Cannabis für den medizinischen Gebrauch (Foto: picture alliance/dpa/ZUMA Wire | Andre Malerba)

Quasi eine Cannabis-Apotheke

Interview: Dorothee Scharner/Onlinefassung: Dagmar Scherer   04.12.2023 | 16:15 Uhr

Die Bundesregierung hat beschlossen, dass es eine Legalisierung von Cannabis geben soll. Cannabis ist nicht nur eine Droge, sondern auch ein wirksames Mittel bei der Behandlung zahlreicher, oftmals chronischer Erkrankungen. Eine Art Cannabis-Apotheke wurde nun in Riegelsberg eröffnet - von einem Palliativmediziner.

Am 4. Dezember eröffnete in Riegelsberg der "Dr. Cannabis"-Laden von Professor Sven Gottschling, Palliativmediziner am Uniklinikum des Saarlandes. Der Laden ist auf die medizinische Anwendung von Cannabis und CBD spezialisiert. Ein Apotheker und medizinische Fachangestellte stehen für die Beratung zur Verfügung.

Weil die Legalisierung von Canabisprodukten noch nicht Gesetz ist, wird es in dem Riegelsberger "Dr. Cannabis"-Laden vorerst jedoch erstmal nur CBD-Produkte geben, also "ein Cannabinoid ohne jedwede psychoaktive, berauschende Wirkung," sagt Gottschling.

Wieso eröffnet ein Mediziner einen Cannabis-Laden?

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"Sehr nebenwirkungsarm und wirkeffektiv"
Audio [SR 3, Interview: Dorothee Scharner, 04.12.2023, Länge: 04:18 Min.]
"Sehr nebenwirkungsarm und wirkeffektiv"
Interview mit Prof. Sven Gottschling

Als Mediziner versorge er seit über 20 Jahren Menschen im Rahmen schwerer Erkrankungen mit Cannabis basierten Arzneimitteln, sagt Gottschling. Ihm sei es wichtig, auch denjenigen zu helfen, die nicht krank genug seien für eine von den Kassen finanzierte Cannabis-Arzneimittel-Therapie. Diesen Menschen die Möglichkeit zu geben, an geprüfte Produkte zu kommen, um damit ihre gesundheitlichen Beschwerden lindern zu können.

Einsatz bei zahlreichen Erkrankungen möglich

Für Gottschling kommt eine medizinische Cannabis-Therapie bei relativ vielen Krankheitsbildern in Frage. Wenn eine solche Therapie vernünftig angewandt werde, sei sie "sehr nebenwirkungsarm und wirkeffektiv im Vergleich zu vielen anderen medizinischen Therapieformen."

Dafür infrage kämen Erkrankungen, bei denen Entzündungen eine Rolle spielten wie beispielsweise Arthritis, entzündliche Darmerkrankungen oder Autoimmunerkrankungen. Wichtig sei jedoch, dass die Cannabis-Therapie dabei als Zusatztherapie zu sehen sei.

Aber auch bei Schlafstörungen und unterschiedlichen Schmerzsyndromen könne die Cannabis-Therapie Linderung verschaffen. Und wenn sich an die normale Dosierung gehalten werde, gebe es auch keine beachtenswerten Nebenwirkungen, so der Mediziner.

Studien belegen Wirksamkeit bei chronischen Schmerzen

Von 2017 bis 2022 seien deutschlandweit fast 20.000 Patienten mit medizinischem Cannabis behandelt worden, sagt Gottschling. Es konnte belegt werden, dass beispielsweise bei 75 Prozent der Patienten mit chronischen Schmerzen, bei denen alle üblichen Behandlungsangebote nicht gegriffen hätten, sich die Schmerzsituation und damit auch die Lebensqualität verbessert habe - und das Ganze bei sehr geringen Nebenwirkungsraten.

Bisher extrem hohe Hürden für kassenfinanzierten Einsatz

Zurzeit sei es noch so, dass eine kassenfinanzierte Cannabis-Therapie nur in Ausnahmefällen möglich sei, sagt Gottschling. Der Zugang dazu sei immer noch sehr stark reglementiert. "Man muss eine schwerwiegende Erkrankung haben, alle zumutbaren Behandlungsalternativen müssen erfolglos ausgeschöpft sein und man muss auch noch eine wissenschaftliche Studie der Krankenkasse vorlegen, dass bei dem Krankheitsbild eine berechtigte Hoffnung auf Linderung der Beschwerden vorliegt." Durch diese sehr hohen Hürden kämen Cannabisprodukte nur bei wenigen 10.000 Menschen im Jahr zur Anwendung. Dabei liege der Bedarf eher im sechs- bis siebenstelligen Bereich, sagt Gottschling.

Aber diese Situation könnte sich nun ja bald ändern.

Ein Thema in der "Region am Mittag" am 04.12.2023 auf SR 3 Saarlandwelle

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