Daniil Charms: "Zirkus Šardam"

"Zirkus Šardam"

Puppentheaterstück von Daniil Charms

Rezension von Moritz Klein  

Nicht oder nur eingeschränkt veröffentlichen zu dürfen ist für jeden Schriftsteller ein bitteres Los. Dass Werke eher aufgrund ästhetischer Kriterien – anstatt wegen inhaltlicher Abweichungen – verboten wurden, ist im Fall von Daniil Charms‘ Gesamtwerk besonders interessant.

Es zeichnet sich durch Brüche von Logik, durch das Aufgreifen von Auflösungserscheinungen und durch exotische Elemente aus. Das macht eine Beurteilung insgesamt ebenso schwierig wie spannend.

Einen Zugang zum Werk des 1905 geborenen, und mit 36 Jahren jung gestorbenen Schriftstellers, bietet das Puppentheaterstück "Zirkus Šardam". Moritz Klein stellt die deutsche Übersetzung vor.

Die Geschichte von Daniil Charms, mit bürgerlichem Namen Daniil Juvačov, ist nicht weniger von Brüchen gezeichnet als die Ästhetik seiner Werke und der Umgang mit Ihnen. Als Autor der sowjetisch-russischen Moderne gehörte sein Schaffen zur Leningrader Avantgarde.

In der Ära des stalinistischen Terrors war ihm das Publizieren nur noch in der Literatur für Kinder möglich. Absurd-komisch sind seine Texte auch in diesem Segment. Das gilt auch für das jetzt wieder aufgelegte Puppentheaterstück "Zirkus Šardam" aus dem Jahr 1935, eine Auftragsarbeit für das Leningrader Marionettentheater.

Der unbedingte Wille des völlig ungeeigneten Protagonisten, im Rampenlicht des Zirkus stehen zu wollen, bildet das eigentliche Thema, das durch menschliche wie stilistische Untiefen des Absurden geführt wird.

BUCHTIPP

Daniil Charms: "Zirkus Šardam"
Übersetzt von Peter Urban, Illustriert von Horst Hussel,
Nachwort von Polina Barskova
Friedenauer Presse (Matthes & Seitz Berlin) 2024
98 Seiten, 18 Euro

Ein Thema in der Sendung "Der Nachmittag" am 22.05.2024 auf SR 2 KulturRadio. 


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