Viele Straßen führen nach Saarbrücken

Die Saarbrücker Stadtautobahn wird 60 Jahre alt

Axel Wagner   14.12.2023 | 06:27 Uhr

Am 14. Dezember 1963 wurde in Saarbrücken die A620 eingeweiht, damals noch als B406. Heute ist die Stadtautobahn die meistbefahrene Straße des Saarlandes und gilt als Lebensader für die Landeshauptstadt. Die Probleme, die sie verursacht, bleiben aber weitgehend unangetastet.

„Nebenfluss der Saar mit 13 Buchstaben“ – so ziemlich jede Saarbrückerin und jeder Saarbrücker weiß, was damit gemeint ist. Sobald die Saar in der Landeshauptstadt über die Ufer tritt, muss die Stadtautobahn, die A620, gesperrt werden.

Anschluss Saarbrückens an das bundesdeutsche Autobahnnetz
Video [SR Fernsehen, (c) SR, 08.09.1961, Länge: 02:42 Min.]
Anschluss Saarbrückens an das bundesdeutsche Autobahnnetz

Hochwasser schon vor 60 Jahren (k)ein Thema

Dass dieses Problem besteht, wusste man auch schon bei der Eröffnung vor genau 60 Jahren, am 14. Dezember 1963. Damals war der Abschnitt durch Saarbrücken zwar schon als Autobahn ausgebaut, formell aber bis zum 1. Juli 1981 als Bundesstraße B406 eingestuft.

„Zwar ist nach Pegelbeobachtungen des Wasser- und Schifffahrtsamtes Saarbrücken damit zu rechnen, dass die B406 jährlich einmal an vier Tagen überflutet ist“, heißt es in einem SR-Bericht zur Eröffnung. „Jedoch hat das Tiefbauamt der Stadt den Unterbau auf dieser Art auch von höherer Gewalt entsprechend präpariert.“ Thema erledigt, so schien es damals.

60 Jahre Stadtautobahn A620

Anschluss ans Fernstraßennetz

Heute vor 60 Jahren war die Stadtautobahn die Lösung der Verkehrsprobleme. Sie sollte Saarbrücken vom schon damals stark zunehmenden Autoverkehr entlasten und die Stadt gleichzeitig endlich ans bundesdeutsche Fernstraßennetz anbinden.

Viel musste damals geändert werden. Das alte, von Friedrich Joachim Stengel errichtete Oberamtshaus musste weichen, ebenso die vordere Mauer des Saarbrücker Schlosses. Die Alte Brücke musste durch eine stählerne Fußgängerbrücke verlängert werden. Der Bau der Autobahn hat das gesamte Stadtbild nachhaltig verändert.

Bis zu 100.000 Fahrzeuge täglich

Und heute? Inzwischen ist die A620 nach Angaben der Autobahn GmbH die am meisten befahrene Straße im Saarland. Auf dem Streckenabschnitt zwischen Schönbach und St. Arnual sind tagtäglich bis zu 100.000 Fahrzeuge unterwegs, zwischen St. Arnual und der Westspange bis zu 80.000.

„Die Verteilung des Verkehrs auf die einzelnen Stunden legt nahe, dass die Stadtautobahn eine unverzichtbare Lebensader für den Wirtschaftsstandort Saarbrücken darstellt“, so Klaus Kosok, Pressesprecher der Neunkircher Außenstelle der Autobahn GmbH. „Die größten Verkehrsmengen hat sie in den Morgenstunden und nachmittags im Berufsverkehr zu bewältigen.“

Das sieht man auch bei der Stadtverwaltung so. Oberbürgermeister Uwe Conradt (CDU) verweist zwar darauf, dass man heute auf eine vernetzte Mobilität setzt, um alternative Verkehrsmittel zu fördern. „Die Autobahn ist aber weiterhin eine wichtige verkehrliche Ader unserer Stadt.“ Sie mache, gemeinsam mit den anderen Autobahnen, Saarbrücken zur am besten erreichbaren Stadt und sorge für ein sehr großes Einzugsgebiet. „Über 1,1 Millionen Menschen erreichen die Saarbrücker City in weniger als einer halben Stunde Fahrzeit.“

Diffraktoren sollen Lärm ableiten

Und doch, die A620 ist in die Jahre gekommen, politisch wie technisch. Über weite Strecken fehlen Standstreifen, außerdem entspricht die Fahrbahnbreite nicht mehr dem heute üblichen Standard. Ein Ausbau wäre jedoch laut Autobahn GmbH technisch kompliziert und kaum bezahlbar. Deshalb konzentriere man sich vor allem auf den sicheren Betrieb und Unterhalt.

