Interview mit Konsumforscherin: Ist die Zeit der großen Kaufhäuser vorbei?

Ist die Zeit der großen Warenhäuser vorbei?

im Interview: Andrea Göppel-Klein, Konsum- und Verhaltensforscherin

Moderation: Michael Friemel/Onlinefassung: Andree Werner   13.03.2024 | 09:15 Uhr

Vor genau einem Jahr wurde die Schließung der Galeria Kaufhof-Filiale in Saarbrücken verkündet. Im Gespräch mit SR 3 sagt die Direktorin des Instituts für Konsum- und Verhaltensforschung an der Uni des Saarlandes, Andrea Göppel-Klein, dass die große Zeit der Kaufhäuser noch nicht vorbei sein muss.

In den vergangenen Jahren hat man sie eigentlich in jeder größeren Stadt finden können: große Warenhäuser wie Karstadt, Kaufhof, Woolworth oder KODi. Bis vergangenen Sommer gab es in der Saarbrücker Bahnhofsstraße eine Galeria Kaufhof Filiale.

Genau ein Jahr ist es nun her, dass die Manager verkündet haben, das Geschäft zu schließen. Auch bundesweit gab es immer mehr Schließungen. Haben große Warenhäuser überhaupt noch eine Zukunft? Ja, sagt die Direktorin des Instituts für Konsum- und Verhaltensforschung an der Uni des Saarlandes, Andrea Göppel-Klein.

Erlebnisse und Service

Allerdings brauche man dafür nicht nur die richtigen Artikel im Sortiment. Die Ladenatmosphäre und die "Erlebnisse", die man in den großen Warenhäusern auch damals erfahren konnte, müssen heute wieder stimmen, so Göppel-Klein. Allerdings seien die Kunden heute anspruchsvoller. Auch Nachhaltigkeit spiele eine wichtige Rolle.

Die großen, erfolgreichen Warenhäuser der damaligen Zeit waren vor allem für eine große Service-Qualität und außergewöhnliche Produkte bekannt und beliebt. Dafür waren die Preise auch etwas gehobener. So hielten sich die Kunden früher trotzdem gerne in den Warenhäusern auf, so Göppel-Klein. Drei Stunden seien damals keine Seltenheit gewesen.

Vor einem Jahr: Galeria Kaufhof-Karstadt verkündet Filial-Schließung
Audio [SR 3, (c) SR 3 Max Zettler, 13.03.2024, Länge: 03:40 Min.]
Vor einem Jahr: Galeria Kaufhof-Karstadt verkündet Filial-Schließung

Preisdruck der Discounter

Der Preisdruck durch die Discounter, die in den letzten Jahren immer mehr wurden, brachten die Kaufhäuser allerdings immer mehr in eine Sandwichposition, so die Konsumforscherin. Der große Kostendruck sorgte für immer weniger Dienst am Kunden und auch für ein anderes, günstigeres Sortiment. Teure, besondere Produkte verschwanden aus den Warenhäusern.

Eine Entwicklung, die letztlich nicht gut ging. So müsse man sich nun wieder auf die alten Tugenden der großen Warenhäuser wie Service, hochwertige Produkte und Erlebnisse fokussieren. Dann könnte auch ein großes Warenhaus funktionieren. Denn Totgeglaubte lebten schließlich länger, so die Konsumforscherin.


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