Mit dem Abwasser im Kanal heizen
Wie heizen wir in Zukunft? Weiterhin mit Öl und Gas oder doch lieber mit einer Wärmepumpe? In Saarwellingen wurde nun ein Projekt vorgestellt, das einen ganz anderen Weg einschlagen will: Heizen mithilfe von Abwasser. Das Projekt ist das erste seiner Art im Saarland. Weitere könnten bald folgen. Interessenten und Potenziale sind im Land vorhanden.
Am 6. November im Leo-Grünfeld-Haus nahe des Saarwellinger Rathauses: Gemeinde und Entsorgungsverband Saar EVS unterzeichnen einen Kooperationsvertrag.
In Zukunft will die Gemeinde Verwaltungsgebäude und die neue Festhalle mithilfe von Wärme aus Abwasser heizen. Einen Haken hat die Sache aber noch: Die neue Festhalle gibt es noch nicht. Hohe Baukosten verzögern den Baubeginn. Bürgermeister Manfred Schwinn ist trotzdem optimistisch, dass das Projekt umgesetzt wird. "Ich hoffe, dass wir in zwei, drei Jahren CO2-frei heizen werden", sagt er.
Heizen und auch Kühlen mit Abwasser ist ein klimafreundliches System, das noch wenig bekannt ist. Das Projekt in Saarwellingen ist das erste dieser Art im Saarland.
So funktioniert das Prinzip
Abwasser sei im Winter in der Regel wärmer als die Außenluft und eigne sich daher als Wärmequelle, sagt Tina Vollerthun, Projektleiterin beim EVS. "Das Abwasser läuft im Kanal über einen Wärmetauscher. In dem Wärmetauscher befindet sich ein kälteres Medium. Das wird durch das Abwasser aufgewärmt und läuft dann durch eine Wärmepumpe. Die Wärmepumpe hebt das Temperaturniveau so weit, wie die Heizung es benötigt." Damit könne dann ein Gebäude geheizt werden.
Inzwischen fragen immer mehr Kommunen beim EVS zum Heizen mit Abwasser nach. Potenziale seien auch vorhanden, so der EVS.
Bisher waren fossile Energieträger günstiger
Das Heizen mit Abwasser ist eigentlich keine ganz neue Technik. Trotzdem hat sie bei den Diskussionen um Energieträger bisher kaum eine Rolle gespielt. Ein Grund sei die unzureichende Kenntnis der Kommunen über die vorhandenen Potenziale, sagt Patrick Hoffmann vom Institut für Zukunftsenergiesysteme - aber auch, dass andere Energieträger lange billiger waren.
Da die Kommunen auf die Kosten achten müssten, sei die Entscheidung immer zugunsten der wirtschaftlichsten Option getroffen worden. In den vergangenen Jahren seien die Energiepreise immer recht günstig gewesen, weshalb die Entscheidung dann meist für einen fossilen Energieträger gefallen sei.
Der Rat des Experten: Wärmepläne nicht abwarten, sondern loslegen
Doch nun müssen die Kommunen eine eigene Wärmeplanung erstellen, um die Ziele zur CO2-Einsparung zu erreichen. Und dafür bleibt nicht mehr viel Zeit. Heizen mit Abwasser könne dabei ein wichtiger Schritt sein, sagt Hoffmann. "Das Zwischenziel, das wir erreichen müssen, ist eine 50-prozentige klimaneutrale Wärmeversorgung bis 2030. Deshalb sollten Kommunen, die jetzt schon wissen, dass es sowohl nutzbares Abwasser als auch entsprechende Gebäude in der Nähe oder sogar ein Wärmenetz gibt, nicht warten, bis die Wärmepläne in drei bis vier Jahren vorliegen", so Hoffmann. Sein Rat: direkt loslegen.
Ein Thema in der "Region am Nachmittag" am 06.11.2023 auf SR 3 Saarlandwelle