Gut zu wissen: Chemische Haarglättung kann zu Nierenversagen führen

Chemische Haarglättung kann zu Nierenversagen führen

Gut zu wissen

Lisa Christl   12.06.2024 | 10:40 Uhr

Einer neuen Studie zufolge könnte das Haareglätten mit chemischen Mitteln zu Nierenversagen führen. Warum Vorsicht geboten ist, und was es zu beachten gilt.

Glatte und glänzende Haare gelten meist als Schönheitsideal. Viele versuchen daher, ihre Haare künstlich zu glätten. Schon beim Glätten mit einem Glätteisen sollte man sich vor Hitzeschäden des Haares oder Verbrennungen in Acht nehmen. Wenn allerdings bei einer chemischen Glättung schwerwiegendere Gesundheitsrisiken entstehen können, ist dort besondere Vorsicht geboten. 

Denn eine Ende März 2024 im New England Journal of Medicine veröffentlichte Studie kommt zu dem Schluss, dass die in manchen Haarglättungsmitteln enthaltene Glyoxylsäure zu Beschwerden im Magen- Darmbereich und im schlimmsten Fall sogar zu Nierenversagen führen kann.

Wenn Haarpflege ein Fall für die Medizin wird

Sollte ein solcher Vorfall auftreten, werden Haarglättungsprodukte plötzlich auch für die Innere Medizin am Klinikum in Saarbrücken bedeutend. Endverbraucher, aber auch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Gesundheitsbereich, sollten deshalb wachsam sein und auf Zusammenhänge achten – und die typischen Anzeichen kennen, so Prof. Dr. Daniel Grandt vom Klinikum Saarbrücken.

Symptome nach Friseurbesuch ernst nehmen

Die Verwendung von Haarglättungsmitteln, die die chemische Verbindung Glyoxylsäure enthalten, ist laut der Studie nachweislich mit einem Risiko für akutes Nierenversagen verbunden.

Wie bei der Erkrankung einer 24-jährigen Patientin beschrieben, können typischerweise etwa 24 Stunden nach Anwendung eines Haarglättungsmittels mit Glyoxylsäure Bauchschmerzen, Übelkeit und Erbrechen auftreten. Die Laboruntersuchung kann dann leicht erhöhte weiße Blutkörperchen (Leukozytose) und einen zu hohen Serum-Kreatinin-Wert (dieser bestimmt die Funktionsfähigkeit der Nieren) zeigen.

Symptome eines Nierenversagens

„Diese Schädigung der Nierenfunktion kann sogar so ausgeprägt sein, dass vorübergehend eine Dialysebehandlung notwendig wird“, so Grandt, Experte für Arzneimitteltherapiesicherheit. „Ein Nierenversagen bemerkt der Betroffene zunächst nicht. Andere Symptome wie Bauchschmerzen oder Reizungen der Kopfhaut mit Übelkeit oder Erbrechen sollten Anlass zur ärztlichen Abklärung geben, wenn sie im Zusammenhang mit einem Friseurbesuch auftreten.“

26 Fälle im Ausland und vielleicht auch einer im Saarland

„In Israel sind bereits 26 Fälle bekannt, bei denen akute Nierenbeschwerden im direkten Zusammenhang mit Glyoxylsäure in Verbindung stehen“, erzählt Grandt im SR-Interview. „Auch wir haben einen möglichen Fall im Saarland.“ Da es sich jedoch meist um kurzzeitige Beschwerden handele, und die Stoffe nur kurz nach der Anwendung im Blut nachzuweisen seien, sei der Rückschluss bei der eventuell betroffenen Person im Saarland vorerst nur spekulativ.

Auch in der Drogerie zu finden

Seit 2015 wird die chemische Verbindung Glyoxylsäure in Shampoo-, Glättungs- und Styling-Produkten eingesetzt. Glyoxylsäure aktiviert die Glättung der Haarstruktur, das Haar wirkt sogar kräftiger, glänzender, gesünder als vorher. Auch in handelsüblichen Produkten aus der Drogerie kann der Inhaltsstoff zu finden sein.

Glyoxylsäure sollte „ungefährliche Alternative“ sein 

Glyoxylsäure war eigentlich als Ersatz für das bis zu diesem Zeitpunkt verwendete Formaldehyd gedacht, das krebserregend sein kann, Fehlbildungen verursachen kann und die Schleimhäute reizt. Das Präparat Glyoxylsäure, als „Formaldehyd-frei“ beworben, sollte eine sichere Alternative sein, auch wenn viele Packungsbeilagen betroffener Produkte explizit von „Kontakt mit der Kopfhaut“ abraten. 

In den meisten Ländern ist Formaldehyd als Inhaltsstoff inzwischen verboten. Dieses Schicksal könnte auch der Glyoxylsäure bevorstehen, vermutet Prof. Dr. Daniel Grandt: Israel hat als erstes Land bereits im Januar dieses Jahres alle Produkte mit diesem Inhaltsstoff verboten, einige Länder befinden sich derzeit im Prüfprozess und sind dabei, mögliche Risken neu zu bewerten. 

Nicht jeder Friseurbesuch endet beim Arzt

Aber keine Panik vor dem nächsten Friseurbesuch: „Meistens passiert ja nichts nach der Anwendung solcher Haarglättungsprodukte. In selten Fällen kann es aber der Fall sein“, so Prof. Grandt weiter. Das Einzige, was Verbraucher also wissen müssen: Treten nach der Anwendung eines Haarglättungsmittels Beschwerden auf, könnte es einen direkten Zusammenhang zum angewandten Mittel geben. Darauf sollte man im Falle des Falles dann beim Arzt hinweisen.

"Gut zu wissen" - immer mittwochs in der Sendung "Bunte Funkminuten" auf SR 3 Saarlandwelle.

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