Müssen Hausbesitzer im Saarland um Gasversorgung bangen?

Müssen Hausbesitzer im Saarland um Gasversorgung bangen?

Kai Forst   11.04.2024 | 18:30 Uhr

Jüngste Medienberichte über die langfristig geplante Stilllegung der Gasnetze in Augsburg sorgen derzeit auch im Saarland für Verunsicherung. Eine SR-Anfrage unter Gasnetzbetreibern zeigt: Im Saarland wird in absehbarer Zeit die Gasversorgung nicht gekappt. Gleichzeitig wird das Gasnetz nicht weiter ausgebaut.

Das Thema Gas beschäftigt viele Hauseigentümer seit geraumer Zeit. Vor allem das Hin und Her beim Gebäudeenergiegesetz (GEG) – umgangssprachlich oft auch Heizungsgesetz genannt – hatte für Unsicherheiten gesorgt.

Inzwischen ist das Gesetz verabschiedet und klar ist: Zum Schutz des Klimas sollen Gas- und Ölheizungen aus Häusern und Wohnungen schrittweise verschwinden – komplett bis spätestens Ende 2044. Gaskessel sind danach nur noch möglich, wenn sie zu 100 Prozent mit grünen Gasen betrieben werden.

Stadtwerke Augsburg reagieren

Ein Artikel der Bild-Zeitung sorgt aber nun für neue Verwirrung. Augsburg wolle als erste Großstadt das Gasnetz schon in zehn Jahren stilllegen, berichtete das Blatt am Dienstag. Das sorgte für Aufregung und Sorgen – innerhalb der Bevölkerung, aber auch bei den Gasbetreibern selbst.

Die Stadtwerke Augsburg veröffentlichten inzwischen eine Stellungnahme, in der sie klarstellten, dass die Gasversorgung weiterhin gesichert sei. „Es ist derzeit auch kein Rückbau des Gasnetzes geplant“, heißt es in der Mitteilung.

Keine Stilllegung in den nächsten zehn Jahren

Auch im Saarland hat die jüngste Berichterstattung der Bild für Fragezeichen mit Blick auf die Zukunft der Gasnetze gesorgt. Eine SR-Anfrage an Netzbetreiber und Stadtwerke im Saarland zeigt: Die Gasnetze im Saarland werden in absehbarer Zeit nicht abgestellt, aber auch nicht weiter ausgebaut.

Der regionale Gas-Verteilnetzbetreiber Creos teilte dem SR mit, dass man nicht vorhabe, das Gasnetz in den nächsten zehn Jahren stillzulegen. „Unsere Erdgasleitungen zu Stadtwerken werden so lange in Betrieb sein, solange sie für die Versorgung mit Erdgas, oder mit anderen Gasen notwendig sind.“

Man sei davon überzeugt, dass die Infrastruktur noch viele Jahre benötigt werde. Gleichzeitig weist Creos darauf hin, dass es im Zuge der Wärmeplanung und der Transformation auf Wasserstoff zu Veränderungen im Gasnetz des Verteilnetzbetreibers kommen werde. „Hierbei werden wir auf lange Sicht auch Leitungen von Erdgas auf Wasserstoff umstellen und auch neue Leitungen für Wasserstoff errichten.“

Gasnetze werden nicht mehr ausgebaut

Auch die Stadtwerke Saarbrücken betonen, dass absehbar kein Haushalt in Saarbrücken vom Gasnetz zwangsgetrennt werde. „Das Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) in der jetzigen Form sichert die bestehenden Gasanschlüsse bzw. Neuanschlüsse im Bestandsnetz“, heißt es in einer Antwort an den SR.

Aber: Ein Ausbau des vorhandenen Gasnetzes wird künftig nicht mehr stattfinden. Die Fernwärmeversorgung habe für Saarbrücken Priorität. „Das Fernwärmenetz wird verdichtet und massiv ausgebaut werden." Auch alternative Konzepte wie beispielsweise Wärmepumpen stünden im Fokus. "Daher hat die Erneuerung des Stromnetzes insbesondere in nicht fernwärmeversorgten Gebieten Hauptpriorität.“

Fernwärme hat Priorität

Ähnlich die Antwort aus Dillingen: Eine Abschaltung der Gasnetze sei nicht geplant. Gleichzeitig werde nicht mehr in den Ausbau, sondern nur noch in die Instandhaltung investiert. Man gehe davon aus, dass das Gasnetz in Zukunft für Industrie und Gewerbe und mittelfristig für alternative Gase wie zum Beispiel Biogas nutzbar sein werde. Und ähnlich wie in Saarbrücken soll auch in Dillingen die Fernwärme ausgebaut werden.

VEW Saar: Wärmeplanung abwarten

Auch der Verband der Energie- und Wasserwirtschaft (VEW) des Saarlandes äußerte sich nach der Berichterstattung der vergangenen Tage. Der Verband bezieht sich in einer Mitteilung vor allem auf das Wärmeplanungsgesetz, wonach jede Kommune in Deutschland bis 2028 eine Wärmeplanung aufstellen muss, Großstädte mit mehr als 100.000 Einwohnern sogar schon bis 2026. Die Wärmeplanung soll dabei helfen, herauszufinden, ob in den Städten und Gemeinden etwa Fernwärme oder auch Wasserstoffnetze möglich sind.

Und da die Wärmeplanung noch lange nicht abgeschlossen sei, „ist es uns zum jetzigen Zeitpunkt weder möglich, eine umfassende Aussage zur Zukunft der Erdgasnetze im Saarland zu treffen, noch konkrete Informationen zu einzelnen Versorgungsgebieten zu geben“, teilte der Verband mit.

Die Festlegung konkreter Aussagen sei frühestens möglich, wenn die kommunalen Wärmeplanungen in den saarländischen Kommunen erstellt seien, voraussichtlich bis spätestens 30. Juni 2028.

Wasserstoff für private Heizungen?

Doch ist beispielsweise Wasserstoff in der Zukunft überhaupt eine Option für private Heizungen? Experten bezweifeln das. Thomas Engelke, Energieexperte beim Verbraucherzentrale Bundesverband, sagte im Spiegel: „Die überwiegende Zahl der Studien zu diesem Thema geht davon aus, dass CO₂-frei produzierter Wasserstoff nicht in den Mengen zur Verfügung stehen wird, um damit massenweise Häuser zu heizen. Wasserstoff dürfte für viele Jahre knapp und damit teuer sein.“

Und auch die Stadtwerke Saarbrücken sind skeptisch. „Nach der überwiegenden Meinung von Experten steht mittelfristig Wasserstoff nicht zu vertretbaren Preisen für die Wärmeerzeugung in privaten Haushalten zur Verfügung“, teilte die Stadtwerke dem SR mit. Daher gehe man derzeit nicht von einem flächendeckenden Wasserstoffverteilnetz in Saarbrücken aus.

Über dieses Thema haben auch die SR info-Nachrichten im Radio am 12.04.2024 berichtet.


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