Gut zu wissen: EU-Boykott amerikanischer Produkte

Wie wirksam ist der EU-Boykott amerikanischer Produkte?

Lisa Christl   19.03.2025 | 09:20 Uhr

Adidas statt Nike, Fritz-Kola statt Coca-Cola oder Arte Mediathek statt Netflix. Weltweit formiert sich der Widerstand gegen die aktuelle Politik der USA. Auch in der EU wird der Protest größer: Nutzer empfehlen europäische Alternativen zu amerikanischen Produkten. Doch wie wirksam ist der Boykott wirklich?

„BuyfromEU“

Auf der Internetplattform Reddit posten Internetnutzer schrille, bunte und lustige Inhalte im Forum „BuyfromEU“– soweit nichts Ungewöhnliches. Die Selbstbeschreibung des Forums zeigt das Ziel: „Eine Gemeinschaft, die sich der Unterstützung europäischer Waren und Dienstleistungen widmet.“

Innerhalb eines Monats ist die Community auf mittlerweile über 175.000 Mitglieder angewachsen. Dort werden Alternativen zu US-Produkten gesammelt: Persil statt Ariel, Ecosia statt Google oder Adidas statt Nike.

Antwort auf aktuelle US-Politik

Was zunächst wie eine humorvolle Aktion aussieht, hat durchaus einen ernsten Hintergrund: Die Bewegung richtet sich gegen die aktuelle US-Politik, insbesondere gegen Strafzölle und wirtschaftliche Konfrontation mit bisherigen Partnern. Ein Boykott, der sich über den gesamten Globus zu erstrecken scheint. Ausgehend von Kanada und Dänemark hat sich die Bewegung als Antwort auf die protektionistische Politik der USA formiert.

Nachdem Trump 25 Prozent Strafzölle auf kanadische Waren eingeführt hatte, haben die Kanadier beim Einkaufen ihre patriotische Ader wiederentdeckt. Umfragen zeigen, dass aktuell rund 42 Prozent der Kanadier aktiv amerikanische Produkte wie Whiskey oder Ketchup boykottieren.

Auch Einzelhändler haben auf diese Entwicklungen reagiert. Kanadische Supermärkte nehmen immer mehr US-Produkte aus dem Sortiment. In dänischen Supermärkten werden europäische Waren besonders gekennzeichnet.

Reaktionen in Deutschland

Auch in Deutschland kann sich eine Mehrheit der Verbraucher vorstellen, als Reaktion auf die Politik von Donald Trump auf amerikanische Produkte zu verzichten. Das geht aus einer aktuellen Umfrage des Forschungsinstituts Civey im Auftrag vom Handelsblatt hervor.

Demnach gaben zwei Drittel der Befragten an, Produkte von US-Herstellern „auf jeden Fall“ oder „eher“ meiden zu wollen. Nur 24 Prozent würden das „auf keinen Fall“ tun. Etwa die Hälfte gab an, bereits bewusst auf US-Produkte zu verzichten.

Kann der Boykott etwas bewirken?

Der direkte Einfluss von Verbrauchern auf die Handelsbeziehungen zwischen den USA und der EU ist begrenzt. Lebensmittelimporte aus den USA nach Deutschland spielen eine untergeordnete Rolle. Mit Ausnahme von Autos, IT-Produkten und sonstiger Computertechnik können einfache Verbraucher das Importvolumen aus den USA also oft nur indirekt beeinflussen.

Zudem werden viele US-Produkte in Europa produziert – Coca-Cola etwa betreibt 27 Standorte in Deutschland. Ein Boykott der amerikanischen Wirtschaft könnte also auch Einfluss hierzulande haben, meinen Experten. Noch stecke die Boykott-Bewegung „BuyfromEU“ aber in den Kinderschuhen.

Tesla-Boykott als direkte Kritik

Ein spürbarer Effekt zeigt sich allerdings beim Automobilhersteller Tesla. Die Neuzulassungen von Tesla-Fahrzeugen in Deutschland sind laut Kraftfahrt-Bundesamt im Februar im Vergleich zum Vorjahr um 76 Prozent eingebrochen. Dies, obwohl die Gesamtzulassungen von E-Fahrzeugen um rund 30 Prozent gestiegen sind. Ob das direkt mit der Boykottbewegung zusammenhängt, ist jedoch nicht abschließend geklärt.

Fazit

Die Boykottbewegung "BuyfromEU" gewinnt an Popularität, doch ihr wirtschaftlicher Einfluss bleibt bisher begrenzt. Während einzelne Unternehmen wie Tesla spürbare Rückgänge verzeichnen, sind viele amerikanische Produkte schwer zu ersetzen.

Ob der Boykott langfristig politische oder wirtschaftliche Auswirkungen hat, bleibt abzuwarten. Sicher ist jedoch: Wenn sich der Handelstreit weiter ausweitet, wird es der Verbraucher früher oder später auch am eigenen Geldbeutel merken. Spätestens dann ist zu erwarten, dass der Kunde eher zu einer Alternative greift.


"Gut zu wissen" - immer mittwochs in "SR 3 am Vormittag" auf SR 3 Saarlandwelle.

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