben und geben ihre ganz persönliche Einschätzung dazu.

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