Eine Frau sitzt am Tisch und unterschreibt einen Vertrag (Foto: IMAGO / Westend61)

Viele Unternehmen missachten neue Kündigungsfristen

  23.10.2023 | 20:04 Uhr

Halten Unternehmen sich an die seit März 2022 geänderten Kündigungsfristen? Das haben die Verbraucherzentralen bei rund 800 Unternehmen gecheckt und dabei festgestellt: Jedes siebte Unternehmen verstieß gegen die neue Regelung. Was man als Verbraucher tun kann.

Wer einen Vertrag mit einem Energieversorger, Fitnessstudio oder auch einer Partnerbörse hat, kann ihn nach Ablauf der Mindestvertragslaufzeit innerhalb eines Monats kündigen – unabhängig davon, was in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen steht. So regelt es seit März 2022 ein Gesetz zum Verbraucherschutz.

Damit sollte verhindert werden, dass Verbraucher in Abonnement-Fallen tappen, wenn sie die Kündigungsfrist verpassen. Allerdings halten sich nicht alle Unternehmen an diese neue Regelung. Das haben die Verbraucherzentralen bei einem Marktcheck herausgefunden. Auch im Saarland hatten sich immer wieder Betroffene deshalb an die Verbraucherzentrale gewandt.

Viele Verstöße im Energiesektor

Sie überprüften mehr als 800 Unternehmen und deckten 167 Verstöße bei 116 Unternehmen auf. Ein Unding für die Verbraucherzentralen: „Das Gesetz für faire Verbraucherverträge verspricht mehr Flexibilität bei langfristigen Verträgen. Unser Marktcheck zeigt jedoch, dass viele Unternehmen ihre Hausaufgaben nicht gemacht haben und ganz schnell einiges nachholen müssen“, so Juristin Elif Tanto von der Verbraucherzentrale des Saarlandes.

Die mit Abstand meisten Verstöße fanden die Expertinnen und Experten bei Abonnements für Kleidung und Bedarfsgegenstände. Hier lauerten bei mehr als einem Drittel ungültige Vertragsverlängerungen oder Kündigungsfristen. Fast genauso viele Rechtwidrigkeiten entdeckten die Verbraucherzentralen bei Anbietern von Partnerbörsen und Dating-Portalen, dicht gefolgt von Fitnessstudios.

Anbieter pochen auf rechtswidrige AGBs

Obwohl die Vertragsverlängerungen und Kündigungsfristen wegen des Gesetzes nicht wirksam sind, lassen sich Verbraucher davon oft noch einschüchtern. Auch, weil die Anbieter unnachgiebig auf ihre Geschäftsbedingungen pochen.

Dabei ist das Recht auf der Seite der Kundinnen und Kunden: „Wer einen Vertrag nach dem 1. März 2022 abgeschlossen hat, kann diesen nach der Mindestlaufzeit jederzeit mit einer Monatsfrist kündigen. Dabei ist egal, was in den AGB steht“, erklärt Juristin Tanto.

Was regelt das neue Gesetz?

Im Gesetz für faire Verbraucherverträge ist festgeschrieben, dass alle Verträge nach Ablauf der Mindestvertragslaufzeit innerhalb eines Monats gekündigt werden können.

Stillschweigende festgeschriebene Vertragsverlängerungen um mehrere Monate oder sogar Jahre sind nach dem neuen Gesetz rechtswidrig. Für Handy-, Festnetz- oder Internetverträge gilt die Regel schon seit Ende 2021 – und auch für Altverträge. Ebenso ist mit dem neuen Gesetz die Kündigungsfrist von drei Monaten vor Vertragsende auf einen Monat vor Vertragsende reduziert worden.

Was können Verbraucher tun?

Wer gerade selbst mit einem Unternehmen zu kämpfen hat, das nicht einlenken will und nicht weiß, wie er sich durchsetzen soll, könne sich jederzeit an eine Verbraucherzentrale in der Nähe wenden, ergänzt Tanto.

Mittlerweile sind auch 85 der 116 Unternehmen seitens der Verbraucherzentralen abgemahnt worden. Rund Zweidrittel davon änderten daraufhin ihre Allgemeinen Geschäftsbedingungen und gaben eine Unterlassungserklärung ab.

Gegen zwei Anbieter wurde sogar geklagt und gegen eines eine einstweilige Verfügung erlassen. Bei den restlichen Unternehmen, die im Rahmen der Überprüfung auffielen, steht die rechtliche Prüfung noch aus.


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