Die französische Küche im Saarland - eine Geschichte seit den 60ern
Die französisch angehauchte Küche im Saarland gibt es nicht erst seit heute. Bereits in den 60er Jahren fasste sie im Saarland Fuß - und das war auch von politischer Seite her gewünscht. Lisa Huth über die Geschichte und Auswirkungen der französischen Küche im Saarland.
Für die Saarländer ist die französische Küche keine Neuerung. Sie sind damit aufgewachsen. "Wir waren ja die ersten, die Muscheln und Schnecken gegessen haben. Da wussten die im 'Reich' noch gar nicht, was das ist", sagt Gudrun Pink die Vorsitzende des Hotel- und Gaststättenverbandes Dehoga im Saarland.
Das bestätigt auch der Saarbrücker Stadt-Archivar Hans-Christian Herrmann: "Es gab im Saarland in den 50er Jahren eine ganze Reihe von Lokalen wie etwa der Rebenhof in Kleinblittersdorf, der Johannishof in Saarbrücken, das Restaurant des Funkhauses in der Wartburg, aber auch Handelshof in Saarlouis, die gehobene französische Gastronomie angeboten haben."
Kultur und Geschäftsidee
In der Zeit, als das Saarland noch französisch war, wollten die Franzosen den Saarländern die „Haute Cuisine“ näher bringen. Dazu gehörten auch die Hütten-Casinos, wo auch Margarethe Bacher gerlernt hat, die für ihr Restaurant Hostellerie Bacher bereits 1979 einen Michelin-Stern erhielt.
In den 60er Jahren sei im Saarland der Wohlstand gewachsen und damit auch die finanzielle Möglichkeit und das Interesse, gut Essen zu gehen, sagt Dr. Hans-Christian Herrmann. "Es gab dann im Saarland Repräsentanten der Brauereien, die erkannt haben: Diese Nachfrage nach französischer Küche, die können wir auch im Saarland befriedigen." Und so kamen dann auch die normalen Leute in den Genuss der französischen Küche.
Die französische Woche
Anfang der 60-er Jahre wurde zudem die französische Woche ins Leben gerufen. Ziel sei es gewesen, den Absatz französischer Produkte - insbesondere Lebensmittel, aber auch Kosmetika und Autos - im Saarland zu fördern. In allen Geschäften - nicht nur in Saarbrücken, sondern auch in den kleineren Orten - wurden die Schaufenster geschmückt und Verkostungen angeboten, zu denen man die Leute sogar mit Bussen gebracht habe, sagt Herrmann. Es gab Schaufenster-Wettberbe und meistens stand die französische Woche auch im Zeichen einer bestimmten Region. So wurden beispielsweise die Küchen der Bretagne, der Bourgogne oder des Elsass vorgestellt. Dazu gab es dann kleine Broschüren und entsprechende Kochbücher.
Die französische Woche fand immer Ende April, Anfang Mai statt und es war ein festes Event im saarländischen Kalender, wenn der saarländische Ministerpräsidenten zusammen mit dem Generalkonsul Austern und Champagner degustierte.
Beispiel Gräfinthaler Hof
Natürlich gab es weiterhin die gutbürgerliche saarländische kohlenhydratdominierte Küche - so zum Beispiel im Gräfinthaler Hof. Er wurde 1890 als Straußwirtschaft vom Urgroßvater des heutigen Betreibers und Küchenchef Jörg Künzer gegründet. Und es wurde schwere Küche angeboten: Leberknödel mit Sauerkraut, Kartoffelgerichte, Geheirate, Hoarische, Schinkenbrote, hausgemachte Sülze mit Blut- und Leberwurst ... Das war auch noch zu Zeiten von Künzers Vater so, aber dann wurde in der Küche langsam umgestellt.
Schön dekoriert und mit regionalen Produkten
Die meisten, die heute in sein Restaurant kämen, wollten die schwere Küche nicht mehr, sagt Jörg Künzer. "Sie wollen es etwas aufwändiger gekocht und schön dekoriert". Im ursprünglichen Sinne „französische Küche“ ist dies zwar nicht, aber es ist eine verfeinerte, gehobene Küche - die zudem auf regionale Produkte setzt: "Ich finde, es ist wichtig für unsere Region, dass wir die Leute, die hier produzieren, auch unterstützen. Ich kenne die ganzen Produzenten, ich kenne die Schäfer, ich kenne den Mann, der die Saiblinge macht, die Frau, die den Ziegenkäse macht", sagt Küchenchef Künzer. Einige Produkte holt er dabei auch aus dem nahen Frankreich.
Und das alles zahlt sich aus - wie man an den zahlreichen Auszeichnungen sehen kann: dem Bib Gourmand oder dem Ritterschlag der „Chaîne des Rôtisseurs“.
Französische Küche - auch ein Standortfaktor
Der Gräfinthaler Hof ist nur ein Beispiel für die französisch inspirierte Küche im Saarland. Und Archivar Hans-Christian Herrmann ist überzeugt: "Sie ist ein touristischer Trumpf und vor allem ist es auch ein Standortfaktor". Und das auch für Geschäftsreisende, sagt die DEHOGA-Chefin Gudrun Pink. "Es ist immer was Besonderes dabei, was sie im übrigen Deutschland nicht finden."