Sind Menschen in der Grenzregion die besseren Europäer?

Saarländer denken nicht europäischer als andere

  10.04.2024 | 16:14 Uhr

Die Menschen in Grenzregionen wie dem Saarland gelten stets als besonders proeuropäisch. Eine Untersuchung der Universität des Saarlandes räumt nun mit dieser Annahme auf.

Der „Geist Europas“ – gerade im Saarland soll er besonders lebendig sein. So jedenfalls ist die landläufige Einschätzung. Dass dem nicht so ist, zeigt eine aktuelle Auswertung: Wissenschaftler der Universität des Saarlandes haben die Angaben von rund 25.000 Deutschen aus dem Sozio-Oekonomischen Panel (SOEP) untersucht.

Video [aktueller bericht, 19.04.2024, Länge: 3:29 Min.]
Saarländer denken nicht europäischer als andere

Keine stärkere Bindung

Beim SOEP wurden diese im Jahr 2020 gefragt, wie stark sie sich Europa emotional verbunden fühlten. „Die Ergebnisse zeigen erstaunlicherweise, dass das Leben in einer Grenzregion nicht mit einer stärkeren Bindung an Europa einhergeht“, fasste Soziologie-Professor Martin Schröder das Resultat zusammen.

Gemeinsam mit seinem Postdoktorand Moritz Rehm und Politik-Professor Georg Wenzelburger hat Schröder die Auswertung durchgeführt und Anfang März im „Journal of Common Market Studies“ veröffentlicht.

Keine Unterschiede in Bevölkerungsgruppen

Saarländer – wie Menschen in anderen Grenzregionen auch – fühlen sich Europa also nicht stärker verbunden als Menschen, die weiter im Landesinneren leben. Dabei spielten auch der Bildungsabschluss oder das Einkommen keine Rolle, so Schröder. „Die Verbundenheit zu Europa ist durch alle Bildungsschichten und auch ansonsten in allen Bevölkerungsgruppen in Grenzregionen nicht größer als in Inlandsregionen.“

Nun wollen die drei Autoren genauer hinschauen, warum das so ist und wie die Politik darauf reagieren könnte. Als Schlussfolgerung aus der jetzigen Untersuchung raten sie aber erst einmal von einer „allzu optimistischen Vorstellung“ von Grenzregionen „als Biotope glühender Europa-Verbundenheit“ ab.

Kurz erklärt: Sozio-Oekonomisches Panel

Das Sozio-Oekonomische Panel (SOEP) ist eine repräsentative Befragung von Privathaushalten in Deutschland. Sie wird seit 1984 jährlich mit den stets gleichen Personen und Familien wiederholt. (Über die Zeit kamen immer wieder neue Personen dazu.) Insgesamt nehmen an der Befragung 14.000 zufällig und repräsentativ ausgewählte Haushalte teil, rund 30.000 Personen. Das SOEP ist beim Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin angesiedelt. Es gilt als die größte Langzeit-Datensammlung Deutschlands.


Das Saarland und Europa

Jährlich 10.000 Besucher
Europäische Akademie Otzenhausen feiert 70-jähriges Bestehen
Otzenhausen – ein kleines Dorf im Saarland, aber bekannt in vielen Teilen Europas und auf der Welt. Grund dafür ist die Europäische Akademie. Rund 10.000 Menschen kommen jedes Jahr dorthin, Menschen aus Europa, aus Teilen Afrikas oder auch aus den USA. In diesem Jahr feiert die Akademie ihr 70-jähriges Bestehen.
Starkes Zeichen der EU notwendig
Rehlinger besorgt über wachsenden Extremismus in Europa
Bei der Europawahl im kommenden Juni könnten pro-europäische Kräfte in die Minderheit geraten, das befürchtet Ministerpräsidentin Anke Rehlinger. Bei einem Treffen im Saarlandmuseum betonte sie deshalb die Wichtigkeit des Miteinanders mit Frankreich – und starke Signale seitens der EU.
SaarLor-Trend zu 60 Jahren Élysée-Vertrag
Saarländer für europäische Kooperation, Lothringer für eigenständige Politik
Wenn es um die Ausgestaltung der künftigen Politik in Europa geht, spalten sich die Meinungen in der deutsch-französischen Grenzregion. Im Saarland ist der Wunsch nach einer stärkeren europäischen Kooperation am größten. In Lothringen setzt man dagegen eher auf Eigenständigkeit.

Artikel mit anderen teilen


Push-Nachrichten von SR.de
Benachrichtungen können jederzeit in den Browser Einstellungen deaktiviert werden.

Datenschutz Nein Ja