Pharma-Unternehmen Vetter will aufs Ford-Gelände
Nach langem Ringen um die Zukunft des Ford-Geländes hat Wirtschaftsminister Jürgen Barke einen ersten Erfolg verkündet: Das Pharma-Unternehmen Vetter aus Baden-Württemberg will in Saarlouis ein neues Werk bauen.
Ein großes und hochmodernes Werk mit bis zu 2000 Arbeitsplätzen im Endausbau will das Pharma-Unternehmen Vetter im Saarland errichten. Dafür soll mit 50 Hektar Fläche fast die Hälfte des heutigen Ford-Geländes zur Verfügung gestellt werden.
Saarland hat sich gegen andere Standorte durchgesetzt
Das Saarland habe sich gegenüber anderen Standorten wie Bayern, Baden-Württemberg und Österreich am besten behauptet, sagte Udo Vetter im SR-Interview, der Vorsitzender des Unternehmensbeirats als Sprecher der Inhaberfamilie. Auch die Heimatverbundenheit der Saarländer habe eine Rolle bei der Entscheidung gespielt, fügte Vetter hinzu.
Das Unternehmen stellt keine eigenen Medikamente her, sondern hat sich unter anderem auf Injektionstechnik spezialisiert. Das Familienunternehmen aus Ravensburg in Baden-Württemberg gilt als grundsolide, ist seit 1950 am Markt und macht mit rund 6300 Beschäftigten einen Umsatz von über eine Milliarde Euro.
Pharma ist Wachstumsbranche
Für Saar-Wirtschaftsminister Jürgen Barke (SPD) ist dieser Ansiedlungserfolg gleich ein mehrfacher Gewinn für die Region: Erstens wird die Industriestruktur stärker diversifiziert, also breiter und krisensicherer aufgestellt. Zweitens ist die Pharmabranche bei einer älter werdenden Bevölkerung auf lange Zeit eine Wachstumsbranche.
Und drittens wird das künftige Werk eine breite Palette an Berufsmöglichkeiten für unterschiedlichste Qualifikationen anbieten – von angelernten Tätigkeiten bis zu hoch spezialisierten Pharma- und Ingenieursberufen.
Produktion soll erst 2030 beginnen
Einziger Wermutstropfen: Die Errichtung einer so komplexen Fertigungsstätte wird mehrere Jahre dauern – von einer mehrfach abgesicherten neuen Infrastruktur bis zur Bau des eigentlichen Werks mit vielen verschiedenen Reinraum-Bereichen. Der endgültige Hochlauf der Produktion wird vermutlich erst um 2030 beginnen.
Rehlinger spricht von "Glücksfall"
Die saarländische Ministerpräsidentin Anke Rehlinger (SPD) dankte dem Unternehmen: "Die Ansiedlung des deutschen Familienunternehmens Vetter ist ein Glücksfall für Saarlouis und das ganze Saarland."
Das Unternehmen selbst betont, man wolle vielen Menschen im Saarland neue berufliche Perspektiven in einer zukunftssicheren Branche bieten. Udo Vetter, Vorsitzender des Unternehmensbeirats und Mitglied der Inhaberfamilie: "Unsere Werte als Familienunternehmen stehen dabei an erster Stelle: nachhaltiges und verlässliches Handeln sowie vorausschauendes Planen – zum Wohle der Patienten weltweit, unseres Unternehmens und gleichermaßen der Menschen in dieser schönen Region."
CDU-Fraktion spricht von "Hoffnungsschimmer"
Auch die Opposition im Landtag hat die Nachricht von der neuen Ansiedlung auf dem Ford-Gelände in Saarlouis positiv bewertet. Der industriepolitische Sprecher der CDU-Landtagsfraktion Marc Speicher sprach von einem kleinen Hoffnungsschimmer für einen Teilbereich des Röderbergs.
Insgesamt bleibe die wirtschaftliche Nachnutzung des Geländes aber eine gemeinsame Mammutaufgabe.
"Wichtiges Signal für Saarlouis"
Auch in der saarländischen Wirtschaft und in Saarlouis selbst wurde die Nachricht von der Ansiedlung mit Begeisterung aufgenommen.
Der Saarlouiser Oberbürgermeister Peter Demmer erklärte: "Nach der langen Hängepartie mit Ford ist diese Meldung ein riesiger Anlass zur Freude in Saarlouis. Es ist auch unter dem Aspekt der Versorgungssicherheit mit Medikamenten und Pharmaprodukten zu begrüßen, dass wir hier vor Ort und im Herzen Europas entsprechende Produkte produzieren."
Der Saarlouiser Landrat Patrik Lauer ergänzt: "Das ist ein wichtiges Signal, das den Menschen Auftrieb und Zuversicht geben wird und eine starke Ansage unseres Landkreises, wie wandlungsfähig wir sein können."
Die IHK Saarland betont, das Unternehmen passe "sehr gut in die Diversifizierungsstrategie des Landes". IHK-Hauptgeschäftsführer Frank Thomé teilte mit: "Vetter Pharma ist inhabergeführt, innovativ, international: Das sind genau die Grundzutaten, für die die Wirtschaft im Saarland steht und die wir hier am Standort so dringend brauchen." Der saarländische DGB-Chef und stellvertretende Fraktionsvorsitzende der SPD im saarländischen Landtag, Timo Ahr, sprach von einem großen Erfolg. Die Ansiedlung mache das Angebot der saarländischen Wirtschaft auch vielfältiger.
Ford-Chef Sander wechselt zu Volkswagen
Auch von Ford selbst gibt es Neuigkeiten: Ford-Deutschland-Chef Martin Sander verlässt das Unternehmen und wechselt zu Volkswagen. Sander war maßgeblich an den Verhandlungen über die Fortführung und die Produktionseinstellung des Ford Focus in Saarlouis beteiligt. Er kehrt als Vorstand für den Vertrieb und Marketing zur Pkw-Sparte von Volkswagen zurück.
Er war erst im Jahr 2022 von VW zu Ford gewechselt und war zuletzt auch sehr mit der Einführung des ersten E-Autos von Ford in Europa beschäftigt. Dieses wird in Köln produziert.
Über dieses Thema berichten die SR info-Nachrichten im Radio am 06.06.2024.