Gestresst trotz guter Lebensumstände

Gestresst trotz guter Lebensumstände

Interview: Carmen Bachmann/Onlinefassung: Dagmar Scherer   15.04.2024 | 12:00 Uhr

Die Welt um uns ist im Aufruhr. Vieles, was als beständig galt, ist sich am verändern. Doch wie soll man damit umgehen? Wie kann man damit leben, ohne in Dauerstress zu verfallen? Lebensberaterin Alexandra Karr-Meng hat dazu einige Ratschläge.

Auch wenn die Lebensverhältnisse in Deutschland 2024 objektiv gut sind, sind viele Menschen unzufrieden und fühlen sich auch gestresst. "Die Gesellschaft hat sich in den letzten Jahren gewandelt", sagt Lebensberaterin Alexandra Karr-Meng. Das betreffe sowohl das Berufs- als auch das Privatleben. Unsere Welt sei viel komplexer geworden, es passiere vieles, was wir nicht mehr verstehen und das wir schon gar nicht in der Hand hätten.

"Werte und Strukuren sind nicht mehr so beständig und das verunsichert uns." Hinzu komme, dass vieles schnelllebiger geworden sei. Als Menschen bräuchten wir aber Zuverlässigkeit. Die Folge: Ängste machen sich breit.

Wie damit umgehen?

"In dieser neuen Welt ist ein Stück mehr Selbständigkeit gefragt", sagt die Lebensberaterin. Da die Welt um uns immer unruhiger und komplexer werde, sei es wichtig, dass wir uns mehr auf uns selbst besinnen. Eine Möglichkeit sei das Ausblenden der Welt mit ihren Ereignissen. Karr-Meng hält dies aber für keinen wirklich guten Weg. Sie rät dazu, sich gezielt zu informieren - und zwar dort, wo man sicher sein kann, dass es keine Fake-News sind. Die Augen zu verschließen sei keine Lösung. "Damit geht das Problem ja nicht weg." Aber man sollte nicht nur die Nachrichten zulassen, die uns in unserer Meinung bestätigen, sagt Karr-Meng.

Teilen mit dem Risiko der Scheinwelt

Unsere Gesellschaft lebt zurzeit vom Teilen. In den sozialen Netzwerken "teilen wir Erfolge, Erfahrungen, Niederlagen." Damit werde zwar einerseits das Miteinander gefördert, auf der anderen Seite würden wir damit aber auch in einer gewissen Scheinwelt leben. Niederlagen würden beispielsweise als wichtige Erfahrungen verkauft - was sie oftmals ja auch seien - aber eben nicht immer. Manchmal sei etwas einfach dumm gelaufen.

Kritische Selbstreflektion ist gefragt

Um dem Leben in einer solchen Scheinwelt gegen zu steuern, brauche es viel Selbstreflektion, so die Lebensberaterin. Man sollte sich immer wieder bewusst machen, in welchen Kreisen man sich bewege und ob sie einem tatsächlich gut tun - über die kurzfristige Bestätigung hinaus. Man sollte sich kritisch fragen: "Passt das wirklich so für mich? Ist das meine Welt? Will ich so sein? Passt das mit meinen Werten?" Wenn es nicht passe, sollte man sich aus den Kreisen schnell wieder rausziehen.

Nicht ständig und immer erreichbar sein

Und für Karr-Meng gehört auch dazu, sich regelmäßig eine Auszeit von Handy & Co. zu nehmen - und wenn es nur eine Stunde am Tag sei. Sie rät, sich bewusst regelmäßig auch in der realen und nicht digitalen Welt zu bewegen - mit der Familie, mit Freunden. Zudem sollte man für sich Handy-Tabu-Zonen einrichten und sich zudem bewusst machen, dass wir nicht ständig erreichbar sein und reagieren müssen. Eine WhatsApp-Nachricht kann durchaus auch mal einen Tag unbeantwortet bleiben. "Ich darf mich nicht steuern lassen von diesen Medien." Das schnell, schnell stresse uns einfach enorm.

Ein Thema in den "Bunten Funkminuten" am 15.04.2024 auf SR 3 Saarlandwelle

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