Sind die Schulen für die digitale Medienausleihe gerüstet?
Bereits ab kommenden Schuljahr sollen alle Schüler ab Klasse 3 mit einem Leihtablet ausgerüstet sein, die Ausleihe wird zur Pflicht und in einigen Bereichen könnten dann nur noch Schulbücher in digitaler Form ausgegeben werden. Doch sind die Schulen dafür überhaupt gerüstet?
Unerlässlich für die Tablet-Nutzung im Unterricht ist ein Breitbandanschluss an allen Schulen. Umgesetzt werden soll das über den Digitalpakt des Bundes - bis spätestens 2024. Und trotzdem soll schon ab kommendem Schuljahr durch eine Gesetzesänderung die digitale die analoge Schulbuchausleihe ablösen - jedes Kind ab Klasse 3 muss dann künftig ein Tablet leihen.
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Breitbandzugang für mediale Breite
"Wenn 400 Schüler gleichzeitig im Netz sind, braucht es eine gewisse Bandbreite - und das ist im Moment noch nicht gegeben", sagt Martina Thielmann, Schulleiterin der Gemeinschaftsschule Quierschied.
Trotzdem ist man an der Schule froh über die digitale Ausstattung. Die Schülerinnen und Schüler hätten dadurch die Möglichkeit, die Lernzeitaufgaben im eigenen, individuellen Tempo zu machen. "Und wir können auch in einer medialen Breite an Themen rangehen, die wir mit der klassischen grünen Tafel nicht hatten."
Und auch die Schüler sehen viele Vorteile. Mit dem Bildschirm sei man einfach aufmerksamer und der Unterricht mache einfach mehr Spaß, so Leon über den Unterricht mit Tablet und Whiteboard im Chemieunterricht.
Doch an anderen Schulen werden die Tablets kaum genutzt. So berichten Siebt- und Zehnklässler aus Saarbrücken beispielsweise, dass es Fächer gebe, in denen sie die Tablets gar nicht benutzen dürfen. "Das ist aber eigentlich ganz gut, denn es braucht ewig zum laden."
Statt WLAN für alle für vier Router für die Klassenzimmer
Wenn Moritz Winckel am Saarpfalz-Gymnasium mit seinen Schülern auf dem Tablet arbeiten will, muss er erstmal mit seinem Handy einen persönlichen Hotspot einrichten, denn es gibt kein WLAN. Wer mit dem Tablet arbeiten wolle, müsse sich im Sekretariat einen von vier Routern ausleihen, der werde dann im Klassenzimmer eingesteckt und die Schüler müssten sich dann für den Zugang anmelden. In der Regeln könnten sich von den den 25 Schülern aber maximal 15 bis 20 einloggen und damit scheitere das Ganze schon beim ersten Schritt.
Sein Kollege Christoph Schumacher nutzt die Geräte deshalb kaum. Hinzu komme, dass er ohne WLAN keine Kontrolle darüber habe, was seine Schüler mit den Tablets anstellen. Die Schüler würden sich beispielsweise selbst einen Hostspot setzen und ins Internet gehen. Sein Fazit zur aktuellen Situation: "Die anfängliche Euphorie ist jetzt ein bisschen dem Frust gewichen - einfach aufgrund der Tatsache, dass die Prozesse so lange dauern."
Schulen weder strategisch noch konzeptionell ausreichend aufgestellt
Ist die nun anstehende Umstellung auf das digitale Schulbuch überhaupt sinnvoll? Die Politik könne damit Erfolge vorweisen, "wer auf der Strecke bleibt sind letztlich alle Beteiligten, die konkret damit arbeiten müssen", sagt Gymnasiallehrer Winckel. Die Schulen seien dafür weder strategisch noch konzeptionell aufgestellt. Dadurch entstehe sehr viel Frust, sagt er.
Aus dem Bildungsministerium heißt es: Eingesetzt werden sollen die Tablets überall dort, wo es pädagogisch sinnvoll ist. Doch was das heißt – das liegt weiterhin in der Verantwortung der Lehrkräfte.
Und um sinnvolle Konzepte für den Einsatz im Unterricht zu entwickeln, dazu bliebe im Schulalltag aber oft schlicht keine Zeit, sagt dazu Gymnasiallehrer Winckel. Viele Funktionsstellen seien nicht besetzt und dann gleichzeitig noch parallel in irgendwelchen Kremien noch zu überlegen, wie man sinnvoll Tablets einsetzen könne - da komme nichts Gescheites bei raus.
Den Kraftakt "Digitalisierung" können Schulen und Lehrer auf Dauer nicht einfach so nebenbei stemmen - das sieht auch Schulleiterin Martina Thielmann so. Es brauche dafür zusätzliche "Manpower".
Ein Thema in der "Region am Mittag" am 15.12.2022 auf SR 3 Saarlandwelle