Patientin beim Zahnarzt (Foto: IMAGO / Westend61)

Immer weniger Zahnärzte auf dem Land

Felix Schneider / Onlinefassung: Kathrin Paul   09.12.2023 | 12:21 Uhr

Keiner in Deutschland geht so selten zum Zahnarzt, wie es die Saarländer tun. Vielleicht liegt es auch daran, dass es immer schwerer wird, einen Zahnarzt zu finden? Jedes Jahr schließen Praxen, ohne dass ein Nachfolger reingeht. Das Saarland steuert aktuell auf eine Unterversorgung zu.

Jedes Jahr machen im Saarland vier Zahnarztpraxen dicht. Das geht aus Zahlen der Kassenzahnärztlichen Vereinigung hervor. Insbesondere die Warndt-Region und das Nordsaarland sind akut betroffen.

Und es wird sich weiter zuspitzen, ist sich Dr. Jürgen Ziehl, Vorsitzender Kassenzahnärztliche Vereinigung, sicher: „Momentan ist es so, dass von unserer Kollegenschaft 15 Prozent über 65 Jahre sind – also in anderen Berufen schon verrentet sind – und die Generation der Babyboomer, die geburtenstarken Jahrgänge, beträgt bei uns ein Drittel. Da ist abzusehen, dass sie vielleicht in zehn Jahren aussteigen werden. Das ist natürlich ein großes Problem, weil zu wenig Nachwuchs nachkommt.“

Kaum Nachwuchs – Steuert das Saarland auf einen Zahnärztemangel zu?
Video [SR Fernsehen, (c) SR, 07.12.2023, Länge: 05:46 Min.]
Kaum Nachwuchs – Steuert das Saarland auf einen Zahnärztemangel zu?

Potentieller Nachwuchs reicht nicht

Der Nachwuchs sitzt an der Uniklinik in Homburg. Marie Neuner hat 2022 hier das Studium abgeschlossen. Jetzt ist sie Assistenzärztin am Uniklinikum und lehrt. Die 26-Jährige kann sich im Moment nicht vorstellen, irgendwann mal eine eigene Praxis aufzumachen oder eine zu übernehmen: „Was alles an dieser Selbstständigkeit hängt – das zu finanzieren: den Kredit, die Personalbetreuung. Leute zu finden, die wirklich in die Praxis reinpassen, die ganze Bürokratie, die da dranhängt. Das schreckt mich schon ab.“

Der potentielle Nachwuchs im Saarland reicht nicht – mehr Studienplätze müssen her – findet die KZV und Zahnärztekammer. Aktuell sind es 27 Plätze in Homburg. Hinzu kommt, dass vor allen Dingen junge Frauen Zahnmedizin studieren. Bei der Familienplanung sind sie dann aber stärker eingebunden.

Eigene Praxis nicht mehr erstrebenswert

Ob angestellt oder selbstständig in der Praxis – das Einkommen von Zahnärzten ist mehr als auskömmlich. Dennoch: Die selbstständig tätigen Ärzte sind in den letzten Jahren immer mehr von Budgetkürzungen betroffen. Das sorgt dafür, dass viele junge Ärzte die Niederlassung in eigener Praxis nicht mehr erstrebenswert finden – Work-Life-Balance ist für manche entscheidender.

Ein weiteres Problem: der Personalmangel. Viele Praxen im Saarland haben Probleme, zahnmedizinische Fachangestellte zu finden. Für die Ärztekammer hat das vor allem mit den sich wandelnden Aufgaben zu tun: „Was ganz besonders ins Gewicht fällt: dass die Arbeit am Patienten in den Hintergrund rückt – vor den Bürokratielasten in der Praxis. Auch bei den zahnmedizinischen Fachangestellten. Sie wollen lieber den Umgang mit Patientinnen und Patienten haben, mit ihm arbeiten und kommunizieren, die Gesundheit verbessern, als im Kämmerlein irgendwelche Listen abhaken“, erklärt Dr. Lea Laubenthal, Vorsitzende der Ärztekammer-Abteilung.

Landarztquote auch für Zahnärzte

Wie also das Problem in den Griff bekommen: die KZV fordert eine Landarztquote auch für Zahnärzte. Außerdem sollen mehr Saarländer hier studieren können, damit sie nicht andernorts sesshaft werden. Das findet auch Marie Neuner sinnvoll. Der überwiegende Teil ihrer Studierenden kommt von außerhalb und wird das Saarland früher oder später verlassen.

Über dieses Thema berichtete auch die Sendung "Wir im Saarland - Das Magazin" vom 07.12.2023.


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