Diffraktor auf einer Wand (Foto: Autobahn GmbH)
Diffraktor auf einer Wand

Einem weiteren Problem neben dem Hochwasser, dem ständigen Verkehrslärm, will man 2024 mit neuen Schutzmaßnahmen begegnen. Im Frühjahr sollen der Bau einer Stützwand und die Montage von sogenannten Diffraktoren in Höhe des Stadens beginnen. Durch diese Metallelemente mit unterschiedlich tiefen Rillen soll der Lärm abgeleitet und das angrenzende Wohngebiet geschützt werden.

Danach sollen die vorhandenen Lärmschutzwände nach den aktuellen rechtlichen Vorgaben erneuert werden. Da diese dann jedoch wesentlich höher und länger sind, sind umfangreiche Planungen nötig. Wann diese Maßnahme umgesetzt werden kann, steht noch in den Sternen.

Quo vadis, A620?

Eine große Gesamtlösung für die Autobahn und die mit ihr verbundenen Probleme für die Stadt ist jedoch nicht in Sicht. Lange Jahre hatte man darüber nachgedacht, die Autobahn im Stadtbereich komplett in einen Tunnel zu verlegen. Er war Kern des Projekts „Stadtmitte am Fluss“, das 2004 erstmals vorgestellt wurde. Die frei gewordene Fläche hätte für einen Park genutzt werden sollen.

Doch das Projekt scheiterte, nicht zuletzt auch an Fragen der Finanzierung. Vor zehn Jahren wurden die letzten Pläne begraben. Auch Vorschläge für Umfahrungen wurden diskutiert, aber wieder verworfen. Seitdem ist wenig passiert. Weder von der Stadtverwaltung noch von den im Stadtrat vertretenen Parteien ist viel zur A620 zu hören. Es scheint, als hätten sich alle Beteiligten mit der aktuellen Situation arrangiert.

Das stellt auch Carsten Diez fest, Architekt und Vorsitzender des Saarbrücker Städtebaubeirates. Die A620 ist für ihn „Fluch und Segen“ zu gleich, eine Einrichtung, an der aber im Moment niemand etwas ändern will. Ein Tunnelbau wäre für ihn zwar städtebaulich „ein Riesenplus“, unter Aspekten wie Umwelt und Ressourcenverbrauch jedoch fragwürdig.

Wirkliche Ideen, wie es mit der A620 angesichts von Mobilitätswende und Klimawandel langfristig weitergehen soll, sind nicht in Sicht. Eines scheint aber sicher: Mittelfristig wird der „Nebenfluss der Saar“ für die Stadt die wichtigste Verkehrsader bleiben.

Pro & Contra

Pro und Contra
60 Jahre Stadtautobahn

Über dieses Thema hat auch SR 3 Guten Morgen vom 14.12.2023 berichtet.


Mehr zum Verkehr im Saarland

Zum Jahreswechsel
Bus- und Bahnfahren im Saarland wird teurer
Im Öffentlichen Nahverkehr im Saarland steigen die Preise. Grund dafür sind höhere Kosten, etwa für Personal und Fahrzeuge. Wie sich der Preis für das Deutschlandticket entwickelt, entscheidet sich erst im kommenden Jahr.
Wegen Verkehrsischerheit
Tempo 40 an Bischmisheimer Talbrücke auf der A6
Autofahrer auf der A6 in Richtung Mannheim müssen in den kommenden Monaten Geduld mitbringen. Wegen Schäden an den Fahrbahnübergängen muss die Höchstgeschwindigkeit an der Bischmisheimer Talbrücke auf 40 Kilometer pro Stunde gesenkt werden. Der Schaden kann erst im Frühjahr instandgesetzt werden.

Artikel mit anderen teilen


Push-Nachrichten von SR.de
Benachrichtungen können jederzeit in den Browser Einstellungen deaktiviert werden.

Datenschutz Nein Ja